Veyron Swift und der Schattenkönig. Tobias Fischer
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Veyron Swift und der Schattenkönig - Tobias Fischer страница 6
Veyron deutete in ausladender Geste auf die gegenüberliegende Couch. »Willkommen, Mr. Darrow. Bitte setzen Sie sich und schildern Sie mir Ihr Problem. Keine Sorge wegen Tom. Er ist mein Assistent, und Sie können vor ihm so frei reden wie vor mir. Zeigen Sie bitte keine Hemmungen und erzählen Sie mir alles. Vergessen Sie nicht …«
»… das kleinste Detail. Ja, ja. Das kenn ich jetzt schon«, unterbrach ihn Tom murrend.
Veyron überging das mit einem kurzen Lächeln. »Ganz genau, Tom. Schön, dass du dir auch einmal merkst, was ich sage. Also, Mr. Darrow, nur keine Scheu. Legen Sie los. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob ich mir nicht besser Sorgen um Sie machen sollte. Ihr Lebensstil ist sehr nachlässig, dabei steht Ihnen in Kürze Ärger von Amts wegen bevor, besonders von Polizei und den Ordnungsämtern aus Bristol, Oxford und Paddington. Sie sehen diese Sache jedoch sehr locker, obwohl sie durchaus kurzzeitig recht zornig darüber waren. Immerhin sind Sie finanziell gut abgesichert. Doch das alles ist wohl kaum der Grund, dass Sie den weiten Weg von Oxford hierher machen, um mich mit solchen Banalitäten zu langweilen«, sagte er.
Tom erging es genauso wie Danny Darrow: Er konnte nur die Augen aufreißen und seinen Paten ungläubig anstarren.
Darrow suchte einen Moment verdattert nach den richtigen Worten. »Woher … woher wissen Sie … ich meine … Von was zum Henker reden Sie denn da bloß?«, stammelte er, was Veyron ein sardonisches Grinsen auf seine schmalen Lippen zauberte.
»Ich rede von Ihrem Porsche draußen auf der Straße, Modell 911 Carrera S, Baujahr 1997, nachtschwarz mit Nummer aus Oxford. Als Sie draußen die Hausnummern abklapperten, spielten Sie die ganze Zeit nervös mit Ihrem Autoschlüssel herum. Ich konnte erkennen, dass es ein Porscheschlüssel war, das Design mit dem integrierten Wappen ist unverwechselbar. Hier in der Straße fährt jedoch niemand einen Porsche. Da bis zu Ihrem Auftauchen auch noch nie einer hier parkte, kann das Modell draußen vor Nummer 114 allein Ihr Wagen sein. Nun zu Ihrer Nachlässigkeit und dem Amtsärger, der Ihnen bevorsteht: Bei meinem kleinen Spaziergang kam ich an Ihrem Wagen vorbei und konnte einen Blick ins Innere erhaschen. Auf der Rückbank Ihres Wagens tummelt sich inzwischen eine recht beachtliche Sammlung an Strafzetteln. Einige sind oben eingerissen, etwa zwei Zentimeter. Die verbogenen Ecken links und rechts zeigen mir, dass dies kein Versehen war, sondern mit Gewalt ausgeführt wurde. Dann haben Sie es sich jedoch anders überlegt und sämtliche Strafzettel einfach nach hinten geworfen. Warum? Weil Sie sie sich zwar geärgert haben, aber Ihre Sorglosigkeit schnell wieder die Oberhand gewann. Dass Sie die Strafzettel nur achtlos nach hinten werfen, verdeutlicht mir Ihre unbekümmerte Lebensführung. Sie nehmen viele Dinge weitaus weniger ernst, als Sie vielleicht sollten. Die Polizei und das Ordnungsamt werden diese unbezahlten Bußgelder jedoch nicht mehr lange hinnehmen, weswegen Ihnen zweifellos Ärger bevorsteht. Sie leisten sich teure Kleidung und den Unterhalt eines Sportwagens. Daraus schließe ich, dass Sie finanziell abgesichert sind und die bevorstehenden Buß- und Mahngelder mit Leichtigkeit begleichen könnten.«
Veyron sprach so schnell, dass Tom Mühe hatte, alles aufzunehmen. Ein Blick zu Darrow zeigte ihm, wie wenig dem Besucher diese Enthüllungen gefielen, vor allem, da sie obendrein auch noch zutrafen. Tom erwartete fast, Darrow in die Luft gehen und wütend das Haus verlassen zu sehen. Es wäre nicht das erste Mal, dass Veyron andere Menschen auf diese Wiese vergraulte.
Danny begann stattdessen, laut und herzlich zu lachen. »Stark!«, rief er aus. »Echt stark! Das haben Sie mit einem einzigen Blick in mein Auto alles herausgefunden?«
»Die einzig logische Analyse, wenn ich alle Fakten miteinander kombiniere. Aber genug der Spielchen. Was ist nun Ihr Problem, Mr. Darrow?«, gab Veyron im lapidaren Tonfall zurück.
