Silber. Hans.Joachim Steigertahl

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Silber - Hans.Joachim Steigertahl

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zischte, Funken sprühten, stinkender Dampf stieg auf.

      Als Hohnstein vorsichtig ein Birkenblatt auf das Metall legte, schrumpelte es zwar zusammen, entzündete sich aber nicht. Daraufhin zog sich der Alte einen Falknerhandschuh über, hob den Tiegel vorsichtig auf und trat unter eine Fackel, die den Durchgang vom Lichthof zum Zwinger beleuchtete: „Das sieht jeder Fachmann, dass das kein reines Silber ist. Wie schwer,“ wandte er sich an seinen ältesten Sohn „war die Handrohrkugel?“ „Etwa drei Lot.“ „Dann fache die Glut nochmal an – wir trennen Blei und Silber und dann nehmen wir nur die Hälfte vom Blei!“ Wie beim ersten Versuch sank das geschmolzene Blei unter das geschmolzene Silber, und diesmal goss Gernot vorsichtig Silber aus der Pfanne in den anderen Tiegel. „Halt die Pfanne gut fest!“ flüsterte er dem Kleinen zu und benutzte seinen Holzscheit von vorhin, um etwa die Hälfte des flüssigen Bleis aus der Pfanne zu schieben. „Jetzt das Silber wieder dazu“ und warf Cuno den Handschuh hinüber. Der nahm vorsichtig das immer noch sehr heiße Silber auf und gab es in die Pfanne. Wieder wurden die beiden Metalle miteinander verrührt, und als der Alte diesmal das neue Gemisch in den Tiegel gab, sahen alle, dass es jetzt aussah wie reines Silber. Der Alte richtete sich auf und schaute Hohnstein und Ada an: „Wenn das beim Schlagen der Münzen keine Fehlstellen zeigt, dann ist Euer Problem und das des Landgrafen gelöst! Meines – unseres, nämlich das der Ehre und der Wahrheit, bleibt bestehen, aber Ihr beschriebt ja vorhin, dass ohne die Münzen die Herrschaft gefährdet sei und Bürgerkrieg drohe, und da gäbe ich eher meine Ehre, die ja sowieso keiner ernst nimmt, her, um das zu verhindern!“ Sprach‘s, wandte sich abrupt um und ging durch den Lichthof zurück in den Saal. Ada lief ihm nach und schloss die Tür hinter sich.

      „Nun, ihr Burschen, Euer Vater hat schon Recht: Betrug sollte nicht sein. Und Betrug lohnt sich nicht. Aber in diesem Fall seid nicht Ihr und der Vater diejenigen, die etwas Unrechtes tun, sondern ich werde es zu lassen, indem ich einen meiner Leute mit dem Prägestempel herschicke, wenn wir die Mischung beim Münzenschlagen ausprobiert haben, und er wird genau die benötigte Menge Blei und einige vertrauenswürdige Bewaffnete mitbringen. Ihr müsst nur dafür sorgen, dass der Schachtturm wieder aufgebaut wird, Eure Steiger fleißig arbeiten und die Knechte und die Bauern an den Wochenenden eine Sicherungskammer errichten, die größer und stärker sein muss als die bisherige! Und schaut, dass ihr einen Schmelzofen baut, der mehr Hitze entwickelt als der alte, da hat es immer ewig gedauert, bis das Silber ausgeschmolzen war! So, und du, Cuno, überlegst bis zum Herbst, ob du im Frühjahr zu Boleslav Przsymel als Knappe willst, damit du dich noch vorbereiten kannst und uns keine Schande machst. Jetzt lasst uns hineingehen, euer Vater wird sich schon beruhigen, wenn ihr ihm berichtet, was ich gerade gesagt habe!“

      Der lange Weg, Frühjahr 1317

      Als Cuno und sein Bruder Gernot in Steigerthal aufbrachen, meinte es das Wetter gut mit ihnen: Die Wege waren trocken, der leichte Wind umspielte die gerüsteten Gestalten, die Sonne schien gerade so, dass es angenehm war zu reiten.

      Cuno - nur sein Vater nannte ihn jetzt Cuonrad – hatte lange darüber nachgegrübelt, ob er es sich zutraute, nach Iglau zu gehen und viele Jahre weit weg von Mutter und Vater zu verbringen. Er hatte mit dem alten Gernot gesprochen, und mit seinem Bruder, er hatte viele Zeit mit seiner Mutter Ada verbracht und auch seinen Spielkameraden in Burg und Dorf erzählt, was ihm möglicherweise bevorstand.

