Silber. Hans.Joachim Steigertahl

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Silber - Hans.Joachim Steigertahl

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von Thüringen, angetan mit dem wappengeschmückten Kettenhemd seiner Vorfahren, wehendem Mantel, Schild und Schwert, begleitet nur von Gernot, der sich um das Gepäck kümmerte, den venezianischen Schnellsegler bestieg. Es war eine Sambuke, ein zweimastiges Segelschiff, das eigentlich nur in der arabischen Welt vorkommt. Aber die Venezianer hatten einige dieser Schiffe mit den leicht nach vorne geneigten Großmasten und den nach hinten geneigten Besanmasten gekapert und benutzten sie als Botenschiffe und schnelle Transporter. Heinrich erhielt einen Platz in der einzigen Kajüte, Gernot wurde mit dem Gepäck im Laderaum einquartiert, wo er auf die Knechte der anderen Mitreisenden traf. Sie musterten ihn von oben bis unten und fragten dann in gebrochenem Französisch, wer sein Herr sei. „Ein thüringischer Ritter aus dem Gefolge des Lothringers. Und eure Herren?“ „Geht dich nichts an!“ Schon da hatte er das Gefühl, dass die Fahrt nicht sehr erfreulich werden würde. Aber die paar Tage auf See würde er schon überstehen, solange kein Sturm aufkäme! Er lehnte sich an den Ballen mit dem Gepäck des Landgrafs und versuchte, es sich so gemütlich wie möglich zu machen. Die anderen Kerle steckten die Köpfe wieder zusammen und schnatterten in einer Sprache, die er für einen italienischen Dialekt hielt. Noch bevor sie ablegten, war er eingeschlafen.

      „He, du da, dein Herr will etwas von dir!“ – unsanft wurde Gernot dabei an der Schulter gerüttelt. Er schlug die Augen auf und sah einen der Matrosen vor sich, der mit der anderen Hand nach oben zur Kajüte deutete. „Und sehr erfreut schien er nicht, als du auf sein Rufen nicht gekommen bist!“ Grinsend half er ihm aufstehen und überließ ihn seinem Schicksal.

      Gernot kletterte die Leiter hoch, die den Laderaum mit dem Deck verband und erklomm dann die wenigen Stufen zur Kajüte. Bevor er anklopfen konnte, flog die Tür auf und ein in Seide und Brokat gekleideter Mann stürmte hinaus, ein anderer im dunklen Ornat der venezianischen Kaufleute lief hinterher: „No parli en la prossimità dé altri de questa materia!“Aber der Reichgekleidete war schon an den Bug gestürmt, wo er, den Blick auf die Wellen, verharrte. Der Kaufmann drehte sich um, schüttelte den Kopf und sagte noch etwas wie „Cretino“ und ging zurück in die Kajüte.

      Als der Steigerthaler nach ihm eintrat, sah er, dass die Herren wohl beim Essen gesessen hatten, bevor es zum Streit kam: Ein Stuhl lag auf dem Kajütenboden, die Scherben eines Trinkglases aus buntem Murano-Glas lagen daneben und Heinrich von Thüringen saß mitten drin und schüttelte nur den Kopf. „Die ganze Geschichte ist faul, und wenn ich könnte, würde ich mit der Sambuke sofort nach Lemesós zurückkehren. Hol mir mein Schwert und den Helm, ich weiß noch nicht, mit wem sich hier wer schlagen will!“ Als Gernot den Raum verließ, folgte er ihm: „Du musst auf alles gefasst sein: soweit ich die beiden verstanden habe, holt das Schiff normalerweise nur die monatlichen Erträge der von Sklaven auf Zypern ausgebeuteten Kupferminen, sie gehören ja seit ewigen Zeiten den Venezianern. Aber diesmal ist offensichtlich noch mehr an Bord, ich glaube, dass es die Entschädigung König Ludwigs für den Verlust der zehn Galeeren und der Brigantine ist, die neulich Schiffbruch erlitten haben, du warst dabei, als Jean de Beaumont wegen der Kosten fluchte. Und der Kaufmann will natürlich nicht, dass bekannt wird, was alles an Bord ist, weil er fürchtet, dass durch irgendwelche Zeichen eine Person an Bord – und sie verdächtigen natürlich uns – Piraten einen Hinweis geben könnte.“ „Was tut oder ist der andere, der vorne am Bug?“ „Das ist ein Ritter des Ordens vom Hl. Johannes zu Jerusalem, die darauf hoffen, dass der Papst ihnen für die Unterstützung in den Kreuzzügen Zypern bald als Lehen übergegeben wird, und damit natürlich auch die Kupferminen. Und er behauptet jetzt, dass die Venezianer viel mehr Kupfer herausholten, als sie je zugegeben haben und nichts mehr zu holen sei.“

