Für Freiheit, Lincoln und Lee. Michael Schenk
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Für Freiheit, Lincoln und Lee - Michael Schenk страница 19
Der Maat ging mit ihnen nach hinten und der Kapitän begleitete sie in seine Heckkajüte. Sie sahen das Allerheiligste des Kapitäns zum ersten Mal. Die Kajüte war niedrig und sie mussten die Köpfe einziehen, um nicht an die Decksbalken zu stoßen. Ansonsten war die Kajüte erstaunlich geräumig. Sie ging über die gesamte Breite des Schiffes, und das gesamte Heck und ein Teil der Seiten waren verglast. Der Schliff des Glases war nicht einwandfrei und seine Schlieren verzerrten den Hintergrund. Durch ein Oberlicht fiel Licht von oben, direkt auf einen wertvoll gedrechselten Schreibtisch. Ein dicker Teppich bedeckte den Boden und sie sahen zwei mit samt bezogene Stühle sowie die Koje des Kapitäns.
In der Koje lag eine schwarzhäutige Frau. Die vier Deutschen stierten sie gleichermaßen geschockt und ungläubig an. Keiner von ihnen hatte geahnt, dass sich ein weibliches Wesen an Bord befand. Die Frau war für sie ein unglaublicher Anblick. Nicht nur, weil sie scheinbar vollkommen nackt war und sich offensichtlich nichts daraus machte, sondern weil ihre Haut tiefschwarz war. Nie zuvor hatten sie einen Menschen mit einer solchen Hautfarbe gesehen.
Noch bevor sie etwas sagen oder fragen konnten, zerrte Lerousse sie zu einem Schrank an der Seite der Kajüte, den der Kapitän aufschloss. Gezielt nahm de Croisseux eine Reihe von Waffen heraus und gab sie den Brüdern und Bernd Kahlmann.
Verwirrt betrachtete Friedrich die Pistole und das ungewohnte Entermesser, dass der Kapitän ihm gab. „Waffen? Ich... wieso sollen wir Waffen...?“
„Dies ist ein gefährliches Land und unsere Geschäftspartner sind auch nicht ohne“, sagte der Kapitän trocken. „Es ist besser, vorbereitet zu sein. Dann kommen sie gar nicht erst auf dumme Gedanken.“ Er bemerkte die Blicke, die sie der nackten Frau zuwarfen. „Das Privileg des Kapitäns. Für euch werden sich andere Gelegenheiten ergeben. Doch nun an Deck.“
Bernd Kahlmann warf erneut einen Blick auf die Frau. Was hatte sie hier zu suchen? „Wer ist das? Sie sieht... ungewöhnlich aus. Ihre Nase und ihre Lippen...“
„Afrikanerin“, sagte Lerousse, als erkläre dies alles. „Schöne volle Lippen, nicht wahr?“ Er lachte auf. „Manchmal sind sie besonders voll.“
Lerousse griff sich in einer eindeutigen Geste in den Schritt und die Männer begriffen errötend, was er damit meinte. Lerousse sah ihre Verlegenheit, lachte erneut auf und schob sie aus der Kajüte. Nervös standen sie dann an Deck und befingerten die Waffen. Auch die anderen Besatzungsmitglieder waren nun bewaffnet. Die meisten trugen die langen und breiten Entermesser mit dem Handschutz, einige hatten merkwürdig lange Gewehre.
Der Maat wies auf die ungewöhnlichen Flinten. „Davor nehmt euch in Acht. Die schießen unglaublich weit und sehr genau. Sind besser als unsere Musketen.“
Sie gingen in zwei Gruppen über den hölzernen Steg. Als sie zur Marbelle zurückblickten, sahen sie, dass die beiden Vierpfünder auf der dem Land zugewandten Seite aus den Pforten ragten. Erneut fragten sie sich, in was sie hier geraten sein mochten. Der Kapitän führte sie auf die vereinsamten Hütten zu. Friedrich warf einen Blick hinein, würgte kurz und übergab sich dann.
Der Maat klopfte ihm gutmütig auf den Rücken. „Keine Angst, mein Freund, die tun dir nichts.“
Nein, sicher nicht. Friedrich drehte sich der Magen und seinen Gefährten erging es nicht viel besser, als sie in die Hütte hinein sahen. Viel gab es nicht zu sehen, doch das wenige war bereits zu viel. Die Hütte war leer. Fast. An den Wänden waren eiserne Ringe angebracht und Handeisen lagen auf dem Hüttenboden verstreut An eine der Wände war ein Mensch gekettet worden. Vor langer Zeit, denn er war vollständig skelettiert und nur ein paar Stofffetzen lagen lose um die Knochen seiner Hüften.
