Kleine Erzählungen und Nachgelassene Schriften 1. Gerstäcker Friedrich

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Kleine Erzählungen und Nachgelassene Schriften 1 - Gerstäcker Friedrich

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dem Wald in die Wipfel sang.“

      „Ich wollte, wir hätten uns gestern schon gesprochen,“ bemerkte Kurt trocken.

      „So höre denn,“ fuhr Alfred fort, ohne die etwas doppelsinnige Bemerkung zu verstehen, oder wenigstens, ohne darauf einzugehen, „Du weißt, daß ich mich dem weiblichen Geschlecht bis jetzt ziemlich fern gehalten habe?“

      „Du bist zwanzig Jahre alt, nicht wahr?“

      „Gewesen ja,“ erwiderte Alfred, „ich hielt die Frauen für falsch – für kokett – ich – war schon verschiedene Male enttäuscht worden.“

      „Du kannst dabei keine Zeit versäumt haben –“

      „Ich bin jetzt bekehrt!“ rief der junge Mann, so mit Gefühlen beschäftigt, daß er den Einwurf gar nicht beachtete. „Ich habe ein Wesen gefunden – Kurt, ich sage Dir, ein Wesen, das dieser Erde gar nicht anzugehören, sondern den überirdischen Sphären entstiegen zu sein scheint.“

      /82/ „Natürlich,“ nickte Kurt lächelnd vor sich hin.

      „Lache nicht,“ rief aber Alfred gekränkt, „wenn Du sie gesehen hättest, würdest Du mir in jeder Silbe beistimmen und vielleicht eben so bewegt und ergriffen darüber sein, als ich selber.“

      „Und wo hast Du dieses Wunder gefunden?“

      „Hier im Walde!“ rief der junge Mann erregt; „denke Dir nur, es sind jetzt etwa fünf Tage, als ich, von dem kleinen Forellenbach von Ludwigsroda aus hinaufgehend und meinen eigenen Träumen nachhängend, einen tiefschattigen Bergkessel erreiche, in dem der Bach eine scharfe Biegung macht, und hier plötzlich ein Wesen vor mir sehe, das nichts Irdisches an sich hatte und nur aus Blüthenduft und Sonnenstrahl gewoben schien.“

      „Alfred,“ sagte Kurt lächelnd, „thu’ mir den Gefallen und sprich – so weit Dir das irgend möglich ist, wie ein vernünftiger Mensch. Denke Dir einmal ein Wesen aus Blüthenduft und Sonnenstrahl gewoben! Was ist das? – ein heißer und dadurch unangenehmer Blumengeruch; ich kann mir darunter kein überirdisches Wesen denken.“

      „Weil Du ein kalter, calculirender und prosaischer Mensch bist!“ rief Alfred heftig aus; „aber Du sollst mich nicht außer Fassung bringen und die genaue Schilderung jenes Engels hören. Sie trug ein hellblaues, mit kleinen rosa Blümchen überstreutes Barègekleid, um den zarten Hals einen weißen dünnen Shawl von chinesischem Crêpe, einen ebensolchen, wenigstens weißen Gürtel mit einem emaillirten Knopf als Schnalle, eine Korallenschnur um den weißen Nacken und ebensolche Armbänder, und die zierlichsten braun lackirten Saffianschuhe, die sich ein Mensch nur denken kann.“

      „Nun, für eine erste Begegnung mit der Geliebten,“ lächelte Kurt, „hast Du Dir ihr Aeußeres ziemlich genau gemerkt. Ich fürchte fast, ich würde nach einem solchen ersten Zusammentreffen verwünscht wenig von dem zu erzählen wissen, was sie eben angehabt hätte.“

      „Aber das gehört dazu,“ rief Alfred eifrig, „und ich habe ein merkwürdiges Auge für derlei Dinge, besonders wenn sie nur interessante Persönlichkeiten betreffen. Doch der Anzug /83/ war auch das Wenigste, und ich weiß wahrlich nicht, wie ich Dir die wirklich ätherische Gestalt des jungen bildschönen Mädchens so schildern soll, um Dir wenigstens einen auch nur annähernden Begriff von ihren Reizen zu geben. Denke Dir ein Wesen, das, als sie am Ufer dahin schritt, kaum den Boden zu berühren schien und, als sie sich mir zuwandte, mich an jene Feen erinnerte, die früher unsere Wälder belebt und Sterbliche zuweilen mit ihrer Erscheinung beglückt haben sollen. Sie hatte hellblondes lockiges Haar.“

      „Himmelblaue Augen,“ warf Kurt ein.

