Für Freiheit, Lincoln und Lee. Michael Schenk

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Für Freiheit, Lincoln und Lee - Michael Schenk

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Leben, als sie es in Afrika je haben würden.“ Er sah Friedrich an. „Du und Karl, ihr wisst noch nicht so Recht, was ihr tun sollt, nicht wahr? Warum geht ihr nicht beide nach New York im Norden? Friedrich wird dort sein Mädchen finden und da gibt es bestimmt noch genug andere für alle Baumgarts. Ich verstehe die Yankees da oben zwar nicht so ganz, aber ich weiß, dass in New York eine ganze Menge Deutscher leben. Ich glaube, da würdet ihr rasch Anschluss finden. Macht euch über den Weg dorthin keine Sorgen. Bis Old Church könnt ihr mit uns reisen und danach gebe ich euch Geld, damit ihr nach New York kommt.“

      „Danke, aber ich möchte kein Geld geschenkt bekommen.“

      Jones lachte gutmütig. „Prinzipiell nicht oder im speziellen von mir nicht? Nein, ich bin nicht beleidigt. Ihr versteht noch zu wenig von Amerika, aber ihr werdet es lernen. Nun, wenn Hans und Bernd bei mir arbeiten, können wir es vielleicht als Vorschuss auf ihre Arbeit betrachten. Wie wäre das?“

      Es war das Jahr 1851, als sich die Wege der drei Brüder Baumgart und ihres Freundes Bernd Kahlmann trennten.

      Hans Baumgart und Bernd Kahlmann blieben in Old Church.

      Friedrich Baumgart reiste als einziger weiter nach New York, denn seinen Bruder Karl zog es nach Westen. Sie trafen auf ihrem Weg nach Norden einen kleinen Wagenzug, der auf dem Weg nach Kentucky war. Friedrich glaubte, dass es weniger die Beschreibung des Reiseziels, als vielmehr die hübsche Tochter einer der Familien im Treck war, die Karl dazu beeinflusste, mit dem Wagenzug weiterzuziehen.

      Friedrich selbst musste einfach nach New York, denn dort würde Friederike schon auf ihn warten oder ihn zumindest später treffen, denn er wusste nicht, ob die Familie Ganzweiler schon eingetroffen war. Aber Friedrich kannte Josef Ganzweiler und wusste, der Mann würde seine Ankündigung, in die Vereinigten Staaten von Amerika auszuwandern, auch wahr machen. Es hieß ja auch, eine ganze Reihe anderer deutscher Demokraten seien nach New York ausgewandert. Nein, auf ihn wartete Friederike, und als er seine Brüder und Bernd Kahlmann hinter sich zurückließ, da wurde ihm bewusst, wie sehr er sich nach ihr sehnte.

      Kapitel 5 Seegang

      Die R.M.S. Celeste stampfte in der See und Friederike hörte das erbarmungswürdige Stöhnen ihrer Mutter, während sie die Kabine verließ und die Tür hinter sich zuzog. Ihr Vater bemühte sich rührend und zugleich eher erfolglos, Karolina beizustehen und die feuchten Kompressen auf ihrer Stirn waren ein Zeichen seiner Hilflosigkeit. Schon mehrfach hatte Karolina sich übergeben. Inzwischen war ihr Magen leer, doch das auf und ab des Schiffes rief wieder und wieder ein krampfartiges Würgen hervor. Der Schiffsarzt hatte bereits nach ihr gesehen und ihr zwei Tabletten gegeben, doch sie schienen nicht zu helfen.

      „Gehe du nur an Deck, mein Liebes“, hatte Josef seufzend zu seiner Tochter gesagt. „Ich werde schon ein Auge auf deine Mutter halten. Ich glaube, es wird ihr erst besser, wenn wir wieder an Land sind.“

      Friederike hatte genickt und war erleichtert, die enge Kabine verlassen zu können. Sicher, sie hatten eine Passage erster Klasse und ihre Kabine war geräumiger und sichtlich luxuriöser, als die Unterbringung der zweiten Klasse oder gar des Zwischendecks. Aber hier draußen, auf dem Atlantik, genoss sie es an Deck spazieren zu gehen. Hier roch sie jene Seeluft, die man ihr in Büchern beschrieben hatte und es gab keinen fauligen Gestank, der ihre romantischen Vorstellungen beeinträchtigen konnte. Oh, sie hätte gerne einmal das Postschiff unter vollen Segeln erlebt, doch Lieutenant Arguilles Ankündigung, die Maschinen würden es schon schaffen, hatte sich bislang bewahrheitet.

