Gefahren - Abwehr. Jürgen Ruhr
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„Hämorrhoiden?“, fragte ich und sah Weser fragend an. Was meinte der Alte denn jetzt wieder?
„Ja, diese Bläschen, die man schon mal am Mund hat.“
„Sie meinen Herpes“, stellte ich klar. „Nein, Herr Weser. Das habe ich nicht. Der Bart ist eine reine Männerzierde.
„Wenn ihr Rasierer defekt ist, kann ich ihnen gerne einen von meinen leihen. Ich habe mehrere davon“, bot er großzügig an, während er mich durch das Tor schob und es krachend hinter mir zuschlagen ließ. Dann drehte sich der Schlüssel im Schloss und Weser war verschwunden. Ich atmete erleichtert auf.
„So, jetzt ab ins Büro. Du kannst dann ja Jennifer wieder zur Hand gehen. Ich wandte mich Richtung Straße, als uns eine Mutter mit ihrer kleinen Tochter entgegenkam. Vorlaut verkündete die Göre, als sie mich erblickte: „Du Mama, hat der Onkel da in die Hose gemacht?“
Die Mutter sah mich kopfschüttelnd an und erklärte ihrer Tochter so laut, dass wir es auch bestimmt verstehen mussten: „Ja, der Mann scheint Pippi in die Hose gemacht zu haben. So etwas passiert dir aber nicht mehr, du bist ja schon ein großes Mädchen.“ Immer noch kopfschüttelnd schob sie das kleine Mädchen in einem großen Bogen an uns vorbei.
III.
Ich lieferte Gisbert am Krav Maga Studio ab und begab mich direkt zum Gebäude unserer Detektei. Mit der nassen Hose wollte ich mich nicht auch noch dem Spott der Kollegen und Jennifer aussetzen.
Seufzend betrat ich mein Büro, das ich mir leider inzwischen mit Birgit teilen musste. Seitdem sie von unserer Sekretärin zur festen Mitarbeiterin in der Detektei und im Personenschutz aufgestiegen war, okkupierte sie regelmäßig meinen Sessel. Jetzt aber ließ ich mich erschöpft hineinfallen, schloss für ein paar Sekunden die Augen und rekapitulierte meinen neuen ‚Fall‘.
Ich musste ein wenig eingenickt sein, denn die Türklingel riss mich aus meinen Gedanken und jagte mir einen mächtigen Schreck ein. Fast wäre ich von meinem Chefsessel gefallen. Die Gedanken an Sonne, Strand, gutes Essen und Meerwasser verdrängend, schlurfte ich zum Eingang. Wer mochte mich jetzt stören? Normalerweise verliefen sich keine Kunden hierhin. Misstrauisch blickte ich durch die Glastür und erkannte einen heftig gestikulierenden Praktikanten.
Gisbert!
Verdammt, was verschlug den Kerl denn jetzt hierhin? Wenn Bernd mir etwas mitteilen wollte, konnte er mich doch anrufen. Jetzt klopfte der Praktikant mit seinen Fingerknöcheln sogar gegen die Tür und bedeutete mir, ihm aufzuschließen. Innerlich musste ich grinsen. Wie war das früher in den guten alten Zeiten? Man hatte sich mit Auszubildenden oder Praktikanten einen Scherz erlaubt. Zur Einführung in das Berufsleben quasi. Ich sah keinen Grund, warum es Gisbert nicht anders ergehen sollte.
Nachdem er erneut gegen das Glas klopfte, ruderte ich ebenfalls mit beiden Armen wild in der Luft herum und deutete auf das Türschloss. Gisbert nickte schließlich verstehend und wandte sich um. In diesem Moment klingelte das Telefon in der Halle.
„Detektei Argus, Jonathan Lärpers am Apparat“, meldete ich mich und hörte ein leises Glucksen am anderen Ende. So als würde jemand ein Lachen nur mühsam unterdrücken.
„Jonathan, würdest du bitte die Türe aufschließen?“, erklang Gisberts Stimme.
Jetzt musste ich fast lachen. Mein Plan stand fest: „Das geht leider nicht“, erklärte ich. „Der Schlüssel ist abgebrochen und jetzt bin ich hier gefangen und kann die Tür nicht öffnen.“ Das dürfte genügen, damit der Kerl wieder zurück zu Jennifer ging.
