Silber. Hans.Joachim Steigertahl
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Nachdem Eginhard gegangen war, wandte sich Heinrich an Gernot: „Pack alles zusammen, was mir gehört – wenn Du nicht ganz sicher bist, lass es hier; pack auch Deine Sachen und tue alles Geld, das wir noch haben, in meinen Beutel. Rüstung und Waffen müssen blinken, mein Wappenmantel muss sauber sein - morgen geht es zurück!“
Heinrich trat aus dem Zelt, richtete seine Schritte hinunter zum Hafen und betrat das Kloster, das direkt an der Hafenmauer lag. Ein Soldat mit Harnisch und Pike vertrat ihm den Weg. „Meldet mich beim Prälaten Odo von Châteuroux, ich bin Heinrich, Landgraf von Thüringen und muss ihn dringend sprechen.“ Der Soldat zog sich zurück und erschien wenige Minuten später mit einer Geste des Zulassens. Heinrich trat in den Klosterhof und wurde von einem weiteren Soldaten in das ehemalige Refektorium geleitet, das Odo von Châteuroux als Empfangsraum diente. Odo saß auf einem erhobenen Stuhl, vor sich ein Tisch mit Pergamenten, Wachstafeln, Tellern, Pokalen, Obstresten, Büchern… Es schien ein Chaos, das ihm aber offensichtlich wenig ausmachte. Heinrich verbeugte sich und trug dann sein Anliegen vor: „Ich bin Heinrich, Landgraf von Thüringen aus dem Hause Wettin. Ich habe den Kreuzeid geschworen und bin bis hierher mitgekommen. Nun hat mich die Nachricht ereilt, dass meine Stammlande in Aufruhr stehen und ich ihrer verlustig gehen werde, wenn ich nicht zurückkehre und selbst die Rebellion beende. Ich habe aber den Kreuzeid geschworen. Wie kann ich ohne Verlust der ewigen Seligkeit diesem Konflikt entkommen?“ „ Das ist einfacher gesagt als getan, mein Sohn! Du solltest sofort zurückkehren, um dein Erbe zu sichern, und da du den Eid geschworen hast, kehrst Du anschließend zurück, machst der Kirche eine Schenkung und unterstützt den Heiligen Vater bei der Eroberung des Heiligen Landes!“ „So einfach?“ „Ja, so einfach! Ich werde dir eine Urkunde ausstellen lassen, die dir die Heimreise ermöglicht – der Zeitpunkt deiner Rückkehr in den Kampf und damit ins Paradies steht dir dann frei!“ „Ich danke Euch – das macht mir eine Entscheidung möglich, die mir das Ewige Leben und den Erhalt der Landgrafschaft Thüringen möglich machen könnte.“ Odo winkte einem der Mönche, die im Refektorium arbeiteten „Setz‘ eine Eidbefreiung auf den Namen Heinrich von Thüringen auf, heutiges Datum, wenn sie fertig ist, leg‘ sie mir zum Siegeln vor!“ Der Mönch verbeugte sich und ging an seinen Platz zurück. Als Heinrich sich ebenfalls verbeugte und nochmals danken wollte, sagte Odo: „Lasst sie heute Abend abholen und sagt Jean de Beaumont nicht, wie einfach es das Kirchenrecht macht, einen solchen Eid kurzfristig zu unterbrechen! Wenn er davon erführe und den König allein auf dem Kreuzzug ließe, wären wir in drei Wochen Pleite!“ Heinrich musste lächeln und versprach, Jean nichts zu sagen, auch wenn das sein Verhältnis zu seinem Vetter auf Dauer trüben sollte.
Als er ins Lager zurückkehrte, war von Beaumont nichts zu sehen, aber Gernot hatte die meisten Güter des Landgrafen bereits auf einem Haufen gesammelt, das Kettenhemd blinkte, die Farben des Umhangs mit dem thüringischen Wappen strahlten und als er seinen Herren kommen sah, lief er ihm entgegen und bestätigte, dass für ihn und Gernot Platz an Bord der Sambuke unter venezianischem Kommando sei, die am Abend auslaufen würde. Das Pferd allerdings könnten sie nicht mitnehmen, dafür sei das Schiff zu klein und zu voll. Heinrich überlegte kurz und rief dann einen der Knappen Jean de Beaumonts: „Dein Herr weiß, dass ich Zypern vorläufig verlassen muss. Nimm mein Schlachtross, präge auf dem Sattel die Initialen des Herzogs von Lothringen ein und lass‘ es ihn bei nächster Gelegenheit reiten – es gefiel ihm schon immer und soll mein Abschiedsgeschenk an ihn sein; sag ihm, dass ich zurückkommen und wieder am Kreuzzug teilnehmen werde, solange das Pferd lebt!“
Gernot kümmerte sich um seine Besitztümer; Jean war ärgerlich, aber durch sein Präsent könnte er ihn vielleicht wieder freundlich stimmen, sie waren schließlich Gefährten seit ihrer Kindheit; sein Seelenheil war nicht in Gefahr – eines drängte sich ihm aber noch auf, was er noch tun musste.
