DER WIDERSACHER. Eberhard Weidner

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DER WIDERSACHER - Eberhard Weidner Anja Spangenberg

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die Aussicht auf einen Ringkampf mit diesem zornigen Muskelberg allergrößtes Vergnügen, und wartete scheinbar gelassen und entspannt auf seinen Gegner.

      Kohler, dem jede Kampfsporttechnik fremd war, vertraute stattdessen auf seine Muskelmasse, die Reichweite seiner langen Arme und seine Kraft. Aus Erfahrung wusste er, dass es am besten war, wenn er mit der Wucht einer Dampframme über seinen Gegner herfiel und jeden möglichen Widerstand unverzüglich im Keim erstickte. Er lief daher ins Wohnzimmer und schlug mit der zur Faust geballten Rechten ansatzlos nach dem Kopf des anderen. Hinter dem Schlag lag zwar nicht so viel Kraft, als wenn er vorher ausgeholt hätte, doch es dürfte dennoch genügen, um Nasenbein oder Kiefer des Gegners zu zertrümmern und ihn halb bewusstlos zu schlagen. Das Wichtigste war allerdings, dass der andere den Hieb erst gar nicht kommen sah. Auf diese Weise wollte Kohler den Eindringling überrumpeln und den Kampf bereits in den ersten Augenblicken für sich entscheiden. Denn obwohl er sich dem Mann körperlich weit überlegen fühlte, hatte ihn dessen forsches Auftreten und Unerschrockenheit dennoch tief beeindruckt.

      Als sein Gegner überhaupt keine Anstalten machte, sich zur Wehr zu setzen, sah sich der Personenschützer bereits auf der Siegerstraße. Doch unmittelbar bevor seine Faust ins Schwarze traf, riss sein Widersacher mit einer Schnelligkeit, die Kohler nicht erwartet hatte, den Kopf zur Seite, sodass der Hieb ins Leere ging und Kohler unvermittelt nach vorn taumelte. Bereits im nächsten Augenblick rammte der andere ihm die rechte Faust in die Magengrube, sodass Kohler unvermittelt das Gefühl hatte, er wäre von einer Dampframme getroffen worden. Unmittelbar gefolgt von einem Leberhaken, ausgeführt mit der anderen Faust, der so schmerzhaft war, dass Kohler augenblicklich pechschwarz vor Augen wurde. Von einer Sekunde zur anderen hatte er massive Kreislaufprobleme und geriet ins Wanken.

      Er hatte Angst, der andere könnte sofort nachsetzen, seine momentane Schwäche und Hilflosigkeit ausnutzen und ihn kurzerhand niederschlagen. Doch der Eindringling zog sich stattdessen zurück und ließ seinem Gegner Zeit, sich zu erholen.

      Kohler schnaufte schwer, als ginge der Kampf bereits über mehrere Runden. Er war sichtlich angeschlagen und kämpfte darum, nicht in die Knie zu gehen. Schwer atmend richtete er sich auf, rieb sich mit der rechten Hand die Seite, die noch immer wahnsinnig wehtat, denn Leberhaken waren sogar bei Profiboxern gefürchtet. Manch einer war bereits nach einem einzigen davon zu Boden gegangen.

      Der Eindringling lächelte noch immer und wirkte weiterhin völlig entspannt. Der bisherige Kampfverlauf hatte ihn weder ins Schwitzen gebracht, noch seinen Zopf in Unordnung gebracht. Er atmete nicht einmal wesentlich schneller.

      »Warum gehen Sie nicht einfach, und wir vergessen, dass Sie hier eingedrungen sind und mein Handy kaputtgemacht haben«, schlug Kohler vor, sobald er wieder halbwegs zu Atem gekommen war, als wäre die Situation andersherum und er würde nach Punkten führen. Nach den beiden Schlägen, die er eingesteckt hatte, war er jetzt allerdings wieder um Höflichkeit bemüht. »Die Nachschlüssel müssen Sie allerdings hier lassen.«

      Der Eindringling lachte leise. »Du bist nicht besonders helle, oder?«

      Kohler ging nicht auf die Frage ein. »Ich will nur nicht, dass jemand ernsthaft verletzt wird.«

      »Mit jemand kannst du nur dich selbst meinen«, sagte der andere. »Aber anscheinend hast du es noch immer nicht begriffen, dass es hier genau darum geht. Wie ich schon sagte, kämpfen wir um Leben und Tod. Das beinhaltet automatisch, dass jemand – in diesem Fall du – ernsthaft verletzt wird.«

      Kohler schüttelte den Kopf. »Ich verstehe das nicht. Wieso tun Sie das?«

      »Weil es mir Spaß macht«, erwiderte der Eindringling lächelnd. »Gibt es denn einen besseren Grund? Und wenn du dich genug ausgeruht hast, können wir ja allmählich in die zweite Runde gehen.«

      Während der kurzen Kampfpause hatte sich Kohler wieder etwas erholt, auch wenn er noch immer heftige Schmerzen in der rechten Seite hatte. Er hatte fieberhaft überlegt, was er tun sollte. So angeschlagen, wie er war, und angesichts der kämpferischen Fähigkeiten, die sein Gegner bislang an den Tag gelegt hatte, war seine Siegesgewissheit geschmolzen wie ein Schneemann in der Wüste. Jetzt ging es ihm nur noch darum, ohne größere Blessuren und mit dem Leben davonzukommen.