»Sie haben recht, Mr. Swift«, sagte Darrow. »Aber das ist vorbei, diesen nachlässigen Danny, den gibt’s nicht mehr. Und wissen Sie, warum? Ich habe die Frau meines Lebens kennengelernt. Wissen Sie, wie es ist, wenn Sie eine Frau zum ersten Mal sehen, und es macht Kazoom, und Sie können an nichts anderes mehr denken als an sie? Das ist mir noch nie passiert. Normalerweise interessieren mich nur Arsch und Titten und vielleicht noch ein nettes Gesicht. Aber bei Fiona … Na ja, das hat mich einfach umgehauen. Ich kann eigentlich nur noch an sie denken. Das kennen Sie doch sicher, oder?«
»Nein, kenne ich nicht«, sagte Veyron kalt – und meinte es auch so. »Fahren Sie fort, und bitte nur sachliche Details. Klammern Sie alle Emotionen aus, wenn es geht.«
Darrow schaute kurz überrascht auf und musste wieder lachen. »Alles klar, Mr. Spock – äh, Swift. Nur sachliche Details. Alles klar. Also, ich hab Fiona in der Bibliothek kennengelernt. Hatte mich mal wieder dazu entschlossen, etwas zu studieren. Wirtschaftswissenschaften – mein Vater will, dass ich sein Nachfolger in der Bank werde. Es stimmt, Geld war und ist für mich kein Problem. Ich kann mir kaufen, was ich will, ich brauch auf nichts zu achten. Na ja, eigentlich geh ich ja nie in die Bibliothek, doch ein Kumpel von mir hatte sich ein paar Bücher ausgeliehen, sich aber das Bein gebrochen. Drum hab ich die ollen Schinken für ihn zurückgebracht. Und da hab ich sie gesehen. Fiona Smith. Mann, was für eine Frau! Saß einfach dort, über einem dicken Wälzer gebeugt … was war’s doch gleich? Ach, keine Ahnung. Ich hab’s fotografiert. Hier …«, erklärte er, griff in seine Hosentasche, holte ein Smartphone heraus und warf es Tom zu.
Der staunte nicht schlecht. Das allerneueste Modell.
»Nur zu, ist nicht Passwort-gesichert. Ich vergess so was eh schnell«, sagte Darrow.
Tom aktivierte die Bildergalerie und fand sofort ein paar Fotos eines dicken Buchs. »Griechische Sagen. Von Lewis A. Daring! Veyron, es ist ein Buch des Professors«, rief er überrascht aus, als er das Bild des Umschlags heranzoomte.
Darrow schaute verwirrt drein.
Veyron winkte ab. »Ein Insider – und uns fehlt die Zeit, das näher zu erläutern. Es ist auch unwichtig. Fahren Sie bitte fort, Mr. Darrow.«
»Okay. Also Fiona. Sie saß dort und las dieses Buch. Mir war sofort klar: Das ist die Frau meines Lebens. Ich geh zu ihr hin und stell ein paar saublöde Fragen. Über das Buch, ob es gut ist oder so. Sie findet es wohl lustig. Sie hat ein umwerfendes Lachen, kein so oberflächliches Gekicher. Na ja, auf alle Fälle sind wir irgendwie ins Gespräch gekommen – weiß gar nicht mehr, um was es ging … egal. Wir machten ein Date aus und gingen ins beste Pub von ganz Oxford. Es war ein netter Abend, wir hatten beide viel zu lachen. Danach noch kurz in den nächsten Club, ein bisschen tanzen, und zuletzt hab ich sie heimgefahren. Und das war’s dann. Normalerweise endet ein Abend mit einem Mädchen bei mir nie auf diese Weise. Frauen fliegen auf meine Autos und mein Geld. Zuletzt landen sie alle bei mir im Bett. Aber Fiona, die war nicht so leicht rumzukriegen. Sie bedankte sich für den schönen Abend, aber mehr nicht. Mann, zum ersten Mal im Leben habe ich gefragt, ob wir uns wiedersehen werden. Vielleicht hätte sie Lust, ins Kino zu gehen? Sie hat Ja gesagt! Wirklich gern, meinte sie. Stellen Sie sich das vor: Ich und um ein zweites Date bitten, ein Danny Darrow! Das gab’s noch nie. Und als sie Ja gesagt hat, da war ich aufgeregt wie ein kleiner Junge, der …«
Veyron räusperte sich und unterbrach den jungen Mann. »Keine Emotionen«, erinnerte er seinen Klienten streng.
»Ja, ja, schon klar. Auf jeden Fall kam es zu keinem zweiten Date. Sie ist einfach nicht aufgetaucht. Das hat mich echt verwirrt. Ich hatte ja ihre Handynummer, doch als ich sie anrief, sagte eine verdammte Computerstimme, die Nummer sei nicht vergeben. Aber so leicht gibt ein Danny Darrow nicht auf. Ich hab in der Uni nachgeforscht, doch kein Mensch kannte eine Fiona Smith. Sie war nicht eingeschrieben, nirgendwo. In keinem Wohnheim, in keinem einzigen Kurs. Aber Zugang zu dieser Bibliothek erhalten nur gemeldete Personen, und man muss sich eintragen, wenn man Bücher ausleiht. Ich hab auch da nachgeforscht. Dieses Buch, dieser fette