Kleine Erzählungen und Nachgelassene Schriften 1. Gerstäcker Friedrich

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Kleine Erzählungen und Nachgelassene Schriften 1 - Gerstäcker Friedrich

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zu spät und konnte nicht so rasch fertig werden, sonst hätte ich sie jedenfalls begleitet.“

      „Wo wohnen sie?“

      „In Dresden.“

      „Und was für einen Rang bekleidet ihr Vater oder welchem Stande gehört er an?“

      „Ja, wie soll ich das wissen!“ rief Alfred: „glaubst Du, daß ich in ihrer Nähe an Familienverhältnisse gedacht habe?“

      „Ich war der Meinung, Du hättest dabei an nichts Anderes gedacht,“ erwiderte Kurt, „die Frage wäre jedenfalls sehr natürlich und sogar gerechtfertigt gewesen. Jetzt weißt Du nicht einmal ihre Adresse.“

      „Sie heißt Hulda.“

      „Hulda, allerdings ein hübscher Name, der etwas Duftiges hat, und wenn die junge Dame dem entsprechend aussieht, so kann ich mir Dein Entzücken wohl erklären. Also wirst Du im Adreßkalender den Namen Hulda suchen müssen.“

      „Es ist die Huldgöttin, auf die Erde herabgestiegen.“

      „Wie alt etwa?“

      „Höchstens siebzehn Jahre!“ rief Alfred begeistert.

      „Höchstens?“ lächelte Kurt. „Da trägt sie wohl noch kurze Kleidchen?“

      „Du bist ein Spötter,“ sagte Alfred halb beleidigt, „aber ich weiß, daß Du mir Abbitte thun wirst, sobald Du sie nur siehst.“

      „Lieber Alfred,“ sagte Kurt viel ernster als vorher, indem er seinen Arm in den des Freundes schob, „sieh, an Deinem guten Geschmack zweifle ich keinen Augenblick, aber willst Du von mir einmal ein vernünftiges Wort hören?“

      Alfred lächelte.

      „Es hat sich gegen Liebe die Vernunft ermannt,

      Und als Empörungsfahne Weisheit aufgesteckt.

      Die Liebe hat zum Angriff einen Hauch gesandt,

      Und die Vernunft hat zitternd das Gewehr gestreckt.“6

      „Du scheinst ziemlich bewandert in den Klassikern zu sein,“ sagte Kurt, „und ich kann Dir augenblicklich auf dieses Gebiet /86/ nicht folgen, erlaube mir deshalb in einfacher Prosa zu Dir zu reden, und der Gegenstand, den ich berühren will, ist auch prosaischer Natur, wenigstens wirst Du ihn dafür halten.“

      „Du holst weit aus.“

      „Und will mich doch sehr kurz fassen. Sagtest Du nicht, daß Du einundzwanzig Jahre alt wärest? ich glaube noch nicht einmal, denn Du siehst wenigstens viel jugendlicher aus.“

      „Ich werde im December einundzwanzig Jahre.“

      „Also zwanzig und ein halb; Hulda, wie die Himmlische heißt, ist höchstens siebzehn, wie Du selber sagst, was kann sich ein vernünftiger Mensch von einer solchen Liebe versprechen?“

      „Und weißt Du nicht, daß wahre Liebe ewig ist?“ rief Alfred begeistert aus.

      „Ewig ist ein wunderschönes Wort,“ nickte Kurt still vor sich hin, „man ist damit gleich fertig. ‚Das dauert ewig‘, sagt man im Theater, wenn der Zwischenact ein wenig zu lang ausgedehnt wird, ‚ewiger Regen‘ heißt es bei etwas nasser Witterung, ‚ewige Liebe‘, wenn sich ein junger Mensch zum ersten Mal in ein glattes Gesicht vergafft hat und seine Gefühle dann höchst unbefangen mit einem endlosen Zeitmaß mißt.“