„Ach so, das ist natürlich schlecht. Warte, ich rufe einen Schlüsseldienst.“
Schon unterbrach er das Gespräch. Einen Schlüsseldienst verständigen? Das hatte mir noch gefehlt! Hastig stürmte ich zur Tür und klopfte dagegen. Gisbert wandte sich verwundert um. Ich konnte erkennen, dass er gerade dabei war, in seinem Adressbuch im Telefon nach einer Rufnummer zu suchen. Erneut klopfte ich und deutete auf das Schloss. Dann schüttelte ich den Kopf und griff rasch zu dem Schlüssel, der dort steckte. Ich würde nicht darum herumkommen, ihm doch zu öffnen.
Immer noch in Eile, dass der junge Praktikant auch ja nicht den Schlüsseldienst rufen würde, zerrte ich an dem Schlüssel. Mit einem leisen Knirschen brach er auseinander, wobei eine Hälfte im Schloss verblieb. Entgeistert starrte ich auf den anderen Teil in meiner Hand.
Gisbert, der mich beobachtete, nickte und formte mit Daumen und Zeigefinger das OK - Zeichen. Dann wählte er die Nummer des Schlüsseldienstes.
Eine Stunde und fünfzehn Minuten später - pünktlich zum Ende meiner Mittagspause - stand Gisbert mir in meinem Büro gegenüber. Der Mann vom Schlüsseldienst - ständig blickte er grinsend auf den Fleck auf meiner Hose - war zufrieden abgerauscht, nachdem ich die Übernahme aller Kosten durch unsere Firma mit meiner Unterschrift bestätigt hatte. Immerhin musste das alte Schloss aufgebohrt und ersetzt werden. Es lag jetzt auf meinem Schreibtisch, zusammen mit dem Durchschlag des Arbeitszettels.
„Bernd schickt mich zu dir“, begann Gisbert jetzt. „Er meint, ich solle die gesamte Zeit über, die du an dem Auftrag arbeitest, an deiner Seite bleiben und Praxiserfahrung sammeln. Longum iter est per praecepta, breve et efficax per exempla.“
Ich stöhnte gequält auf. Wollte Bernd mich eigentlich in den Wahnsinn treiben? Ein paar Zeilen eines Liedes gingen mir durch den Kopf und plötzlich wusste ich, wie ich den Jungen zum Schweigen bringen würde: „Et Tring sät un deit och hück, wat et denk“, gab ich grinsend von mir.
Jetzt hatte ich ihn.
„Katharina sagt und tut auch heute, was sie denkt“, gab Gisbert den Text in Hochdeutsch wider. „Kölsches Liedgut“, erklärte er dann überflüssigerweise, da ich das alles nicht wissen wollte. „Es handelt sich dabei um das Lied: Et Hätz op der Zung. Allerdings erschließt sich mir nicht, was das mit ‚Longum iter est per praecepta, breve et efficax per exempla‘ - was ja übersetzt heißt: Lang ist der Weg durch Lehren, kurz und wirkungsvoll durch Beispiele - gemeinsam haben könnte.“
In diesem Moment beschloss ich, mit Bernd ein ernstes Wörtchen zu reden.
Die Wartezeit auf den Schlüsseldienst hatte ich dazu genutzt, am Düsseldorfer Flughafen anzurufen. Nach einigem Hin- und Her und nachdem ich durch viel Hinterfragen die Fluglinie, mit der Weser von Lublin nach Düsseldorf geflogen war, herausbekommen hatte, wurde ich schließlich mit der zuständigen Gepäckermittlung verbunden. Wie durch ein Wunder teilte man mir schon nach wenigen Minuten mit, dass ein Alukoffer gefunden worden wäre.
Fall gelöst!
Jetzt musste der Koffer lediglich noch dort abgeholt werden, wobei die Aufgabe mit Sicherheit wieder an mir hängen bleiben würde. Allerdings bräuchte ich eine Vollmacht des auf dem Flug registrierten Besitzers, wenn ich das nicht selbst wäre.
„Prima Gisbert, sehr sehr schön“, lobte ich den Praktikanten und hoffte, dass mein Sarkasmus auch genügend zum Ausdruck kam. „Da habe ich gleich eine hervorragende Praxisaufgabe für dich: Ich brauche von Herrn Weser eine Vollmacht, damit ich seinen Koffer abholen kann. Es sei denn, der Mann fährt selbst zum Flughafen ...“
„Der Koffer wurde gefunden?“, fragte Gisbert überflüssigerweise. „Da wird sich Herr Weser aber freuen.“
„Ja und er wird sich