DER WIDERSACHER. Eberhard Weidner

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DER WIDERSACHER - Eberhard Weidner Anja Spangenberg

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wohl, der Herr.« Wimmer notierte es sich gewissenhaft, wandte sich rasch um und ging. Auf dem Weg zur Ausschanktheke nahm er noch zwei weitere Bestellungen entgegen.

      »Gibt es Ärger mit dem Kerl?«, fragte der Wirt, nachdem der Kellner ihm die Getränkewünsche mitgeteilt hatte.

      Wimmer schüttelte den Kopf. »Keinen Ärger. Nur ein höchst unangenehmer Zeitgenosse. Aber mit dem komme ich schon klar.«

      »Daran habe ich keinen Zweifel«, sagte Sepp, der zehn Jahre jünger als Wimmer war und auf die langjährige Erfahrung seines Mitarbeiters im Umgang mit schwierigen Gästen vertraute. Dann wandte er sich ab, um die gewünschte Rotweinflasche zu holen und zu öffnen.

      Wimmer ging indessen in die Küche, wo sie ein paar Hundenäpfe aufbewahrten. Da sie tatsächlich ein hundefreundliches Wirtshaus waren, hatten sie nichts dagegen, wenn Gäste ihre Zamperl mitbrachten, und waren darauf vorbereitet. Deshalb bekam der Yorkshire Terrier namens Hannibal natürlich auch sein Wasser. Allerdings würde er dem Köter mit Sicherheit kein teures Mineralwasser vorsetzen, wenn der Kerl nicht einmal bereit war, dafür zu bezahlen. Das Tier selbst würde sich auch mit ordinärem Leitungswasser zufriedengeben und den Unterschied vermutlich gar nicht bemerken.

      Kurze Zeit später brachte er den mit Leitungswasser gefüllten Napf an den Tisch. Er stellte ihn daneben auf den Boden und schob ihn dann mit dem Fuß vorsichtig unter den Tisch, wo noch immer der Hund saß und sofort wieder zu knurren anfing. Trotz seiner geringen Größe klang das Knurren in Wimmers Ohren bedrohlich.

      Der dicke Mann beobachtete alles argwöhnisch, sagte jedoch nichts, was der Kellner erfreut zur Kenntnis nahm.

      Wimmer kehrte zur Ausschanktheke zurück, wo bereits das Tablett mit den Getränken für ihn bereitstand, darunter auch eine Flasche Merlot Cabernet Sauvignon und ein Rotweinglas. Er servierte die Getränke und hob sich den Rotwein bis zuletzt auf, da er bei der Gelegenheit auch gleich den Speisewunsch des Mannes entgegennehmen wollte.

      Er stellte das Weinglas vor dem unangenehmen Gast ab. Anschließend nahm er die Flasche, schenkte zwei Fingerbreit Merlot in das Glas und wartete, dass der Kerl davon kostete.

      Der Mann umfasste das Glas mit den dicken Wurstfingern seiner rechten Hand, hob es auf Augenhöhe und besah sich die rubinrote Flüssigkeit. Dann schwenkte er das Weinglas ein wenig und roch kurz daran. Schließlich nahm er laut schlürfend einen Schluck und bewegte den Wein mit geschlossenen Augen langsam im Mund.

      Wimmer wartete geduldig, bis der Mann die Flüssigkeit endlich hinunterschluckte, was trotz des hohen Geräuschpegels in der Gaststube deutlich vernehmbar war.

      »Ich habe schon viele deutlich bessere Merlots als diesen getrunken«, meldete sich der dicke Mann schließlich zu Wort. »Normalerweise würde ich darin nicht einmal meine Füße waschen.« Er seufzte tief. »Aber da ich nicht davon ausgehe, dass ich in der näheren Umgebung etwas Besseres vorgesetzt bekomme und langsam Hunger habe, muss ich mich heute Abend mit diesem minderwertigen Gesöff begnügen.« Er bedachte Wimmer mit einem empörten Blick, als wäre es dessen Schuld, und nickte dann zum Zeichen, dass der Kellner Wein nachschenken sollte.

      Wimmer war froh, dass er geübt darin war, sich seine wahren Gefühle nicht anmerken zu lassen, während er das Glas füllte. »Haben Sie schon etwas aus unserer Speisekarte ausgewählt?«, fragte er dann und stellte die Flasche auf den Tisch.

      »Natürlich, was denken Sie denn!«, versetzte der dicke Mann schnippisch.

      Wimmer wartete schweigend, Kugelschreiber und Block in den Händen.

      »Als Vorspeise hätte ich gern das Beefsteak-Tatar, anschließend das gebackene Kalbsbries und als Nachtisch den Kaiserschmarrn. Außerdem brauche ich einen sauberen Fressnapf für meinen Hund.« Er klappte die Speisekarte zu und fügte hinzu: »Aber zügig, wenn ich bitten darf.«

      Wimmer nickte, nahm die Speisekarte und ging.

