Regen am Nil. Rainer Kilian
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Sie zog ihn an sich und gierig nach Liebe erforschten sie mit ihren Händen gegenseitig den Körper des anderen.
„Komm mit mir!“ Schnell zog sie ihn in ihre Privatgemächer und verriegelte die Türen. Senenmut küsste jeden Zentimeter ihrer Haut, den er von den Gewändern befreite. Sie ließ es geschehen. Ihr beider Verlangen machte sie Zeit und Raum vergessen. Ermattet fielen sie, dicht aneinander gedrängt, in einen leichten Schlaf. Erst ein Klopfen an der Tür holte sie in die Wirklichkeit zurück.
„Herrin, beeilt euch. Der Pharao ist angekommen!“ Erschrocken fuhren sie hoch.
„Es ist Inet, meine Amme. Zieh dich an und folge ihr schnell!“ Rasch sammelten sie ihre Gewänder zusammen, die auf dem Boden verstreut waren. Senenmut zog sich eilig an. Hatschepsut öffnete den Riegel der Tür und schob ihn hinaus.
„Folgt mir, Herr.“ Inet nahm ihn wie ein Kind bei der Hand und zog ihn in einen seitlichen Flur. Sie schob einen reich bestickten, mit den Göttern Thebens bestickten Teppich an der Wand beiseite, der eine geheime Tür verbarg. Eine Fackel in der Hand haltend, zog sie ihn durch einen schmalen Gang, der leicht gewunden abwärts führte. Sie mussten ein paar Fallgruben überwinden, die unerwünschte Eindringlinge fernhalten sollte. Im Dickicht des Papyrus endete der Gang unvermittelt am Nilufer.
„Ich danke dir, Inet. Ich bin froh, dass Hatschepsut eine so treue Dienerin hat.“
„Ich habe sie bei ihrer Geburt als Erste im Arm gehalten. Sie kam als eine Königin auf die Welt. Sie trug eine Krone aus Haut auf dem Kopf. Bei meinem Augenlicht habe ich geschworen, ihr treu zu dienen. Und ich habe zu allen Göttern gebetet, dass ihr ein starker Beschützer zur Seite steht. Sie wird ihn einst brauchen, wenn die Zeit gekommen ist!“, sprach sie geheimnisvoll und verschwand im Tunnel.
Senenmut kämpfte sich zum freien Ufer durch und konnte von Weitem die Horusbarke sehen. Kopfüber hing der Körper des abtrünnigen Nubierfürsten am Bug der Barke des Pharaos. Was für ein Tag für Ägypten! Aber die Worte Inets dämpften Senenmuts Freude und wirkten in seinen Gedanken nach.
Melina
Als die Sonne untergegangen war, wurde es schnell wieder kühler am Strand. Relativ gesehen, es war ja Hochsommer. Aber ich hatte schon reichlich Sonne getankt und mich etwas im Schatten gehalten, um nicht noch einen Sonnenbrand zu kassieren. Ich kehrte zurück ins Hotel, um mich frisch zu machen. Die Dusche befreite mich von dem Salz auf meiner Haut, aber nicht von meinen Gedanken. Diese Frau ging mir nicht aus dem Kopf. Nur weil sie so verflucht hübsch war, konnte sie noch lange nicht mit mir umspringen wie mit einem Dienstboten. Ich war ja selbst daran schuld, schließlich war ich es gewesen, der ihr das Zeug hin und her schleppte und seine Klappe nicht auf bekam. Wahrscheinlich ärgerte ich mich mehr über mich selbst und meine Sprachlosigkeit als über sie. Aber dass sie mich so ignoriert hatte und mit Ralf so tat, als wäre ich Luft! Das hatte mich schon getroffen.
Aber jetzt plagte mich der Hunger. Ich war bereit für die „Volta“. So nennen die Griechen das abendliche Flanieren. Sehen und gesehen werden war wichtig. Ich für meinen Teil strebte auf das Hafenrestaurant zu, das mich am ersten Abend so trefflich ernährt hatte. Auf das Spießrutenlaufen der Kellner war ich nicht scharf, also zog ich es vor, am Strand entlang zu schlendern. So ging ich der nervigen Anmache aus dem Weg. Heute Abend würde es Fisch sein. In der Vitrine suchte ich mir zwei Rotbarben aus. Als Vorspeise einen Salat aus Meeresfrüchten, Ochtapodia, ein Oktopus mit Zitrone und Öl. Einfach himmlisch! Dazu ein trockener Retsina, der einzige ausländische Wein, der mir als eingeborenem Rheingauer neben einem guten Riesling öfter über die Zunge kam. Wobei ich finde, dass die Santoriner Weine durchaus ebenfalls Gnade vor meinen Augen finden könnten.