      „Du bist wirklich prosaisch, Kurt.“

      „Ich habe es Dir vorher gesagt, daß ich es sein würde. Nun bedenke Euer Alter, denn ich setze doch voraus, daß Du auf eine ‚ewige Verbindung‘ mit der Geliebten rechnest. Angenommen wirklich, daß Deine Hulda erst siebzehn Jahre und Deiner Aussage nach ‚ein Engel der Schönheit‘ ist, wie lange glaubst Du, daß sie noch ungesucht blühen wird? doch wohl nur ein oder höchstens zwei Jahre. Dann finden sich, und vielleicht noch früher, die Bewerber ein, die auch zugleich im Stande sind, ihr eine Häuslichkeit zu bieten.“

      „Und wenn sie mich liebt, wie ich sie, wird sie jedes Bewerbers Hand mit Entrüstung und kaltem Stolz zurückweisen.“

      „Du bist dann zweiundzwanzig oder dreiundzwanzig Jahre alt,“ fuhr Kurt, ohne von der Unterbrechung Notiz zu nehmen, ruhig fort, „und hast wenigstens noch fünf bis sechs Jahre vor /87/ Dir, ehe Du nur vernünftiger Weise an’s Heirathen denken darfst. Hulda ist bis dahin vierundzwanzig Jahre alt, und glaubst Du, daß ihr an einem so hinausgezögerten Brautstande irgend etwas gelegen wäre?“

      „Und wenn sie sechzig Jahre alt wäre,“ rief Alfred, dessen Augen in höchster Aufregung leuchteten, „so würde ich dieselbe heiße, brennende Liebe für sie fühlen wie jetzt!“

      „Und hast Du Dich schon gegen sie erklärt?“ frug Kurt.

      „Ich wagte es nicht,“ sagte Alfred scheu, „wenn ich es auch hundertmal auf den Lippen hatte.“

      „Also weißt Du nicht einmal, ob sie Dich wieder liebt?“

      „Sind solche Gefühle nicht stets gegenseitig?“

      „Nicht daß ich wüßte; und ihre Eltern kennst Du eben so wenig?“

      „Nein, aber ich habe Freunde genug in Dresden, um dort im Haus schon eine Einführung zu bekommen. Ihre Tante heißt von Loswall.“

      Kurt schüttelte mit dem Kopfe. „Da hilft alles Reden nichts,“ sagte er. „Du bist einmal in den richtigen Liebestaumel, den blutjunge Leute sehr häufig für wahre Liebe halten, hineingefallen, und ich sehe ein, daß jetzt mit Dir kein vernünftiges Wort zu reden ist. Dein Herz ist mit Deinem Verstande vollständig durch gegangen, und ich werde es dem alten Aesculap, der Zeit, überlassen müssen, Dich von allen Deinen Holzwegen wieder auf die breite Chaussee des wirklichen Lebens zu bringen.“

      „Auf eine Chaussee willst Du mich bringen, wo ich jetzt auf blumigen Waldpfaden und weichem duftenden Moose wandere?“

      „Das letztere ist ein Irrthum,“ bemerkte Kurt. „Moos duftet gar nicht, bekommt weit eher einen fauligen Geruch.“

      „Du bist unausstehlich, Kurt.“

      „Ich habe Ursache,“ sagte dieser, „denn Du hast mich mit Deinem Liebeswahnsinn heute um einen starken Hirsch gebracht und, das Schlimmste dabei, nicht einmal eine Ahnung davon, was das heißen will. Aber wann wirst Du abreisen?“

      „Morgen früh wollte ich mit der nämlichen Post fort, in der sie heute abgefahren ist. Wie lange bist Du aber schon hier?“

      /88/ „Seit vier Tagen.“

      „Das ist merkwürdig, daß wir uns da nicht früher begegnet sind; ich bin schon eine ganze Woche hier und nicht aus dem Dorfe oder seiner allernächsten Umgebung hinausgekommen.“

      „Da hast Du also gleich den Grund, ich wohne bei dem alten Oberförster dort oben auf der Höhe, und habe nicht allein den Wald nicht verlassen, sondern bin auch jedesmal geflüchtet, wenn ich lichte Kleider durch die Büsche schimmern sah. Der liebe Gott bewahre Einen vor allen Spaziergängern, wenn man bürschen geht!“

      „Du

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