      „Wir haben Ihnen eine Kabine in der Schiffmitte zugewiesen“, hatte der nette Leutnant mitgeteilt. „Zwar sind dort die Maschinen etwas lauter zu hören, aber das auf und ab des Schiffes ist nicht so stark zu spüren, wie an Bug oder Heck. Anbeträchtlich der bedauerlichen Verfassung Ihrer werten Frau Mutter, haben wir dies für angemessen erachtet.“

      Ursprünglich hatten sie eine Kabine weiter vorne erhalten sollen, aber der Kapitän des Schiffes, Captain Helms, hatte wohl schon beim Anbordgehen der Familie eingeschätzt, das zumindest Karolina keine Seebeine bekommen würde. Friederike hingegen genoss die Bewegungen des Schiffes, die ihr merkwürdig lebendig schienen. Wann immer sie die Möglichkeit fand, ging sie aufs Deck hinauf und gelegentlich, wenn ihre Mutter keiner Einwände erhob oder zu schwach war, diese vorzubringen, tat sie dies auch in der Nacht. Der Sternenhimmel über dem Meer war beeindruckend und wirkte grenzenlos, ganz anders als in Frankfurt, wo das Firmament durch die Landschaft und die Stadt begrenzt worden war. Nein, hier boten das Meer und die Sterne unendliche Weiten.

      Friederike ging den holzvertäfelten Gang der ersten Klasse entlang, der vom Licht der elektrischen Lampen erhellt wurde. Die Erfindung Edisons fand die junge Frau immer wieder beeindruckend. Ein sauberes und helles Licht, welches sicher seinen Weg in alle Haushalte finden würde. Sie konnte sich noch daran erinnern, wie in einer Nebenstraße einmal ein Haus gebrannt hatte, als die Gasleitung explodiert war. Es war schrecklich gewesen und ihr Vater hatte zu jenen gehört, die der Not leidenden Familie danach unter die Arme griffen. Selbst Karolina hatte sich engagiert und einen Basar ausgerichtet, dessen Erlös der Familie zugute gekommen war.

      Das Schiff rollte leicht zur Seite und Friederike stützte sich ab, bis die Celeste sich wieder aufrichtete. Sie erreichte den Niedergang, wie die Treppen auf den Schiffen seltsamerweise hießen, und trat auf das Deck hinaus. Vor sich sah sie den Großmast, den mittleren Mast des Schiffes. Friederike stellte sich die im Wind geblähten Segel vor und seufzte entsagungsvoll. Sie blickte hinter sich und sah die zwischen den großen Schaufelrädern aufragende Brücke des Postschiffes. Es war heller Tag, doch der Himmel war grau und die weißen Schiffsaufbauten bildeten einen harten Kontrast zum trüben Hintergrund. Friederike sah Captain Helms auf der Brücke, der sich mit seinem zweiten Offizier, Timothy Arguille unterhielt. Helms bemerkte sie und grüßte freundlich. Für Friederike war er das Urbild des Seemannes, tief gebräunt und mit einem vom Wetter und der See gegerbten Gesicht. Dazu strahlten zwei blaue Augen aus einem Gesicht, das von einem dichten, grauen Bart eingerahmt war. Wie üblich hatte der Kapitän seine geliebte Pfeife im Mundwinkel. Eigentlich sah man ihn nur im Speisesaal ohne die Pfeife, die ähnlich verwittert schien, wie ihr Besitzer.

      Eine ganze Reihe von Seeleuten kniete mit Scheuersteinen auf den Planken und schrubbte sie. Seemännische Bordroutine, ebenso wie die Arbeiten in der Takelage und an den Segeln, denn auch wenn die Celeste unter Dampf fuhr, hielt Captain Helms sie jederzeit bereit, auf die Windkraft zurückzugreifen. Der Seewind bauschte Friederikes Röcke, während sie an den Matrosen vorbei zum Bug des Schiffes ging. Hier ragte der Bugspriet wie ein mächtiger Stoßzahn nach vorne und schien dem Schiff den Weg zu weisen. Friederike beugte sich ein wenig über die Reling, um einen Blick auf die Galionsfigur zu werfen, die eine barbusige Meerjungfrau darstellte.

      „Sie sollten Vorsicht walten lassen, gnädiges Fräulein“, erklang Timothy Arguilles Stimme hinter ihr. „Wenn eine stärkere Welle kommt und wir überlegen, könnte es gefährlich werden.“

      Wie um die Worte des Seeoffiziers zu untermauern, legte sich die Celeste erneut über und Arguille griff hastig an Friederikes Arm und hielt sie fest. Für einen Moment erschrak sie, während der Leutnant sie hielt. Nach ein paar Sekunden ließ er ihren Arm los und trat zurück. „Verzeihung, gnädiges Fräulein.“

      „Nein, es gibt nichts zu verzeihen“, sagte sie rasch und bemerkte sein Erröten. Ihre Gegenwart schien den jungen Offizier verlegen zu machen. Irgendwie fand sie es süß, wie er unter seiner Bräune errötete. „Es war mein Fehler und sie haben mich möglicherweise vor einem schrecklichen Sturz ins Meer bewahrt.“

      Arguilles Gesicht verzog sich zu einem breiten Lächeln, das zwei Grübchen auf seine Wangen zauberte. Für einen Moment sahen sie sich schweigend an und eher unbewusst verglich Friederike den Schiffsoffizier

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