      „Das schönste Himmelblau, das sich auf der Welt nur denken läßt,“ rief Alfred in wahrer Verzückung. „Ihr Teint war dabei von einer durchsichtigen Zartheit – der Mund klein und zierlich, von zwei Reihen Perlen geschmückt, zwei Grübchen in den Wangen und eins im Kinn, und das Lächeln, als sie endlich sprach – nein, Kurt, und wenn ich Methusalems Alter erreichte, ich würde das nicht vergessen.“

      Kurt lächelte. „Du bist wirklich, wie ich sehe,“ sagte er endlich, „bis über die Ohren verliebt, und in Deinem Alter läßt sich annehmen, daß diese Liebe wenigstens bis zu Weihnachten anhält.“

      „Kurt!“ rief Alfred fast außer sich, „wenn ich je wieder von dem Mädchen lasse, so –“

      „Bst,“ unterbrach ihn der ältere Freund, „keine unnöthigen Schwüre jetzt, beschreibe mir vor allen Dingen Eure romantische erste Zusammenkunft im Waldesgrün und an dem murmelnden Bach, denn ich fange doch an, Interesse daran zu nehmen.“

      „Ein Eisklumpen müßte das!“ rief Alfred erregt und halb beleidigt über die kalte Aufnahme seiner Schilderung aus, „aber wie soll ich Dir das beschreiben – ich fürchte, ich habe mich bei dieser ersten Begegnung eher etwas zu blöde und albern gezeigt, denn ich konnte mir nicht helfen, es war mir fortwährend, als ob ich einer höhern Erscheinung gegenüber stände.“

      „Läßt sich denken,“ nickte Kurt vor sich hin, „und sie hat Dich jedenfalls deshalb im Stillen ausgelacht.“

      „Glaube das nicht, Kurt,“ rief Alfred rasch, „sie war die Liebe und Güte selber, und so freundlich und nachsichtig –“

      /84/“Und wovon habt Ihr gesprochen?“

      „Gesprochen? Von was Anderem als dem rauschenden Bach, den duftenden Blüthen, den flatternden Schmetterlingen und Gottes schöner, herrlicher Welt!“

      „Und verschwand sie, wie es Feen sonst gewöhnlich thaten?“

      „Nein – ich begleitete sie nachher in’s Dorf hinunter, wo sie mit einer kranken Tante, die sie jetzt pflegt, wohnte.“

      „Und Ihr saht Euch wieder?“

      „Ach gewiß,“ rief Alfred, „noch verschiedene Male und immer an der nämlichen Stelle, denn die alte Dame war zu leidend, und ich habe sie nur ein paar Mal auf der Promenade gesehen.“

      „Und sie um ihre Einwilligung gebeten –“

      „Du spottest, Kurt,“ rief Alfred gekränkt, „aber ich gebe Dir mein Wort, daß jenes holde Frauenbild mein ganzes Herz erfüllt, und nicht allein mit grenzenloser Liebe, sondern auch maßloser Seligkeit.“

      „Alfred, Alfred!“ sagte Kurt, indem er neben dem Freunde hinschritt und leicht mit dem Kopfe schüttelte. „Du bist stets etwas leidenschaftlicher Natur gewesen, jetzt ist Alles „grenzen-“ und „maßlos“. Du übertreibst fabelhaft, und wie Du das mir gegenüber thust, so fürchte ich, behandelst Du Dich selber in der nämlichen Weise.“

      „Aber wie kann man etwas übertreiben, wenn man es genau so schildert, als man es selber fühlt?“

      „Man kann sich eben selber täuschen, und das führt dann nicht selten zu unangenehmen Konsequenzen.“

      „Kurt, wenn Du sie selber kenntest, wenn Du nur ein einzig Mal in die blauen Sterne hättest schauen dürfen...“

      Kurt lachte. „Es ist nun einmal mit Dir kein vernünftiges Wort zu reden, also führe mich zu Deiner Heldin, und ich kann mich dann viel leichter selber überzeugen, inwieweit Deine Begeisterung auch Berechtigung hat. Ich glaube, ich habe die junge Dame schon gesehen.“

      „Aber sie ist heute Morgen um

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