Sonnenwarm und Regensanft - Band 4. Agnes M. Holdborg
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Zuerst herrschte betretenes Schweigen, das ausgerechnet Vitus‘ wortkarger Elitewachmann Ketu durchbrach. Er sah Viktoria aus ruhigen hellbraunen Augen zärtlich an.
»Wir wissen, dass Anna viel stärker ist, als sie manchmal wirkt.«
»Hhm«, meinte Viktoria nur.
Vitus dagegen blieb zunächst auffällig schweigsam. Er hatte seinen Geist tief verschlossen, wollte er seine Überlegungen doch gerne für sich behalten. Ihm war durchaus bewusst, dass diese Verhandlung nicht nur Anna, sondern auch Viktor schwer zu schaffen machte. Er würde gedanklich mit seinem Sohn verbunden bleiben, um ihn notfalls zu beruhigen. Dann jedoch macht er seinen Kopf davon frei. Bis zum Prozess war ja noch etwas Zeit. Also wandte er sich in seiner typisch spontanen Art an Sentran: »Was sagt denn Linna eigentlich zu unserem Vorhaben?«
Sentran betupfte sich mit einer Serviette den Mund, bevor er antwortete: »Meine Mutter ist überglücklich, mein König, was sie übrigens bereits vorher schon war. Natürlich hält sie es für maßlos übertrieben, dass du ihr ein Haus auf dem Schlossgelände bauen willst, und dem pflichte ich unumwunden bei. Dennoch freut sie sich über alle Maßen. Noch nie hat sich jemand derart um sie gekümmert.«
Jetzt musste Vitus grinsen. »In einem Punkt hast du mich scheinbar falsch verstanden, Sentran. Das wird nicht nur ein Haus für Linna, sondern ebenso für dich.«
Vitus vergnügte sich an Loanas offensichtliche Verwunderung darüber, dass sein Grinsen sich wegen Sentrans verblüffter Miene noch weiter ausdehnte.
»Na ja, falls du einmal eine Familie gründest, brauchst du Platz. Also sollte das Haus groß genug werden.«
»Mein König, ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Dann lass es halt, Sentran. Schließlich habe ich mir den Mund oft genug fusselig geredet, wenn ich euch sechs Wachmännern zu erklären versuchte, dass ihr zu meiner Familie gehört. Allerdings wirst du im Moment noch keine Zeit haben, dich um den Bau zu kümmern. Überlass das also dem Baumeister und deiner Mutter.«
Vitus fuhr aufgrund Sentrans fragendem Gesichtsausdruck fort: »Ich habe Timmun und Essem mit ihren Frauen für zwei Wochen in Urlaub geschickt. Das war schon lange fällig. Zudem wird Annam erst in einer Woche vom Besuch bei seiner Familie im Fernen Osten zurück sein. Tja, und Voltran ist noch mit Kirsa im Norden. Ihr Aufenthalt bei Jeomi und auch Tahiti selbst hat ihnen beiden gutgetan. Jetzt muss Kirsa sich darüber im Klaren werden, ob sie hierher zu Voltran ziehen möchte.«
Vitus seufzte. »Ich denke, ich werde mit dem Baumeister wegen eines weiteren Hauses sprechen müssen. Denn Kirsa wird mitkommen und sie wird Voltran heiraten. Da bin ich mir sicher.«
Die letzten Sätze hatte er mehr zu sich selbst gesagt. Daher wunderte er sich über die staunenden Gesichter der Anwesenden, so sehr war er mit seinen Zukunftsplänen beschäftigt.
Er sprang vom Stuhl. Dabei schaute er Ketu und Sentran gespielt ernst an. »Ja, guckt nicht so verdutzt. Ihr beiden Wachmänner seid nun mal zurzeit die einzigen von den Sechsen, die Viktor und mir zur Seite stehen.«
Er klatschte auffordernd in die Hände. »Also, auf, auf! Es gibt viel zu tun.«
Daraufhin wandte er sich seiner Frau, Viktoria und Lena zu. »Ihr werdet bis heute Mittag wohl oder übel ohne uns auskommen müssen.«
Wut im Bauch
Anna war furchtbar blass und diese durchscheinende Blässe ließ sich einfach nicht vertreiben.
»Leg dich bitte hin, Süße«, sorgte sich Viktor. »Du bist ja ganz wackelig, komm schon.« Er schob sie in dem kleinen Wohnzimmer der Nells Richtung Sofa, drückte sie dort behutsam in die Kissen und deckte sie mit einer wärmenden Decke zu. »Ich hole dir erst einmal etwas zu trinken und mach dir ein Brot. Bin gleich zurück.«
Mit einem Stirnrunzeln registrierte er, dass sie ihm nicht das kleinste Widerwort gab, und das, obwohl er von Essen gesprochen hatte. Das ließ seine Besorgnis noch anwachsen. Schnell machte er in der Küche einen Teller mit belegten Broten zurecht, füllte ein Glas mit Cola, ein weiteres mit Mineralwasser und balancierte alles auf einem Tablett zur Couch. Dort lag Anna noch genau so, wie er sie verlassen hatte.
»Komm her, Kleines.«
Er hob ihren Kopf an und half ihr, ein paar Schlucke Cola zu nehmen, in der Hoffnung, der Koffeinkick würde sie beleben. Gleichzeitig versorgte er sie mit einem guten Maß an Sonne. Zu seiner Freude kehrte ein wenig Farbe in ihr Gesicht zurück.
»Warum habe ich das getan, Viktor?«, fragte sie matt. »Ich wollte das doch gar nicht. Ich wollte mich nur da hinsetzen, erzählen, was passiert ist, und Fragen beantworten. Stattdessen renne ich zu diesem Schwein und … Du meine Güte!«
Er musste sich ein Lachen verkneifen, als Anna laut aufstöhnte bei der Erinnerung, die für ihn gut sichtbar in ihr aufstieg. Sie hatte dem Ungeheuer eine Ohrfeige verpasst. Mitten im Gerichtssaal!
… Kaum betrat sie den großen unfreundlichen Raum, sah sie nur noch rot. Völlig unverhofft, von einem Moment zum nächsten, hatte es sie überkommen. Sie stürmte anstatt zu ihrem Zeugenstuhl zum Angeklagten, ihrem ehemaligen Biologielehrer Nils Zitt, und verpasste ihm wortlos eine schallende Ohrfeige. Annas Vater rannte so schnell wie möglich dazu, um sie daran zu hindern, weiter auf den jammernden Mann einzudreschen. Die Hand hatte sie bereits erneut erhoben.
Johannes nahm seine Tochter zärtlich in den Arm, redete begütigend auf sie ein. Danach entschuldigte er sich beim Vorsitzenden für Annas Verhalten, gab gleichzeitig ihre seelische Verfassung zu bedenken und bat um richterliche Nachsicht.
Der Richter reagierte