Aus dem kalten Schatten. Christine Bendik

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Aus dem kalten Schatten - Christine Bendik

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Shooting im Hof«, kam Paul wieder zum aktuellen Geschehen. »Wer war der Auftraggeber?«

      Ava schniefte. »Sie kennen sicher die Zeitschrift »Pure«? Derzeit marktführend in Sachen Fashion.«

      Paul sah Craig etwas hilflos an, doch da geriet er an den Falschen. Mit Mode hatte der wenig Kontakt, er verließ sich, was sein Outfit betraf, wohl auf den Ratschlag seiner jeweiligen Flamme, und auch Pauls Beschäftigung mit dem Thema beschränkte sich auf die dringend notwendigen Einkäufe.

      »Ähm – ´Pure`. Klar. Hätten Sie die Kontaktdaten für mich?«

      Ava händigte ihm eine Visitenkarte aus, die er in seiner Brieftasche verstaute. Nur langsam ging sein Blick wieder zu der Toten, und er entschloss sich, ein paar Fotos zu schießen: von Suzan und ihren klaffenden Wunden wie roten Mündern. Von der kleinen, noch leicht glänzenden Lache aus Blut und Urin auf dem Boden, auf der heruntergefallene Blüten thronten. Außerdem von den Utensilien, die hier so herumstanden und von dem Schmetterlingsrüssel auf Suzans Kleid. Jedes ungewöhnliche Detail versuchte er einzufangen. Zuletzt kniete er vor der Toten nieder und fotografierte ihr Gesicht aus der Froschperspektive. Die blicklosen Augen waren zur Hälfte geöffnet. Ihr Licht mochte im Moment der bittersten Verzweiflung erloschen sein. Sie schienen noch einen bestimmten Punkt zu fixieren. Die Visage des Mörders?

      Am Eingang tat sich etwas. Detective Mel Stanton betrat die Szene: verwaschenes Blond, wacher Blick und, wie die Zusammenarbeit der letzten fünf Jahre bewies, körperlich fit und wendig und von scharfem Verstand.

      Paul und Mel begrüßten einander per Handschlag. Unter Avas leeren Blicken trat der Detective zur Leiche. Ihm dicht auf dem Fuß folgte der Ermittlertrupp: mehrere Männer und eine Frau vom CSI, in ihren hellen Schutzanzügen und mit den Spurensicherungskoffern. Ein Kollege gesellte sich zu Paul, Craig und Ava, und stellte die nötigen Fragen, während ein Mitarbeiter Skizzen anfertigte und ein weiterer nach unentdeckten Blutspuren suchte für die Blutspurenanalysten. Ein Dritter sicherte Fingerabdrücke mittels Rußpulver und Klebefolie.

      Ermittlerin Winnie Lovett, Ende vierzig und eine Figur wie eine Vorpubertäre, nickte Paul knapp zu, bevor sie etliche Fotos vom Fundort und von der Leiche knipste. Noch vor Weihnachten letztes Jahr hatte Winnie ihm Avancen gemacht, doch er konnte ihrer zynischen Art nicht viel abgewinnen.

      Mel Stanton trat zu Paul, der nun mit Craig ein Stück abseits des Tatorts stand und die Tote aus ein paar Schritten Entfernung betrachtete. Manchmal verhalf ein neuer Blickwinkel zu neuen Erkenntnissen. Paul überragte Stanton um mindestens einen Kopf. Er hatte ihn größer in Erinnerung.

      »Hi Paul«, meinte der. »Kann nicht sagen, dass ich mich freue, dich heute zu sehen. Was verschlägt dich in die Gegend?«

      Paul legte den Arm um Craigs Schultern. »Mein lieber Freund Craig hier. Sehnsucht nach den alten Zeiten, stimmt’s, Craig? Und Zahnweh.« Vorsichtig befühlte er bei der Gelegenheit seine Wange – alles schien gut. Stanton schob fragend die Augenbrauen zusammen.

      »Und natürlich das Mädchen«, fügte Paul rasch hinzu. »Böse Sache. Hätte mir meinen Tag anders gewünscht.« Ava neben ihm schniefte erneut in ihr Taschentuch. Stanton atmete zischend aus.

      »Es gibt so Zeiten …« Mit einem Seufzer brach er ab. Paul vollendete den Satz in Gedanken. … Zeiten, in denen man seinen Job als Ermittler verfluchte.

      »Wer hat das Mädchen gefunden?« Stanton blickte in die Runde.

      »Es war der Hausmeister, Mr Faulkner«, erwiderte Ava. »Er sagt, er kann sich keinen Reim darauf machen, wie sie nach draußen gelangt ist. Vorder- und Hintertür der Halle waren sorgfältig abgeschlossen. Und nur Mr Faulkner und ich haben einen Schlüssel.« Sie zog einen Schlüsselbund aus ihrer Rocktasche und hielt ihn den Beamten unter die Nase. Das hieß, der Täter musste sich hinter Avas Rücken einen Schlüssel verschafft haben.

