DAS BUCH ANDRAS I. Eberhard Weidner

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DAS BUCH ANDRAS I - Eberhard Weidner DAS BUCH ANDRAS

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hatte. Dr. Jantzen machte keinen besonders freundlichen Eindruck, als er schließlich auf den anderen Mann traf, bevor dieser Platz nehmen konnte, sondern schien im Gegenteil in angriffslustiger Stimmung zu sein. Dies mochte weniger daran liegen, dass der Fremde einfach der Schwester gefolgt und dadurch hier hereingeplatzt war, ohne vorher die Zustimmung des Arztes einzuholen, sondern eher in der Art begründet sein, wie der Neuankömmling versucht hatte, das Kommando zu übernehmen. Wahrscheinlich sah der gute Doktor seine Autorität als Facharzt und Stationsleiter in Gefahr und wollte die Verhältnisse nun wieder gerade rücken, indem er den Mann in seine Schranken verwies.

      »Ich hoffe, Sie sind tatsächlich in der Lage, mir den richterlichen Beschluss zu zeigen, von dem Schwester Hannah sprach«, fuhr der Arzt den älteren Mann an. »Wie Sie sich vermutlich denken können, bin ich über diesen Überraschungsbesuch alles andere als erfreut. Ich bin nämlich der Meinung, dass es für die Heilbehandlung meiner Patientin in dieser Phase nicht besonders förderlich ist, wenn sie sich auch noch mit den Ermittlungen der Polizeibehörden auseinandersetzen muss. Ich ging eigentlich davon aus, dass wir diesen Punkt dem Polizeipräsidium gegenüber klar und deutlich zum Ausdruck gebracht hätten.«

      Sein Gegenüber hatte während Dr. Jantzens aufgebrachten Worten in aller Ruhe ein Schriftstück aus der Aktentasche geholt, die er in der linken Hand getragen und nun auf der Platte des Tisches abgestellt hatte, und dieses umständlich auseinandergefaltet. Nachdem die Tirade verstummt war, überreichte der Besucher dem Arzt das Papier, ohne seinen starren Gesichtsausdruck dabei im Geringsten zu verändern.

      »Das ist der richterliche Beschluss, der es mir erlaubt, die Zeugin Dorn unverzüglich zu befragen. Und zwar sowohl ohne Ihre Einwilligung als auch gegebenenfalls – das heißt, sofern es mir erforderlich erscheinen sollte – ohne Ihre Anwesenheit, Dr. Jantzen! Wenn Sie also Wert darauf legen, während der Zeugenbefragung dabei zu sein, sollten Sie einen anderen, deutlich weniger aggressiven Ton anschlagen. Ich hoffe, wir haben uns verstanden, Herr Doktor!«

      Der Arzt wollte Einwände erheben, doch der Polizist ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen. »Sparen Sie sich Ihre Ausführungen für einen späteren Zeitpunkt, Dr. Jantzen. Lesen Sie lieber sorgfältig den Gerichtsbeschluss und akzeptieren Sie endlich, dass mein Vorgehen rechtmäßig ist. Denn falls ich noch ein weiteres Wort des Widerspruchs von Ihnen höre, werde ich Sie unverzüglich des Raumes verweisen!«

      Der Arzt gehorchte widerwillig und las stattdessen, nachdem er dem Polizeibeamten einen zornigen Blick geschenkt hatte, konzentriert den Beschluss in seinen Händen. Ich konnte ihm ansehen, dass er zumindest in Gedanken mit den Zähnen knirschte, als er ihn schließlich zurückgab. Allem Anschein nach hatte alles seine Richtigkeit, zumindest vor dem Gesetz, und die Behauptungen des Kriminalbeamten entsprachen der Wahrheit. Dr. Jantzen musste das wohl oder übel akzeptieren, konnte es aber dennoch nicht bleiben lassen, seiner Meinung darüber Ausdruck zu verleihen. »Für den Moment scheinen Sie tatsächlich am längeren Hebel zu sitzen, aber ich kann Ihnen schon jetzt versprechen, dass ich mich diesbezüglich an Ihre Vorgesetzten wenden und dort Ihr unfreundliches Verhalten deutlich zur Sprache bringen werde. Ich kann es nämlich nicht zulassen, dass der Therapieverlauf durch weitere derartige Querschläge Ihrerseits in Gefahr gebracht wird. Das Wohl meiner Patienten steht für mich im Vordergrund, und Ihre Ermittlungen interessieren mich dabei nicht im Geringsten. Im Übrigen wäre es wohl angebracht, dass Sie sich zuallererst einmal vorstellen und legitimieren.«

      »Selbstverständlich«, beeilte sich der Beamte zu versichern, den sein eigenes Versäumnis in Verlegenheit und aus dem Konzept gebracht zu haben schien. Und dem Doktor hatte es nach seiner ersten Niederlage in diesem Machtkampf wenigstens einen kleinen Punktgewinn beschert.

      »Kriminalhauptkommissar Klaus Gehrmann«, stellte sich der Polizist vor und zeigte dem Arzt sowohl seinen Dienstausweis in einem Lederetui als auch seine glänzende, goldene Dienstmarke, die er hastig aus der Innentasche seiner Anzugjacke geholt hatte. Den Gerichtsbeschluss hatte er zuvor wieder in seine Aktentasche gesteckt.