Wieder schritt er wie gestern Abend den Hügel hinauf, bog halblinks in die kleine Gasse ein und klopfte an das Tor mit den schweren Türflügeln und der Inschrift „Λεμεσός“ darüber. Als der Riese die Tür einen Spalt breit öffnete, sah er vor sich einen Ritter mit Kettenhemd und wappengeschmücktem Umhang und direkt vor seinen Augen auf der Hand des Ritters eine Silbermünze. „Leila“, sagte der Ritter nur, und an der Stimme erkannte der Wächter den Besucher von gestern. Er ließ ihn eintreten, aber nicht weitergehen, sondern pfiff laut durch die Finger, was einen Diener herbeirief, und sprach in einer für Heinrich völlig unverständlichen Sprache zu ihm. Der Diener verschwand wortlos und kehrte wenige Minuten später zurück, verbeugte sich und machte Heinrich ein Zeichen, ihm zu folgen und führte ihn in das Zimmer, in dem er gestern Abend schon gewesen war. Das Zimmer war aufgeräumt, aber Leila war nicht da. Das helle Sonnenlicht, das durch Tür und Fenster strahlte und den Luxus des Zimmers noch verdeutlichte, verdunkelte sich kurz. Leila kam von der Dachterrasse herein, in einem leichten, seidenen, weißen Kleid, ungeschminkt und noch schöner als in seiner Erinnerung.
„Herr Landgraf,“ war ihre leicht ironische Begrüßung, „ ich hätte trotz allem nicht gedacht, dass wir uns so schnell wiedersehen!“ Heinrich stutzte kurz, bis er die Ironie bemerkte und antwortete ernsthaft: „Ich hätte es selbst nicht geglaubt, aber ich musste kommen. Darf ich etwas bleiben?“ Wortlos wies sie auf die gepolsterten Stühle am Tisch. „ Ich muss zurück nach Deutschland. Ich habe Dir doch gestern erzählt, wie unsicher die Lage in meiner Herrschaft Thüringen noch ist – heute Morgen kam Nachricht, dass es schlimm steht. Deswegen muss ich zurück. Aber ich konnte nicht, ohne Dich noch einmal zu sehen!“ „Nur sehen?“ „Nein, nicht nur sehen, aber auch sehen!“ Sie stand auf, stellte sich hinter ihn, legte beide Hände auf seine Schultern und sagte: „Aber mit dieser Rüstung bist du nicht der, der gestern hier war, sondern mir fremd.“ Sie half ihm, das leichte Kettenhemd abzulegen und musste dann wieder leise lachen, denn er roch schon wieder wie ein Franze, nach Krieg und Ungutem. „In Wirklichkeit willst Du doch nur baden, oder?“ Sie lief ihm voraus ins Bad, klingelte mehrmals, weil natürlich keine Magd darauf vorbereitet war, jetzt ein heißes Bad zu richten, und als es endlich soweit war, kleidete sie ihn wieder aus und warf ihm den Schwamm zu. Sie selbst schlüpfte aus dem Kleid und kam dann zu ihm ins Wasser.
Im hellen Sonnenlicht war der unwirkliche Zauber der letzten Nacht verschwunden. Statt dessen sah Heinrich eine Frau vor sich, wie er sie sich in seinen Träumen nicht hätte vorstellen können und die jetzt doch neben ihm im warmen Wasser lag. Da sie, den Gebräuchen der Harems entsprechend, am ganzen Körper unbehaart war, wirkte sie im Licht noch nackter und verletzlicher als im Dämmerlicht des Abends – und noch anziehender. Sie seiften sich gegenseitig ein, und als der Schwamm sich dieses Mal um seinen Schaft wickelte, blieb er stehen und schaute Leila fasziniert zu, wie sie ihn befriedigte. Das Abtrocknen geschah langsam und mit Hingabe, galt es doch, jedes Fleckchen des anderen Körpers zu berühren. Getrocknet liefen sie zum Polsterbett. Als Leila sich wieder seiner Männlichkeit widmen wollte, schob er jedoch ihre Hände beiseite und begann, sie mit seinen Lippen zu liebkosen: er begann an ihrer Wange, glitt über die Halsbeuge, die Brüste, den ganzen Körper immer weiter hinab bis zu ihren Füßen, und als er den Weg zurück machte, hörte er voller Freude, wie sie leicht stöhnte und küsste sie mit ganzer Inbrunst, die sie sogleich erwiderte. Sie liebten sich fast ekstatisch und lagen dann unter einer leichten Decke aneinander gedrängt auf dem Polster und schauten in das helle Licht hinaus. „Leila, ich weiß, es klingt verrückt, aber glaube mir, ich komme wieder, und wenn ich dich dann noch hier finde, werde ich dich fragen, ob du vielleicht nur noch für mich da sein könntest – ist das sehr verrückt?“ „Nein, Henri,“ denn so hatte sie ihn gestern schon genannt, „wenn Du wiederkommst weiß ich, ob ich deine Frage bejahen kann. Jetzt halt mich noch einmal ganz fest, küss mich und geh – das Schiff wartet nicht auf dich!“
Ein befestigtes Haus an der Adriaküste, November 1248
Gernot saß im hintersten Winkel des Kerkers und