Veyron Swift und der Schattenkönig. Tobias Fischer
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Читать онлайн книгу Veyron Swift und der Schattenkönig - Tobias Fischer страница 7
Tom erkannte, wie unangenehm es ihm war, weiterzuerzählen.
»Ich fuhr sie ja nach unserem ersten Date heim. Bin schließlich ein Gentleman. Sie wohnt hier, mitten in London, in Paddington, 42b False Lane. Aber auch dort gibt es keine Fiona Smith. Der Hausmeister erzählte mir, es hätte nie eine Mieterin im Haus gegeben, auf die meine Beschreibung passt. Ich hatte an jenem Abend ihr Namensschild an der Klingel gesehen. Jetzt war es jedoch verschwunden. Mr. Swift, meinen Sie, ich hatte ein Date mit einem Geist? Also mir kommt’s fast so vor.«
Veyron Reaktion bestand in einem tiefen Durchatmen. »An wie vielen Tagen haben Sie Miss Smith gesehen?«
»Leider nur an einem.«
»Nur an diesem einen Tag?«
»Ja, klar.«
»Sie genießen an der Universität den Ruf eines Frauenhelden, nehme ich an?«
»Ja, denk schon. Ich bin nicht hässlich, wissen Sie, und ich glaub, ich bin eigentlich immer gut drauf. So was mögen die Mädels.«
»Sie haben an diesem Abend alle Rechnungen bezahlt?«
»Selbstverständlich. Ich bin ein Gentleman, zumindest meistens. War ziemlich viel. Ist ja auch ein nobler Schuppen, die lassen da nicht jeden rein.«
Veyron lachte amüsiert. Dann klatschte er in die Hände. »Sind Sie schon einmal auf die Idee gekommen, dass Miss Smith Sie belogen haben könnte? Dass Sie wegen Ihres Bekanntheitsgrades und Ihres Rufs hereingelegt wurden? Es gibt nicht nur Frauenjäger, sondern auch Männerjägerinnen, Mr. Darrow. Die Lady hat sie ausgenommen. Geben Sie eine Vermisstenanzeige auf, wenn Sie sie unbedingt finden wollen.«
»Habe ich schon gemacht. Die Polizei hat noch nichts von sich hören lassen. Die waren anfangs sehr engagiert und haben auch alles in den Computer eingeben. Aber als ich am nächsten Tag nachfragte, waren sie sehr komisch, als würde sie der ganze Fall nicht mehr interessieren. Sie würden sich dann schon melden und noch mehr Blabla«, versuchte Darrow sein Anliegen zu retten.
»Wahrscheinlich, weil man zu der gleichen Erkenntnis gelangte wie ich, Mr. Darrow. Die Sache ist es nicht wert. Fahren Sie nach Hause und vergessen Sie Miss Smith am besten sofort. Goodbye«, erwiderte Veyron kalt, schloss die Augen und beachtete Darrow nicht mehr weiter.
Sichtlich niedergeschlagen erhob sich der junge Mann und schaute Veyron noch einmal flehentlich an. Als der nicht reagierte, trat er mit einem Seufzen hinaus in den Flur. Tom folgte ihm; immerhin verlangte es seiner Meinung nach der Anstand, dass er den armen Kerl wenigstens zur Tür brachte. Veyron zeigte sich stets sehr abweisend gegenüber den Leuten, wenn ein Fall nicht sein Interesse fand.
»Tut mir leid, Mr. Darrow«, sagte Tom schließlich und versuchte ein aufmunterndes Lächeln zustande zu bringen. »Vielleicht überlegt er es sich noch anders. Wäre nicht das erste Mal. Manchmal muss er nur ein Weilchen darüber nachdenken.«
»Sag Danny zu mir, Kleiner. Hier, nimm meine Karte. Ruf mich an, wenn dein … was ist er eigentlich von dir?«
»Mein Boss«, log Tom. Die Wahrheit, dass er bei Veyron lebte, weil seine Eltern tot waren, wollte er nicht jedem erzählen. Nur seine Freunde durften davon wissen. Alle anderen ging es nichts an.
»Okay. Dein Boss eben. Hatte mir schon so was gedacht. Kann schon sein, dass ich auf ein Biest hereingefallen bin. Blöd, mich gerade in so eine verknallt zu haben, was?«, meinte Danny und lächelte verschämt. Er nahm die Sache lockerer, als Tom vermutet hätte – oder er war ein guter Schauspieler.
»Ist mir auch schon passiert. Da kommt man drüber hinweg«, gab er zurück, als wäre es für ihn etwas Alltägliches.