An meinem reich gedeckten Tisch vergaß ich schnell den Groll über das Vorgefallene. Sollte sie doch Ralf kommandieren, er war es wohl gewohnt! Statt dessen amüsierte ich mich über das Treiben am Hafen. Stundenlang hätte ich sitzen können und nur die verschiedenen Charaktere studieren. Jede Fähre brachte eine neue Ladung Gäste ans Ufer, um die sich die Wirte stritten. Ein nie endendes Geschnatter, das mich faszinierte. Alles, was gesprochen wurde, konnte ich nicht verstehen. Aber einzelne Sätze und Worte ließen mich ahnen, dass die Pensionsbesitzer untereinander nicht immer freundlich gesonnen waren.
„Signomi, ine epitrepete? Entschuldigung, ist es erlaubt?“, wurde ich aus meinen Beobachtungen gerissen. An meinen Tisch war unbemerkt von mir Hat ..., ich meine, Melina herangetreten. Sie hatte ein rotes Sommerkleid an, das jeden Mann um den Verstand bringen musste. Ihr Parfum war frisch und sommerlich, und diese Augen! Sie blickte mich an, und ich sagte nichts. Lediglich meinen heruntergeklappten Unterkiefer bekam ich wieder zu.
„Parakalo? Bitte?“, fragte sie noch einmal nach.
„Ne, oriste! Ja, bitte!“, antwortete ich verdattert und wies auf den Stuhl gegenüber. Ihr Dekolleté wollte mich vollends vom Glauben abbringen, aber schlagartig fiel mir die Geschichte von heute Mittag ein. Noch einmal würde sie mich nicht zum Deppen machen! Mein Blick verfinsterte sich zusehends, was sie wohl veranlasste, vorerst ruhig zu bleiben.
„Sie kennen das Wort „bitte“?“, blaffte ich sie an, schärfer als ich eigentlich wollte. Sie sah auf ihre Hände, mit denen sie verlegen auf dem Tisch spielte.
„Sie haben allen Grund, böse auf mich zu sein“, gestand sie ein. „Aber bitte lassen Sie mich erklären ...“
„Da bin ich aber gespannt. Nun, ich höre!“
„Zuerst einmal entschuldigen Sie bitte mein Verhalten heute am Strand. Ich habe Sie für einen Angestellten von Ralf gehalten. Und nachdem Sie mich gesehen haben und es Sie umgehauen hat, habe ich Sie noch dazu für einen von der Sorte gehalten, der mit dieser Masche Frauen beeindrucken will.“
„Danke für ihre Einschätzung. Aber meine Balance-Probleme hatten einen anderen Grund“, offenbarte ich ihr.
„Auf jeden Fall hat mir Ralf gesagt, dass Sie auch nur ein Gast sind. Und deshalb noch einmal danke dafür, dass Sie mir mit dem Board geholfen haben.“
„Nichts zu danken.“ Ich war nur halb befriedigt. „Aber gehen Sie immer so respektvoll mit Angestellten um?“
„Ja, das tue ich. Vor allem mit Männern!“, gab sie unumwunden zu. Ich war wieder drauf und dran zu einer Bemerkung, aber sie erklärte weiter. „Da, wo ich lebe, gelten Frauen nicht allzu viel. Und in meinem Beruf habe ich viel mit Männern zu tun. Wenn ich mir keinen Respekt verschaffe, kann ich meinen Job vergessen. Und manchmal denke ich nicht daran, dass ich Feierabend habe. Bitte, verzeihen Sie mir!“
Sie legte ihre Hand auf meinen Arm und sah mich tief an. Diese Berührung elektrisierte mich vom Scheitel bis zur Fußsohle. Was sie wohl von Beruf war? Für diesen Blick aus ihren Augen war ich bereit, zu verzeihen.
„Also gut, ich vergebe Ihnen. Aber sind denn die griechischen Männer so schlimm?“ Sie lachte hell und bog dabei ihren Kopf nach hinten. Wie sie sich die dunklen Haare aus dem Gesicht strich, war faszinierend.
„Nein, die Griechen sind es nicht. Ich lebe in Ägypten!“
„In Ägy ...!?“ Das konnte doch kein Zufall mehr sein! Aber sollte ich denn gleich mit der Tür ins Haus fallen? Wie alt sind Sie? 3500 Jahre? Also nein, wirklich, ich hätte Sie höchstens auf 2000 geschätzt …
„Was