Für Freiheit, Lincoln und Lee. Michael Schenk
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Sollte dieses Elend der Preis für ihre Freiheit sein? Weiß Gott, so hatten sie sich dies nicht vorgestellt. Wie stolz waren sie gewesen, als die schwarz-rot-goldene Fahne der Freiheit erhoben wurde. Und jetzt machten sie sich zu Handlangern der schlimmsten Art von Menschen, die sie sich vorstellen konnten.
Bernd Kahlmann stieß ein heiseres Knurren aus. „Er hat Recht. Es hat keinen Zweck uns gegenseitig die Köpfe einzuschlagen. Hauptsache, wir kommen nach Amerika.“
Friedrich sah zu den Hütten hinüber. „Ja“, murmelte er angewidert. „Hauptsache, wir kommen nach Amerika.“
Friedrich Baumgart glaubte nicht, dass in dieser Nacht einer von ihnen schlief. Die Nächte waren sehr kalt und er wunderte sich, dass ein Temperaturwechsel zwischen Tag und Nacht derart stark ausfallen konnte. Trotzdem brannte in der Nacht kein wärmendes Feuer. Im klaren Licht des Sternenhimmels konnte er Posten von Massouds Gruppe und solche der Marbelle erkennen, die sich gegenseitig beäugten und zugleich nach einem gemeinsamen Feind Ausschau hielten. Der 21-jährige nahm nicht an, dass die elenden Gestalten in den Hütten einer Wache bedurften. Selbst ohne Fesseln schienen sie kaum in der Lage, sich gegen ihre Peiniger zu erheben. Er fragte sich, was ihn hierher geführt hatte. In dieses öde Land zu diesen öden Gestalten. Angeblich sollte Afrika doch ein grünes und reiches Land sein, doch davon hatte er nichts gesehen. Nur weiße Augen, die ihn unnatürlich groß aus schwarzen Gesichtern anstarrten. Er dachte an die Männer um sich herum. Die Deutschen würden wohl mit diesen Wölfen heulen müssen. Er traute jedem aus der Mannschaft zu, ihn, seine Brüder und Bernd Kahlmann ohne Skrupel zu töten, wenn man befürchtete, diese würden den Sklavenhandel melden. Melden. Wo denn? Hier würde es wohl kaum eine Gendarmerie geben, die das Gesetz vertrat und wenn es sie gab, welche Gesetze mochten in einem Land herrschen, in dem so etwas geschehen konnte? Er und die seinen mussten einfach versuchen, mit heiler Haut aus dem Geschehen zu entkommen.
Am frühen Morgen stieß einer der Berber einen leisen Ruf aus und Friedrich staunte, wie rasch sich alle erhoben. Hatten all diese Männer tatsächlich geschlafen oder die Nacht mit der Waffe in der Hand wach gelegen und auf jedes verdächtige Geräusch gelauscht? Ihm war es jedenfalls so ergangen und er fühlte sich zerschlagen. Er sah Massoud und de Croisseux miteinander sprechen, dann lachte der Berber auf und gab seinen Männern einen Wink. Zwei kleine Säcke wurden zum Schiff gebracht und die Deutschen erfuhren später, dass sie mit Früchten gefüllt waren. De Croisseux ließ zwei Kisten an den Berber aushändigen und instinktiv ahnten die Deutschen, dass sich darin Pulver und Blei für die Flinten der Sklavenjäger befanden. Offensichtlich war ihr Anführer zufrieden. Er verabschiedete sich mit Umarmungen und umfangreichen Worten von dem französischen Kapitän und gab seiner Horde ein Zeichen. So rasch wie die Gruppe aufgetaucht war, verschwand sie auch und ließ die Crew der Marbelle mit ihrer elenden Fracht zurück.
Kapitän und Maat teilten die Besatzung in kleine Gruppen. Aus der Quelle der kleinen Oase wurden die Wasserfässer aufgefüllt. Der Kapitän und zwei andere Männer gingen nacheinander in die Hütten. Gelegentlich war leises Wehgeschrei zu hören und das Klirren der Ketten. Ein seltsames Raunen erhob sich und wurde zu einem seltsamen Singsang.
Lerousse sah die Deutschen an. „Ein gutes Zeichen. Sie sind noch kräftig genug, um zu singen. Aber der Kapitän wird rasch für Ruhe sorgen.“
Sie hörten einen vereinzelten Schuss und nach einer Weile kam der Kapitän wieder heraus. Einer seiner Begleiter lud dessen Pistole nach. De Croisseux trat zu seinem Maat. Rasch wechselten sie mehrere Sätze.