Das brachte Danny zum Lachen, ein lautes, von Herzen kommendes Gelächter. »Sagt mir ein Knirps, der sich noch nicht mal rasieren muss! Alles klar, Kleiner, du bist schwer in Ordnung. Ruf mich an, falls dein Boss es sich anders überlegt. Dann spendiere ich dir eine Spritztour, und wir gehen gemeinsam auf Brautschau.«
Sie verabschiedeten sich, und Danny schlenderte zu seinem Porsche, während Tom die gereichte Visitenkarte einsteckte und ins Wohnzimmer zurückkehrte.
Veyron saß immer noch in seinem alten Ohrensessel. »Was für ein Reinfall. Schade, ich hatte mir mehr erhofft, als einen liebeskranken Narren. Die Liebe, mein lieber Tom, ist in der Tat eine Krankheit, der man nur durch einen disziplinierten Verstand vorbeugen kann. Sie zerstört die Logik des Geistes und verhindert ein klares, rationales Denken. Kurzum: Sie macht Idioten aus uns allen«, seufzte er, als Tom wieder eintrat und sich auf die Couch fallen ließ.
»So ein Mist kann auch nur von Ihnen kommen. Mensch, Veyron! Haben Sie nicht aufgepasst? Die Lady, diese Fiona, hat in einem Buch von Professor Daring gelesen. Wie wir wissen, war der Mann ein Simanui, ein Zauberer. Sein Geist steckt in dem Schwert, das oben in Ihrem Arbeitszimmer hängt. Das muss doch was bedeuten!«, rief Tom aufgeregt.
Veyron winkte jedoch ab. »Zutreffend. Professor Daring war jedoch auch genau dies: ein Professor, und zwar für Geschichte, Vorgeschichte, Kunst und Germanistik. Er hat eine Vielzahl von Büchern geschrieben, die du heute alle noch kaufen oder dir in Bibliotheken ausleihen kannst. Tausende von Studenten haben schon in seinen Werken geblättert, ohne dass eine tiefer gehende Bedeutung darin läge. Google einfach mal, dann wirst du staunen. Darings Werke zur ägyptischen, griechischen und römischen Mythologie zählen zu den besten der Welt, wenngleich es unter den Experten Dispute über seine Interpretationen gibt. Das ist also absolut nichts Ungewöhnliches. Wenn uns der Darrow-Fall eines lehrt, dann vielleicht ein wenig Demut bezüglich unserer eigenen Erwartungshaltung. Und Mr. Darrow hat hoffentlich ebenso eine Lektion erhalten, die seinem Ego sicherlich nicht schaden wird. Übrigens: Wolltest du dich heute nicht mit deinen Freunden treffen, um sinnlos die Zeit zu vertändeln?« Damit war das Thema für seinen Patenonkel abgehakt. Plötzliche Themenwechsel bedeuteten ganz klar: keine weitere Diskussion.
Tom schüttelte ob dieses Unverständnisses noch einmal den Kopf, stand auf und ging hinauf in sein Dachbodenzimmer. Die Aussicht, wieder in einen interessanten Fall verwickelt zu werden, war für dieses Wochenende erst einmal dahin.
Kurze Zeit später hing Tom mit seinen Kumpels Bert und Bill am Spielplatz ab. Natürlich nicht, um im Sandkasten zu spielen oder zu rutschen. Für drei Sechzehnjährige kam so was nicht mehr infrage. Sie hätten auch zu Bert gehen können, der hatte ein paar neue Spiele für seine Konsole. Oder zu Bill, dessen Vater sie öfter mal auf ein Bier einlud. Veyron sah es zwar nicht gern (und das Auge des Gesetzes auch nicht); letztlich ließ er es Tom immer durchgehen, genauso wie die eine oder andere Zigarette. Aber auf dem Spielplatz war es gemütlich, und sie hatten ihre Ruhe. Tom fand, dass es keinen besseren Platz zum Abhängen gab. So saßen die drei auf dem verlassenen Karussell, warteten auf den Rest ihrer Clique und schickten sich unterdessen lustige YouTube-Videos oder WhatsApp-Nachrichten.
»Herumhängen und chillen ist echt das Beste«, sagte Bert Ramsey, den Tom als seinen besten Kumpel bezeichnete.
Sie hatten sich kennengelernt, als Tom von Ealing nach Harrow wechseln musste, und sich sofort gut verstanden. Bill Huggins hatte sich ihnen etwas später angeschlossen. Ein paar weitere Jungs ihres Alters kamen für gewöhnlich dazu, wenn sie auf dem Morshower-Spielplatz abhingen. Der bestand nur aus einem teils von Gras überwachsenen Sandkasten, einer rostigen Schaukel und einem quietschenden Kinderkarussell. Tom konnte sich nicht erinnern, hier jemals Kinder gesehen zu haben. Seit zwei Jahren war dies ihr regelmäßiger Treffpunkt.
»Genau, Alter. Wir könnten runter in die Stadt. Ich hab langsam Hunger«,