      Im Laufe der nächsten Stunde brachte er dem dicken Mann den Fressnapf, die Vorspeise, das Hauptgericht und den Nachtisch. Und als der Wein, dem der Gast ebenso eifrig und begierig wie dem Essen zusprach, zur Neige gegangen war, servierte er auf dessen Wunsch auch noch eine zweite Flasche. Wimmer hatte das Küchenpersonal bereits vorgewarnt, dass sie es mit einem überaus schwierigen, kritischen und ungeduldigen Gast zu tun hatten. Deshalb gaben sich der Koch und seine Helfer bei den Gerichten des Mannes besonders viel Mühe, damit auch ja alles perfekt war. Und obwohl die drei Gänge, wie verlangt, vom Kellner zügig serviert wurden, hatte der dicke Mann dennoch an allem zahlreiche Dinge auszusetzen.

      Allerdings hatte Wimmer auch nichts anderes erwartet. Er wäre eher erstaunt gewesen, wenn der Kerl nicht an allem herumgemosert hätte und mit den Speisen und dem Service zufrieden gewesen wäre.

      Was den Kellner jedoch sehr wohl irritierte und immer wieder erschaudern ließ, war die Tatsache, dass er den Kerl ständig dabei ertappte, wie er ihn regelrecht lauernd beobachtete. Und selbst wenn er nicht zu ihm hinübersah, hatte er das Gefühl, dass der dicke Mann ihn anstarrte, während er gleichzeitig sein Essen in sich hineinschaufelte.

      Wimmer war deshalb heilfroh, als der Kerl endlich fertig war, die zweite Weinflasche geleert hatte und die Rechnung verlangte. Und wie er es vorausgesehen hatte, gab der Kerl auch keinen Cent Trinkgeld, sondern legte das Geld abgezählt auf den Tisch.

      »Wenn Sie ein Trinkgeld erwartet haben, guter Mann, dann muss ich Sie enttäuschen«, sagte er und lächelte erneut lauernd, als wartete er darauf, dass Wimmer endlich aus der Haut fuhr. Doch den Gefallen tat ihm der Kellner nicht. Worauf er fortfuhr: »Eigentlich müssten sogar Sie mir etwas bezahlen. Und zwar Schmerzensgeld, weil ich Ihren miserablen Service und den elenden Fraß erduldet habe.« Er kicherte, als hätte er einen richtig guten Witz gemacht.

      Wimmer bewahrte weiterhin Schweigen. Zu diesem Zeitpunkt war es ihm längst egal, was der Kerl sagte. Hauptsache, er ging endlich und verschwand mitsamt seinem Köter letztlich aus seinem Leben.

      Er blieb bis zum Schluss gewohnt freundlich. »Vielen Dank«, sagte er, als er die abgezählten Scheine und Münzen entgegennahm und in seiner Kellnerbörse verschwinden ließ. »Beehren Sie uns doch bald wieder.« Insgeheim erhoffte er sich allerdings das Gegenteil. Und so wie der Kerl an allem herumgemeckert hatte, ging er auch nicht davon aus, dass er jemals wiederkommen würde.

      Doch der dicke Mann war anscheinend immer wieder für eine Überraschung gut. »Vielleicht tue ich das sogar«, meinte er augenzwinkernd und fügte mit einem boshaften Grinsen einschränkend hinzu: »Obwohl der Wein, der Service und das Essen in diesem Etablissement natürlich erheblich zu wünschen übrig lassen.«

      Wimmer ließ auch diesen Satz unkommentiert, obwohl es ihn Mühe kostete. »Einen schönen Abend noch«, sagte er, dabei wünschte er dem Kerl in Wahrheit die Pest an den Hals.

      »Den werde ich mit Sicherheit haben«, erwiderte der andere und grinste bösartig.

      Der Kellner wandte sich rasch um und ging geradezu fluchtartig davon, dankbar, dass er den Kerl endlich, endlich, endlich los war. Und als er sich zwei Minuten später umdrehte, war der Tisch bereits verwaist und von dem dicken Mann und seinem Hund nichts mehr zu sehen.

      Während der Kellner den Tisch abräumte, dachte er bereits über die Noten nach, die er dem Kerl geben wollte. Sowohl in Sachen Freundlichkeit als auch bezüglich des fehlenden Trinkgeldes hatte der Gast sich selbstverständlich jeweils die schlechteste Note verdient. Da er aber in Wimmers Wahrnehmung noch furchtbarer als der bislang schlechteste Gast gewesen war, musste er auf eine Notenstufe ausweichen, die es eigentlich nicht gab, und vergab

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