Silber. Hans.Joachim Steigertahl
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Gernot „der Kleine“, der älteste Sohn, hatte in Erfurt am Hof des Landgrafen das Ritterhandwerk gelernt, und zwar erfolgreich, er war im Turnier, im Tjost und auf der Jagd kaum zu schlagen, aber Gernot war schon als Kind besessen davon gewesen, ein richtiger Ritter zu werden. Cuno dagegen war ein Träumer, ihr Nesthäkchen, und von vielen Ideen begeistert, die zwar im Hause Steigerthal, vielleicht auch noch im Hause Hohnstein vorgebracht wurden, aber in sonst keinem ritterlichen Haus: welches Kind käme zum Beispiel von sich aus auf die Idee, vor dem Essen Hände waschen zu müssen – davon, dass er schnell etwas verstecken musste, wusste sie ja nichts. Er war fast dreizehn. Ein verspieltes, liebenswertes Kind mit dicken Backen und blonden Locken, die sie an ihre eigene Kindheitszeit erinnerten, obwohl es eigentlich sehr ungewöhnlich war, dass sie selbst tatsächlich blond und blauäugig war, war doch ihr Vater eher ein dunkler Typ. Ihre Mutter aus Dänemark war zwar auch hellhäutig, aber ihre Großmutter väterlicherseits, die Landgraf Heinrich aus Zypern mitgebracht hatte, als er nach dem Sieg über die Grafen sich wieder König Ludwig von Franzreich angeschlossen hatte, war schwarzhaarig, mit dunklem Teint und liebenswert wie keine andere Frau, die sie kannte. Was sie über ihren leiblichen Vater von ihr geerbt hatte, war die Fähigkeit, andere Menschen schnell einzuschätzen und ihre Gefühlslage zu erkennen, so dass sie sehr selten enttäuscht wurde, wenn sie versuchte etwas zu verstehen oder ihre Ideen durchzusetzen. Insgeheim lächelte sie, als sie daran dachte, wie sie die Einrichtung von Bädern auf Burg Steigerthal durchgesetzt hatte: Gernot hatte festgestellt, dass sie anders roch, als bei ihrer Ankunft auf der Burg oder im Haus ihres Vaters. Seitdem genoss sie das tägliche Bad! Diesmal aber wusste sie nicht, was sie durch setzten wollte. Das Angebot Hohnsteins war ehrenwert und würde der Familie insgesamt sicher weiterhelfen. Aber Cuno war doch noch so klein! Und er hatte Angst – das war klar, auch wenn sie ihn selbst noch nicht gesehen und gesprochen hatte, aber diese überdrehte Fröhlichkeit, die er zur Schau stellte, als er die Treppe hinaufgerannt war, die kannte sie gut. Immer, wenn er sich fürchtete, gab er vor, bester Dinge zu sein.
Cuno kam jetzt wieder die Treppe herabgestürmt und nahm seinen Platz neben der Mutter ein. Als er sah, dass auf ihrer Platte nichts lag, griff er sich die nächstbeste Schüssel, nahm ein gegrilltes Hühnchen, mit Äpfeln und Rosinen gefüllt, legte Ada einen Hühnchenschenkel vor, nahm sich den anderen und biss herzhaft hinein. Ada nagte an ihrem Stück herum, während Cuno unter der grinsenden Beobachtung des ganzen Tisches, eigentlich des ganzen Saales, nach Wildschwein und Brot griff. „Ich bin so gerannt“, sagte er, als der Mund kurz leer war, „ich glaube, ich könnte ein ganzes Schwein essen!“ und biss wieder zu.
Als er seinen ersten Hunger ausreichend gestillt hatte, beugte er sich vor, blinzelte seinem Vater und seinem Patenonkel zu: „Habe alles erledigt“, und widmete sich dem Rest seines Fleischstückes. „Dann können wir ja zu Werkgehen!“ antwortete Hohnstein lächelnd und wandte sich an den Alten: “Könnt Ihr das Gesinde vom Zwinger fernhalten, so dass niemand das Holzkohlefeuer und uns sehen kann?“ „ Leute“, wandte sich Gernot der Ältere von Steigerthal an alle im Saal: „Ihr wisst, was gestern Abend passiert ist. Unser hoher Gast und ich werden heute Abend versuchen, eine Gegenwehr zu probieren, die den nächsten Angriff zumindest erschweren wird. Deshalb ein klarer Befehl: Alle, die heute Nacht nicht in der Burg bleiben, verlassen jetzt die Mauern. Die Wachtposten zu mir. Auf euer Wohl“, und er leerte seinen Pokal, „ und gute Nacht!“ Die für die Nachtwache eingeteilten Männer näherten sich dem erhöhten Tisch, erhielten ihre Instruktionen, einschließlich einer geänderten Parole, alle anderen leerten ihre Trinkgefäße, standen auf und räumten den Saal. Die Mägde eilten, alle Überreste des Abendessens wegzuräumen, da viele von ihnen drüben im Dorf wohnten und die Nacht nicht hier in der Burg verbringen wollten. Hohnstein und die Familie erhoben sich und verließen den Saal nicht über die Treppe nach oben zu den Wohnräumen, sondern durch das Tor hinaus in den Hofraum. „Was geht hier vor?“ fragte Ada, die zwar die Ereignisse kannte, nicht aber die Idee des Lösungsversuchs. „Mutter“, Cuno war der Schnellste, „der Landgraf braucht das Silber, das die Banditen uns gestohlen haben. Und da wir es so schnell nicht aus dem Berg holen können, müssen wir etwas anderes versuchen!“ „Cuno hat recht“, gab Hohnstein zu. „Wir müssen in dieser Notlage mit dem Möglichen auskommen, und deswegen, Burschen, holt, was ihr zu holen habt!“ Der Kleine und Cuno stoben davon, während Graf Hohnstein Ada seinen Arm anbot und sie durch den Lichthof in den Zwinger führte.