      »Ah, da ist ja Mr Faulkner!«, rief Ava aus und deutete auf den Mann mittleren Alters mit ausgeprägter Stirnglatze, der soeben zu ihnen trat. Er sah seine Chefin nicht an, als er sich den Beamten mit seinem Namen vorstellte.

      »Bin noch mal in mich gegangen«, sagte er kleinlaut zu Paul. »Kleiner Nachtrag zum Thema Schlüssel. Ist schon einige Wochen her – also die Sache ist die: Margie hat jetzt auch einen.«

      »Margie Fox, die Garderobiere?«

      »Genau. Sie bringt manchmal Sachen zum Lüften raus. Sie glauben gar nicht, wie die Frau nerven kann: ´Wenn man Sie braucht, Faulkner, sind Sie verschollen. Wo treiben Sie sich bloß ständig herum? Vermieten Sie ihr Büro doch unter!` Was soll ich sagen? Seither ist Ruhe.«

      »Sie haben – was? Faulkner! Ich glaube, ich höre nicht recht. Ohne es mit mir zu besprechen? Das gibt eine saftige Abmahnung, ist Ihnen das klar?«

      Pauls Blicke flogen von Faulkner zu Ava. Es war ganz sicher eine gute Idee, die beiden Streithähne zügig zu trennen. Sollten sie doch später ihren Kleinkrieg unter vier Augen austragen. Die Art und Weise, wie sie miteinander umgingen, überzeugte ihn davon, dass zwischen Chefin und Mitarbeitern nicht immer eitel Sonnenschein herrschen dürfte. Wie hatte Ava wohl menschlich zu Suzan Wickles gestanden?

      »Danke, Mr Faulkner, wir kommen dann später auf Sie zurück.« Stanton nahm Paul das Wort aus dem Mund. Faulkner sowie vor allem die festen Mitarbeiter von Ava Davi würden in diesen Tagen noch ein ausführliches Interview mit der Polizei haben, ob in den Ateliers oder auf der Dienststelle.

      Die Leute waren in die Häuser gegangen und hatten Suzan ihrem letzten Date mit den Ermittlern überlassen. Paul, Craig und Ava waren Stanton zurück an den Tatort gefolgt.

      »Miss Wickles Blut konzentriert sich auf sehr begrenzte Bereiche«, stellte Stanton fest, mit einer halbkreisförmigen, das Opfer und den Baum umfassenden Bewegung seiner Arme.

      Paul nickte. »Die Messerattacke als Todesursache schließe ich aus. Das Wesentliche dürfte sich direkt hier an Ort und Stelle abgespielt haben.« Still betrachtete er die Tote. »Wahrscheinlich hat der Kerl sie bedroht, mit dem Dolch. Sie haben zusammen den Hof betreten. Oder war das Opfer vorher schon da? Das Mädchen musst noch gelebt haben, als der Kerl mit dem Dolch …« Aber das wollte er sich noch nicht einmal ansatzweise vorstellen. Endlich entledigte er sich der Handschuhe und ließ frische Luft an seine Haut.

      »Was macht dich da so sicher?«, klinkte Craig sich ein.

      Paul deutete auf den kleinen roten Fleck direkt unterhalb des Mädchens. »Sie hat kein Blut im restlichen Hof verloren, und sobald das Herz stillsteht, hört der Blutfluss auf. Ich wundere mich nur … Außer ein paar kleineren Blutergüssen an den Armen sind kaum Kampfspuren zu erkennen.« Der eine oder andere Zweig in der näheren Umgebung der Leiche war abgebrochen, doch das war es dann auch schon, was auf ein Gefecht hindeuten mochte.

      Craig nickte. »Könnte auf eine Sedierung vor dem Tod hinweisen«, ergänzte er Pauls scharfsinnige Kombinationen. Paul nickte grimmig. Das hoffte er.

      »Die Platzwunde seitlich am Kopf?«, fragte Craig.

      »Womöglich ein Sturz, in letzter Sekunde. Aber warten wir den Bericht des Coroners ab.«

      »Eins steht fest: Der Täter hat ein Faible für Theatralik«, meinte Stanton und in der Tat sah das Ganze aus wie die bühnenreife Inszenierung eines Thrillers. Der in diesem Hinterhof seinen Anfang genommen hatte. Suzan Wickles Teint schimmerte bleich im Sonnenlicht hinter blütenübersäten, doch noch blattlosen Zweigen des Jacarandas. Selbst jetzt, dachte Paul bitter, brauchte das Mädchen die Kamera

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