      Aber wie?

      Schreien nützte ihm wahrscheinlich nichts. Bis seine Nachbarn realisierten, was los war und die Polizei riefen, und bis diese dann auch eintraf, hatte ihn der andere vermutlich längst auf die Bretter geschickt, bewusstlos oder, falls er es tatsächlich ernst meinte, vielleicht sogar tot. Also blieb ihm als einzige Alternative, so schmachvoll es auch war, die Beine in die Hand zu nehmen und abzuhauen. Unter Umständen war er dem Eindringling ja wenigstens im Davonlaufen überlegen.

      Kaum hatte Kohler diesen Entschluss gefasst, wirbelte er auch schon herum und lief in Richtung Flur, um die Haustür zu erreichen.

      Doch sein Widersacher schien vorausgeahnt zu haben, was in Kohlers Kopf vorgegangen war, denn er reagierte mindestens ebenso rasch. Und er war erheblich flinker als Kohler, der, noch bevor er die Tür erreicht hatte, am Oberarm gepackt und vehement zurückgerissen wurde. Erst da wurde es ihm so richtig bewusst, wie kräftig der andere sein musste, um seine 135 Kilogramm Lebendgewicht so mühelos zur Seite zu schleudern.

      Sobald der Eindringling ihn wieder losgelassen hatte, stolperte Kohler rückwärts. Noch ehe er sein Gleichgewicht wiedererlangen konnte, prallte er mit den Kniekehlen gegen ein Hindernis und kippte nach hinten. Er wusste bereits, worauf er landen würde, bevor die Kristallglasplatte des Wohnzimmertischs unter seinem enormen Gewicht zerbarst und er inmitten des Gestells aus poliertem Stahl und den Scherben landete, die sich an mehreren Stellen durch seine Kleidung in seinen Körper bohrten. Kohler schrie vor Schmerz.

      Er wälzte sich sofort zur Seite und befreite sich dabei vom Tischgestell. Dann tastete er hektisch nach den Stellen, wo die Schmerzen am heftigsten wüteten, und riss Glasscherben heraus. Die meisten Verletzungen waren zum Glück nur oberflächlich, weil die Scherben nur wenige Millimeter tief eingedrungen waren. Doch zwei dolchartige Glasstücke hatten sich tiefer in seinen Körper gebohrt, die eine in seinen Oberschenkel und die zweite in seinen Hintern, sodass er an diesen Stellen heftig blutete.

      Auf Händen und Knien und schwer atmend sah Kohler sich hektisch nach dem Eindringling um. Doch bevor er ihn entdeckte, bekam er bereits einen heftigen Tritt in die Seite, der ihn herumschleuderte, sodass er wieder auf dem malträtierten Rücken landete. Er schrie erneut. Inzwischen konnte er gar nicht mehr unterscheiden, wo der Schmerz am heftigsten wütete, denn längst tat ihm alles weh. Dennoch wollte er nicht einfach liegen bleiben und alles geduldig über sich ergehen lassen, sondern sich wenigstens zur Wehr setzen. Er musste nur die Gelegenheit bekommen, den Kerl einmal richtig zu treffen. In dem Fall reichte ein einziger Schlag, um das Blatt zu wenden.

      Kohler setzte sich stöhnend auf, um seinen Plan in die Tat umzusetzen. Doch kaum hatte er das getan, sah er eine Stiefelsohle auf sich zukommen. Sie wurde riesengroß, bevor sie ihn mit so enormer Wucht am Kopf traf, dass er beinahe schon dadurch das Bewusstsein verloren hätte. Sein Oberkörper wurde wieder nach hinten geschleudert, und sein Hinterkopf knallte auf den Parkettboden, worauf er tatsächlich bewusstlos wurde.

      Der Eindringling schnaufte einmal tief durch und sah missmutig auf den gefällten Giganten zu seinen Füßen hinab.

      Er hatte sich auf diesen Kampf gefreut und mit einer echten Herausforderung gerechnet. Doch der Kerl war letztendlich nur ein Scheinriese gewesen. Ein Zweimetermann mit viel Muskeln und wenig Hirn, der nicht einmal wusste, wie man effektiv kämpfte. Und so etwas wurde auch noch Personenschützer. Dabei hatte er sich nicht einmal selbst schützen können.

      Der Eindringling seufzte, bevor er sich abwandte und an die Arbeit machte. Als Erstes entfernte er die beiden

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