Der Köhler hatte in der Tat einen Berg Holzkohle herbeigebracht und ihn in der Ausbuchtung der südlichen Bastei der Wallmauer abgelegt. Der Alte bereitete mit wenig Zunder, Kienspan und kleinen Kohlestücken das Feuer vor und zündete es an. Während die Flamme Kraft bekam, eilten alle, die nicht bleiben wollten oder sollten, durch den Zwinger hindurch zum Tor, und sowie die Wachtposten nachgezählt hatten, dass alle Nichtbewohner die Burg verlassen hatten, schlossen sie das Tor und hoben die Zugbrücke über dem Wallgraben, nicht ohne den Gehenden zuzuraunen, dass man so etwas wie eine neue Kanone ausprobieren wolle.
Ada stand wortlos dabei und als ihre beiden Jungen wieder da waren, ahnte sie, was beabsichtigt war: „Ihr wollt nicht wirklich die ehrlichen thüringischen Thaler verschneiden?“ fragte sie empört. „Von Wollen keine Spur“, übernahm Hohnstein die Antwort. „Aber wenn wir bis September keine Thaler im Wert von 150 Pfund gemünzt haben, ist die Herrschaft Friedrichs von Thüringen Eures Vaters, sehr in Gefahr; seit Generationen bemühen wir Hohnsteins uns, die Landgrafschaft zu finanzieren. Wenn also wirklich nicht genügend Silber da ist, müssen wir aus dem bisschen Silber eben mehr Silber machen, wenn wir verhindern wollen, dass in Thüringen wieder der Kampf um die Herrschaft ausbricht. Aber“, und damit kam er dem Einwand Adas zuvor, „wir kennzeichnen diese Münzen, so dass wir sie im Lauf der Jahre wieder durch wirklichen Silbermünzen ersetzten können. Dafür allerdings“ und er schaute Gernot und Cuno an, „dafür müssen wir allerdings lernen, wie wir die Silberausbeute erhöhen.“ „Es ist also ganz wichtig, dass ich nach Böhmen zu dem Herrn Boleslav gehe? Den Nachnamen kann ich mir nicht merken, aber ich habe ihn ja heute auch das erste Mal gehört“ „Ja, Cuno. Es geht natürlich um dich und deine Familie, aber es geht auch um viel mehr – deswegen habe ich dir ja auch die Antwort offen gelassen und dir Zeit zum Überlegen gegeben. Aber jetzt: zur Sache! Kleiner, kannst du die Glut noch etwas anfachen? Hier, nimm den Sack, in dem die Holzkohle gebracht wurde und fächle. Und du, Cuno, lauf hinein und hole uns die Schmelztiegel.“ Als Cuno zurückkam, glühte die Kohle tiefrot. Der Alte nahm ein Stück Silber aus der Tasche: „Das ist genau ein Lot, also der sechzehnte Teil einer Kölner Mark, der normalerweise für einen Thüringer Thaler gebraucht wird,“ und gab ihn in den Tiegel, den der Kleine schon sicher auf der Glut platziert hatte. Nach wenigen Minuten begann das Silberstück zu schmelzen. „Jetzt beobachtet genau, wie es aussieht und wie es sich bewegt, und du Gernot, lege die bleierne Handrohrkugel ebenfalls in die Pfanne.“ Gespannt beobachteten fünf Augenpaare, was in der irdenen Pfanne geschah: auch das Blei fing an zu schmelzen und der Alte begann, mit Hilfe eines Holzscheits die beiden flüssigen Metalle zu vermischen. Zuerst sank das Blei unter das Silber, aber mit einigem Rühren entstand eine Mischung, die reinem Silber sehr ähnlich