      Dr. Jantzen studierte alles besonders sorgfältig. Dann nickte er mit einem verdrießlichen Ausdruck auf dem Gesicht, da ihm nichts anderes übrig blieb, als die Legitimation seines Gegenübers zu akzeptieren. Einen letzten Versuch, die Befragung zu torpedieren, unternahm er dennoch: »Ist es denn nicht erforderlich, dass Frau Dorn während der Vernehmung ein Rechtsanwalt zur Seite steht?«

      Kriminalhauptkommissar Gehrmann schüttelte den Kopf, während er Ausweis und Dienstmarke wieder verschwinden ließ. »Ich kann Ihnen versichern, dass die Hinzuziehung eines Verteidigers nicht erforderlich sein wird. Frau Dorn wird von mir lediglich als Zeugin angehört. Aus diesem Grund ist es auch nicht notwendig, sie über ihre Rechte zu belehren. Sie können gerne hierbleiben, sofern Sie sich entsprechend zu benehmen wissen, und sich davon überzeugen, dass ich nichts unternehmen werde, was Frau Dorn Schaden zufügen könnte.«

      Dr. Jantzen sparte sich eine Antwort darauf, nickte stattdessen nur und warf mir einen nachdenklichen Blick zu. Womöglich ging ihm durch den Kopf, dass der Kriminalbeamte überhaupt nicht ermessen konnte, welchen Schaden er durch eine unbedachte Äußerung in meinem vorgeschädigten Verstand anrichten konnte. Allerdings fehlten ihm im Augenblick die Mittel, dem Polizisten wirksam Paroli bieten zu können.

      Dr. Jantzens Blick in meine Richtung war die erste Aufmerksamkeit, die mir geschenkt wurde, seit der Polizeibeamte so überraschend aufgetaucht war. Während der verbalen Auseinandersetzung des Arztes und des Hauptkommissars war das Interesse aller Anwesenden nur auf die beiden Männer und ihr Kräftemessen gerichtet gewesen. Dr. Jantzen hatte dabei zwar für den Moment den Kürzeren gezogen, war aber bestimmt nicht bereit, kampflos das Feld zu räumen und mich mit dem anderen Mann allein zu lassen.

      Er nahm das Heft, das er kurzzeitig verloren hatte, wieder dadurch in die Hand, dass er von seinem Recht als Stationsleiter und Hausherr Gebrauch machte und dem Kriminalbeamten einen Platz zuwies, der möglichst weit von mir entfernt war. Gehrmann akzeptierte dies auch ohne weitere Diskussion. Ihm musste ebenso wie uns allen klar sein, dass er den Machtkampf fürs Erste für sich entschieden hatte und nun hier die Spielregeln bestimmte. Aus diesem Grund konnte er dem Arzt diesen kleinen Triumph großmütig zugestehen.

      Dr. Jantzen holte die Krankenakte und seine Notizen von seinem Platz und setzte sich näher zu mir, sodass er wie ein menschlicher Puffer zwischen mir und dem Polizisten dienen konnte.

      Ich selbst war mir zunächst noch unsicher, was ich von diesem überraschenden Auftauchen des Beamten und der ganzen Situation halten sollte. Zunächst hatte mir sein Erscheinen einen Schreck versetzt, denn es hatte die Horrorszenarien, die meine Fantasie wie am Fließband produzierte, mit neuer, erschreckender Nahrung versorgt. Eine Zeitlang hatte ich sogar befürchtet, der Mann wäre gekommen, um mich zu verhaften und ins Gefängnis zu stecken. Dann hatte ich das Wortduell zwischen dem Arzt und dem Polizisten – bei dem es schließlich um mich ging – gespannt, aber auch mit zwiespältigen Gefühlen verfolgt. Denn einerseits erhoffte ich mir durch eine Befragung durch den Kriminalbeamten neue Informationen und Erkenntnisse, die mir Dr. Jantzen bisher nicht hatte sagen können oder wollen. Auf der anderen Seite fürchtete ich gleichzeitig aber auch das Gespräch mit dem Beamten, als könnten dabei Tatsachen oder Wahrheiten ans Tageslicht kommen, die mir letztendlich schaden würden. Lediglich die Zusicherung des Mannes, dass ich nur als Zeugin angehört werden sollte, überzeugte mich schlussendlich davon, dass mir durch den Polizisten im Moment nichts Schlimmes drohte und ich durch eine Unterhaltung mit ihm unter Umständen mehr gewinnen als verlieren konnte. Aus diesem Grund fieberte ich dem Beginn der Befragung sogar ein bisschen entgegen.

      Dr. Jantzen schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln, das ich so verstand, dass er aufpassen und mir im Notfall beistehen würde. Auch das trug wahrscheinlich zu meiner Beruhigung bei. Außerdem vermeinte ich, Gabriels beruhigende Präsenz schräg hinter mir beinahe körperlich spüren zu können, was mir zusätzlich Kraft schenkte. Und dann ging es auch schon los.

      Kapitel 7

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