Nur Bernd Kahlmann konnte das schnelle Französisch verstehen. Er übersetzte es für seine Freunde. „Sie haben ein paar der Schwarzen die Kehlen durchgeschnitten. Denen, die wohl doch zu schwach für die Überfahrt sind. Der Kapitän meinte, Kugeln solle man da nicht verschwenden. Aber einer der schwarzen Affen habe nach ihm getreten und so habe er ihm den Schädel zersprengt. Jetzt sollen wir die Leute rasch aufs Schiff bringen. Massoud hat ihm zum Abschied gesagt, ein englisches Kriegsschiff patrouilliere in den Gewässern vor Beni-Saf.“
Rasche Befehle des Maats trieben sie auseinander und wenig später schob sich eine lange Reihe gefesselter Männer und Frauen auf den Steg und von diesem in das Unterdeck der Marbelle. Nun wurde den Deutschen auch klar, warum es dort so entsetzlich stank. Es war unfasslich, dass all diese Menschen dort unten hinein passen sollten. Die Matrosen der Marbelle schlugen und fluchten und trieben ihre Opfer in das Dunkel des Unterwasserschiffes hinein. Schließlich schlugen die Luken zum Unterdeck zu und Friedrich fröstelte es, als ihm klar wurde, dass er unmittelbar über den elenden Gestalten schlafen würde.
Ein paar der Frauen wurden aus der Reihe gezerrt und die Brüder und ihr Freund konnten sich denken, welchem Zweck sie dienen sollten. Während die Besatzung das Schiff zum Ablegen vorbereitete, wurden den Hilflosen immer wieder gierige Blicke und Obszönitäten zugerufen.
„Sie sind so... so... nackt“, stammelte Hans verwirrt. Der 15-jährige war wohl der einzige von ihnen, der noch nie ein entkleidetes Weib gesehen hatte. So viel entblößter Weiblichkeit ausgesetzt zu sein, verwirrte ihn. „Sind sie... äh, anders?“
„Anders?“ Friedrich sah die ängstlichen Frauen an. Die Haut war anders. Die Gesichter mit den vollen Lippen und den breiten Nasen unterschieden sich von denen europäischer Frauen, und es gab auch Unterschiede zwischen den Individuen. Das Haar war merkwürdig kraus. Ein um die Hüften geschlungenes Tuch bildete die einzige Bekleidung, obwohl man einigen der Frauen die Tücher bereits genommen hatte. Die Frauen wirkten auf Friedrich wie ihre Männer. Schlank und doch muskulös. Auf seltsame Weise erinnerten sie an Raubtiere. An die natürliche Anmut von Wölfen.
„Sie sehen aus wie Tiere“, knurrte Karl. „Ihre Gesichter sind hässlich.“
Bernd lächelte ironisch. „Es gibt genug Dinge an ihnen, die sind ganz ansehnlich.“ Er sah Hans an. „Offen gesagt, ich glaube es gibt eine ganze Menge Ähnlichkeiten zu weißen Frauen.“
„Gott“, Karl sah ihn betroffen an. „Das kannst du doch nicht miteinander vergleichen.“
Bernd Kahlmann wies auf die übrigen Mannschaftsmitglieder. „Die da sind wohl zufrieden mit der Ähnlichkeit.“
Etliche Männer standen um die kleine Gruppe Frauen herum, als die Stimme von Kapitän de Croisseux dazwischen fuhr. Ohne die Frauen weiter zu beachten, eilte die Crew auf die Manöverstationen. Ein zum Mastkorb aufgeenterter Matrose rief etwas nach unten und de Croisseux stieß einen Fluch aus.
Pierre Lerousse trat an die Reling und feuerte die Männer an, die Leinen klar zu machen. „Verdammt, eine Rauchfahne über der Kimm. Vielleicht nur ein Postdampfer. Aber wir müssen verschwinden.“ Er musterte die Brüder. „Na los, packt an.“
Sie sahen Männer zu den Rahen aufentern. Die Segel entfalteten sich.
Karl sah die anderen fragend an. „Warum wirft er nicht die Maschine an?“
Lerousse warf ihm einen grimmigen Blick zu. „Weil sie nicht unter Dampf geblieben ist. Das Sicherheitsventil ist alt und wenn der Maschinist eingeschlafen wäre... ihr versteht schon, bumm, oui? Der Kessel wird jetzt zwar hochgefahren, aber es wird eine Weile dauern, bis wir genug Druck haben.“
Erneut bewies de Croisseux seine seemännischen Fertigkeiten, denn er kreuzte die Marbelle scheinbar mühelos, wenn auch von Flüchen begleitet, aus der Bucht. Inzwischen war die dünne Rauchfahne am Horizont deutlicher geworden und die Männer glaubten unter