„Herr im Himmel“, stammelte Karl kreidebleich. „Was ist hier geschehen?“
„Er war aufsässig“, sagte Lerousse lakonisch. „Ein gutes Exempel für andere.“
„Andere?“ Friedrich sah ihn kopfschüttelnd an. Er wischte über den Mund und würgte erneut, aber sein Magen hatte sich geleert und er spürte nur ein unangenehmes Brennen in der Kehle. „Oh Gott, ihr... ihr seid Sklavenhändler.“
„Das schwarze Gold“, sagte der Maat bestätigend. „Seht mich nicht so an. Diese Leute sind nicht mehr als Tiere, das werdet ihr rasch genug erkennen. Im Grunde tun wir ihnen einen Gefallen, denn wir verschaffen ihnen gute Arbeit und ein gesichertes Heim.“
Friedrich kämpfte mit sich. Er war versucht, die Pistole zu ziehen und diesen grinsenden Franzosen einfach über den Haufen zu schießen. Sklaverei. Das widersprach allem, was er für seine Ideale hielt. Schon die Lakaien der Adligen waren für ihn kaum mehr als Sklaven. Und nun das hier.
Der Maat spürte seine Unsicherheit. Die Augen des Mannes verengten sich. „Begehe keinen Fehler, mein Freund.“ Dann lachte er plötzlich. „Wir müssen gut aufeinander acht geben. Ah, da kommen unsere Freunde, oui?“
Oben auf der flachen Hügelkette, welche die Bucht umgab, war ein Reiter aufgetaucht. Er trug ein lange wallendes Gewand und hatte ein Tuch um den Kopf geschlungen, dessen lange Enden im schwachen Wind flatterten. Der Mann saß auf einem Kamel und die Brüder starrten das Tier erstaunt an. Keiner von ihnen hatte je ein solches Tier zu Gesicht bekommen. Der Reiter trug eine der langen arabischen Flinten und hob sie über seinen Kopf. Dann belebte sich der Hügel mit einem mal. Unbewusst drängten sich die Deutschen zusammen, als nun eine Horde Bewaffneter den Hang herunter ritt. Zwischen ihnen bewegten sich Reihen von schwarzen Menschen, durch Ketten oder Stricke miteinander verbunden. Gelegentlich stolperte eine der langsam trottenden Gestalten. Wenn diese nicht von alleine auf die Füße kam, wurde sie einfach mitgezogen. Friedrich wurde von Grauen geschüttelt. Es war eine Karawane des Elends und er sah ausschließlich junge Frauen und Männer. Hin und wieder schlug einer der Reiter mit einer Peitsche nach den elenden Gestalten.
Die Bewaffneten führten die Gruppe der Gefangenen auf den Platz zwischen den leeren Hütten und bildeten einen Ring. Einer der Reiter ritt auf de Croisseux zu und riss sein Pferd vor ihm hoch. Der Araber lächelte kaum merklich, als der Kapitän keine Miene verzog. Dann sprang er behände aus dem Sattel. Zwischen beiden Männern entspann sich ein intensives Gespräch.
Pierre Lerousse begutachtete die aneinander gebundenen Männer und Frauen. „Keine schlechte Ausbeute. Unser Freund scheint ein ganzes Dorf erwischt zu haben.“ Er sah die Brüder und Kahlmann an, die blass hinter ihm standen und ihre Waffen nervös umklammerten. „Wisst ihr, diese schwarzen Tiere haben oft genug ihre kleinen Streitigkeiten. Nicht selten verrät da einer dieser Niggerhäuptlinge das Nachbardorf an unseren Freund Massoud. Wenn das Dorf zu klein ist, schnappt Massoud sich mitunter auch den Kral des Verräters.“ Lerousse lachte auf. „Natürlich sind wir nicht die einzigen Abnehmer.“
„Ein ganzes Dorf.“ Karl musterte die Gefangenen. „Aber wo sind die Alten? Die Kinder?“
„Für uns nicht verwertbar“, sagte der Maat trocken. „Zu schwach für die Überfahrt. Nein, wir achten darauf, nur die gesunden und kräftigen zu bekommen.“
De Croisseux und dieser Massoud schienen sich geeinigt zu haben. Sie sahen, wie ein Beutel den Besitzer wechselte und der Berber gab seinen Männern einen barschen Befehl. Sie trieben die schwarzen Männer und Frauen in die Hütten hinein und die Deutschen hörten gelegentliche Schreie und das Klirren von Ketten.
„Gut, meine Freunde“, sagte Lerousse. „Für die Nacht sind sie versorgt. Morgen bringen wir sie aufs Schiff.“
„Warum erst morgen?“, fragte Friedrich wutentbrannt. „Gott, was seid ihr nur für