      Nun war es an Gernot, den Kopf zu schütteln, er verstand eigentlich gar nichts mehr. Nachdem er Heinrich Schwert und Helm gebracht hatte, lehnte er an der Reling und schaute hinüber nach Zypern: sie umrundeten gerade Cap Gata, die Halbinsel südlich von Lemesós, die dessen Hafen vor den häufigsten Stürmen schützte. Mit einigem Glück und entsprechendem Wind, dem aus Osten blasenden Levante, würden sie, so hatte der Bote Eginhard gesagt, in einer Woche Kreta passiert haben und dann nordwestlich in die Adria hineinsegeln, immer nah genug am Ufer, um die Küste noch zu erkennen, aber weit genug, um vor Piraten flüchten zu können. Die Informationen, die ihm Heinrich gegeben hatte, damit er Vorsicht walten lassen könnte, konnte er nur mühsam verarbeiten. „Was bedeutet das für uns?“ „Wir müssen uns, bis wir in Venedig sind, so gut wie möglich nur auf uns selbst verlassen, deshalb habe ich dich auch rufen lassen – du im Laderaum, ich hier in der Kajüte. Und wenn etwas Seltsames passiert“ hier unterbrach er sich und suchte in seinem Mantel etwas „bläst, wer immer es entdeckt, auf dieser Pfeife, meiner Hirschjagdpfeife, und warnt den anderen – hast du verstanden?“ Gernot nickte und war entlassen. Als er wieder unten im Laderaum ankam, merkte er, dass auch die Knechte gestritten hatten: drei waren in die Ecke gedrängt worden und wurden von zwei breitschultrigen Kerlen bewacht, während die restlichen beiden die Ladung durchstöberten – auch Gernots Gepäck. „Pfoten weg, sonst sind die Pfoten weg!“ rief er ihnen zu, zog sein Messer aus dem Gürtel und stellte sich auf. Obwohl sie wohl kein Deutsch konnten, verstanden die zwei ihn sehr gut und widmeten sich dem Rest der Ladung. Und sie waren gerade den ersten Tag auf See!

      Die Tage vergingen langsam, aber ereignislos. Gernot hatte schon fast vergessen, was ihm Heinrich am ersten Tag eingeschärft hatte, und er war auch nie wieder in die Kajüte gerufen worden. Morgens erhob er sich, stürzte sich nach der Sitte der Mannschaft mit einem Tau um die Hüfte ins Meer, erleichterte sich und zog sich dann wieder an Bord. Dann holte er sich sein trockenes Brot, seinen Löffel Olivenöl und das wenige Wasser, das ihnen zugeteilt wurde, und stellte sich mit einer leichten Angelrute an die Reling, immer auf einen Fang hoffend, den ihm der Schiffskoch mit einer Extra-Ration bezahlte. Die drei eingeschüchterten Venezianer gesellten sich häufig zu ihm, und auch wenn sie nicht miteinander reden konnten, gab es freundliche und Verständnis zeigende Gesten zwischen ihnen. Gernot hatte herausgefunden, dass die drei die Knechte des Kaufmanns waren, während die anderen vier dem Johanniter dienten. Zu gern hätte er gewusst, worum der Streit am ersten Tag gegangen war!

      Wie Eginhard ihm angekündigt hatte, wechselte die Sambuke am achten Tag den Kurs und segelte nach Nordosten, aber das bedeutete auch, dass sie immer wieder vor dem Wind kreuzen mussten und dadurch recht langsam wurden. „Man hätte Venedig wo anders bauen sollen,“ hörte Gernot an einem Vormittag den Steuermann brummen, „dann wären wir schneller da!“ Doch die Langeweile der ereignislosen Reise ließ alle Eindrücke verschwimmen, die Geschwindigkeit des Schiffs spielte für die Passagiere kaum noch eine Rolle.

      Am zehnten Tag kam Sturm auf. Der Levante blies heftig, und wenn sie nicht an die kalabrische Küste gedrückt werden wollten, musste die Sambuke mit immer kürzeren Wenden der Windgewalt trotzen, was immer wieder dazu führte, dass sie der Balkanküste sehr nahe kamen. Die Matrosen waren vom ständigen Wenden ermüdet, die Rahsegel an Haupt- und Besanmast standen unter vollem Winddruck, zum Sturm kam peitschender Regen, der alle durchnässte. Und alle, ob Venezianer oder Thüringer, Ritter oder Knechte, mussten sich am Ausschöpfen des Schiffs beteiligen, was vor allem die Herren und Landgraf Heinrich erzürnte, aber nur so war die Fahrt fortzusetzen – und im Windschatten der Küste Schutz zu suchen, kam für keinen in Frage. Zu Sturm und Regen gesellte sich Blitz und Donner. Lichtexplosion folgte auf Lichtexplosion, krachender Donner auf krachenden Donner.

      Als ein dumpfer Schlag erklang, war das für die Mannschaft und die Passagiere völlig ohne Bedeutung, bis der Steuermann plötzlich schrie: „Piraten!“ Zwar hörten nur die Nächststehenden den Schrei, gaben ihn aber weiter, so dass sich alle an Bord schnell der Gefahr bewusst wurden, aber zu spät: Sonnenverbrannte Gestalten, die sich an Enterhaken über die Bordwand zogen, stürzten sich, den Krummsäbel schwingend, ein Messer quer zwischen den Zähnen, auf die Menschen an Bord, die sich nur mit ihren Schöpfkellen, Tauenden oder Baumniederholern verteidigen konnten. Der Kampf war kurz: Mannschaft, Kapitän, die venezianischen Knechte, der Kaufmann, Heinrich und Genot wurden an Händen und Füßen gebunden und an die Bordwand gefesselt, so dass sie zwar schöpfen, aber sich nicht mehr wehren konnten, als plötzlich aus der Kajüte der gerüstete Johanniter mit seinen vier Knechten

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