Sonnenwarm und Regensanft - Band 4. Agnes M. Holdborg
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»Du hast so viel zu tun, Kleines. Die Schule, die Lerngruppe, die nächsten Klausuren, dazu noch die Fahrprüfung.« Den Prozess erwähnte er wohlweißlich nicht. »Da solltest du dir dieses Wochenende mal ein bisschen Ruhe gönnen.« Zärtlich strich er mit dem Mund über ihre Lippen. »Wie wär‘s mit einem königlichen Spa-Wochenende im Schloss. Vitus und Loana würden sich freuen. Sentran will Lena morgen auch abholen.«
»Vitus und Loana sind zurück?« Ihre Stimmung hellte sich merklich auf.
»Na, danke«, erwiderte Viktor gespielt mürrisch. »So fröhlich solltest du nur gucken, wenn du an mich denkst und nicht bei dem Gedanken an meinen Papa und seine frischgebackene Ehefrau.«
»Quatschkopf.« Sie knuffte ihm leicht in die Rippen. »Wie geht es ihnen? Wie geht es Loana? Sieht man schon was?«
»Das wirst du doch bald selbst feststellen können. – Also gut«, fügte er eilig hinzu, als Anna ihre Hände in die Hüften stemmte und ihn aus ihren hellen Saphiraugen auffordernd anblitzte. »In ihr Brautkleid wird sie derzeit definitiv nicht mehr reinpassen. Es ist erstaunlich, wie die Schwangerschaft sie in den letzten drei Wochen verändert hat. Sie trägt eine richtige kleine Kugel vor sich her. Klein und rund.« Viktor wurde nachdenklich. »Vitus ist wieder einmal im Zwiespalt. Einerseits kann er es kaum abwarten, aber dann …«
Er beendete den Satz nicht, schaute verlegen an Anna vorbei und sie wusste weswegen.
… Auch Viktors Mutter, eine Menschenfrau namens Veronika Müller, hatte Zwillinge von Vitus erwartet, war allerdings vor neunzehn Jahren direkt nach der Geburt von Viktor und seiner Schwester Viktoria gestorben. Ob das geschah, weil sie ein Mensch war, oder es einen anderen Grund dafür gab, wusste niemand. Selbst Vitus, der Veronika unendlich liebte, war nicht in der Lage gewesen, ihr zu helfen, obwohl er schon damals mächtige übersinnliche Kräfte besaß.
Veronika war einfach von ihm gegangen und hatte ihn mit seinen beiden Kindern alleingelassen. …
Kein Wunder, dass Viktor, wenn er nun Loana sah, hin und wieder schmerzlich an seine verstorbene Mutter erinnert wurde. Und kein Wunder, dass Vitus ab und zu in Panik geriet, weshalb er es häufig mit seiner Fürsorge gegenüber Loana übertrieb. Die wusste um seine Ängste, weswegen sie diese Fürsorge geduldig zuließ.
Anna legte ihre Wange an Viktors, was nur möglich war, indem sie sich auf die Zehenspitzen stellte und seinen Kopf zu sich herabzog.
»Wir könnten dein Tablet mit ins Schloss nehmen und uns dort ein paar Videos von deiner Mama ansehen. Du hast sie alle digitalisieren lassen, aber immer noch nicht komplett angeschaut. Vielleicht wäre es gut, sie lachen zu sehen«, meinte sie leise.
»Ja, das könnten wir tun.« Nachdem er noch einmal kräftig durchgeatmet hatte, sah er Anna freudestrahlend an. »Komm, Süße, sagen wir deinen Eltern kurz Tschö und hauen dann ab.« Er grinste schon wieder. »Ich kriege das Bild von dir als Venusfalle einfach nicht mehr aus dem Kopf.«
»Venus-fliegen-falle!«
»Meinetwegen.«
***
Weniger als zwei Stunden später saß Viktor gemeinsam mit Anna, Vitus und Loana im kleinen Kaminzimmer des Schlosses. Nicht dass dieses Zimmer wirklich klein war. Nur in Anbetracht manch anderer Räume des riesigen Gemäuers konnte man es als relativ klein bezeichnen. Viktor mochte den Raum. Er fand ihn mit seinen gedämpften Farben, den bequemen Sesseln und hübschen Holztischchen, auf denen man beim Gespräch sein Getränk abstellen konnte, rundherum gemütlich.
Einziger Blickfang neben dem Kamin war ein großes beeindruckendes Gemälde, das direkt über dem weißen Marmor des Kaminsimses prangte:
Es zeigte loderndes Feuer mit züngelnden Flammen inmitten eines wild tosenden Sturmes, das durch die Wahl aller möglichen Rottöne und -schattierungen die immense Macht dieser Naturgewalten ausdrückte. Trotzdem dominierte ein darin verborgenes, dennoch deutlich zu erkennendes Gesicht – Loanas Gesicht, das, ungeachtet der grün-bläulich angelegten Farbwahl, eine ungeheuer wärmende Kraft und Güte ausstrahlte. Wenn man ganz genau hinsah, konnte man in Loanas Pupillen sogar Vitus erkennen.
Dieses Bild hatte Viktoria für ihren Vater gemalt, damit der es seiner Braut zur Hochzeit schenkte. Viktor fand, dass sich seine Schwester mit dem ausdrucksstarken, berührenden Bild selbst übertroffen hatte und recht daran tat, ihr Kunststudium in Düsseldorf fortzusetzen.
Während er noch über das Gemälde sinnierte, rubbelte er mit einem Tuch Annas langes goldblondes Haar trocken. Denn an diesem Tag herrschte ausnahmsweise sehr schlechtes Wetter im Elfenland. Es war kalt und goss wie aus Kübeln. Weil man bei den Elfen üblicherweise zu Pferde unterwegs war anstatt in einem schützenden Auto oder Ähnlichem, waren sie beide pitschnass im Schloss eingetroffen.
… Seine Elfenwelt existierte parallel zu jener der Menschen und konnte ausschließlich über geheime Eingänge erreicht werden. Außerdem waren viele zusätzliche Portale zu durchqueren, um zum Beispiel zum königlichen Schloss zu gelangen. Dazu benötigte man nicht nur die passenden Schlüsselworte. Auf Reisen über Land war es zudem ratsam, ein elfisches Pferd zu besitzen, das einen sicher zu den oft weit voneinander entfernten Elfenorten trug.
Selbst wenn er mit Anna auf seinem schneeweißem Pferd Ariella ritt, brauchten sie fast immer eine volle Stunde, um zum Schloss zu gelangen. Und das, obwohl sein Haus direkt am Eingang zum Elfenreich lag.
Auch Annas Wald befand sich nah am Eingang, was sie damals, als Viktor sie ansprach, natürlich noch nicht wissen konnte. Aber allein dieser Umstand hatte ihn zu Anna gebracht, als er seinerzeit die dortige Gegend zu erkunden begann, dabei das hübsche träumende Mädchen auf der Lichtung entdeckte