      Er war jetzt dreizehn Jahre alt, fast das Alter, in dem man als Knappe auf eine befreundete Burg ging, um das Ritterhandwerk – oder wie seine Mutter sagte, das Kriegshandwerk – zu lernen. Er war relativ groß für sein Alter, das viele Trainieren mit den Stallburschen und seinem Bruder hatte Schulter und Brustkorb ein wenig geweitet, das Blondhaar des Vaters hatte er zu seinem Leidwesen als Lockenkopf geerbt, aber dafür die schwarzen Augen seiner zypriotischen Urgroßmutter – ein ansehnliches Kerlchen, wie Ada ab und an scherzte. All seine Kameraden beneideten ihn um die Möglichkeit, an einem andern Ort weiterzuleben, auch wenn keiner seine Angst davor zugegeben hätte. Cuno hatte versucht, sein Reiten, Schwimmen und Bogenschießen zu verbessern und seine Manieren zu vervollkommnen. Seine Mutter, Gernot und selbst sein Vater hatten das letzte Jahr viel Zeit dafür verwendet, auch Cunos Lesen, Schreiben und Singen zu vervollkommnen, wobei ihm das Singen am meisten Spaß machte – vielleicht weil er es bei Ada, seiner Mutter, lernte?

      Auf jeden Fall war er jetzt gerüstet für die Knappenzeit in Iglau. Sein Vater hatte ihm mit vielen Geschichten über die Familie der Steigerthals und des Bergbaus klargemacht, wie wichtig es wäre, wenn er, Cuno, als Zweitgeborener, der das Lehen ja doch nicht übernehmen könne, Ritterschaft und Bergwerkskunst verbinden könne. Wichtig für Steigerthal, wichtig für Thüringen und die Familie seiner Mutter, wichtig aber auch für das Reich, in dem die Kämpfe um die Vorherrschaft einzelner Familiengeschlechter mehr Opfer forderten als die Unbilden des Wetters und der daraus folgende Hunger. Sein Pate, Graf Cuonrad von Hohnstein, hatte sich bei seinen zahlreichen Besuchen bemüht, den einen oder den anderen Aspekt genauer zu beleuchten.

      Ohne das Silber aus Steigerthal und den Nachbartälern würde das Geschlecht der Wettiner kaum in der Lage sein, die Freiheit der Landgrafschaft Thüringen und seiner Bewohner zu sichern; das Fürstentum würde an die Luxemburger oder die Welfen fallen, Steuern in unermesslicher Höhe zur Finanzierung der Kriege um den Erhalt der Macht im Deutschen Reich würden die Leute verarmen lassen. Ohne das Silber aus Thüringen – und aus Böhmen – wären alle Fürsten auf die Kredite der jüdischen Geldhäuser angewiesen, die schon jetzt ihre Zinssätze nach Belieben festlegten… Auch was „Zinssätze“ bedeutete, hatte Cuno gelernt!

      Und aus dem Abend, als Hohnstein unter widerwilliger Mitarbeit des Ritters Steigerthal ausprobiert hatte, wieweit man reines Silber „verschneiden“, also mit anderen Metallen verdünnen konnte, hatte er einiges zu lernen gehabt:

      Da war die Frage der Ehre und der Wahrheit, da war aber auch die Frage, wie man Frieden am besten sichern könne; da war die Frage, wie sich die Ergiebigkeit der Schächte erhöhen ließe; da war die Frage, wie man aus den gebrochenen Gesteinsbrocken auch noch die letzten Reste an Edelmetall herauslösen könne; und dann war die entscheidende Frage, was er, Cuno, dazu beitragen könne und müsse.

      All das ging Cuno durch den Kopf, als er den Händedruck seines Vaters und die letzte tränenreiche Umarmung seiner Mutter noch direkt spürte. Sein Bruder ritt voraus, den wohlbekannten Weg nach Nordhausen, wo sich noch einige seiner Freunde aus der Knappenzeit am Hof zur Reisegesellschaft gesellen wollten. Dem Abt des Klosters Himmelgarten war noch eine Nachricht zu überbringen und ein wertvoller Kelch, damit die Mönche für das Heil der Reisenden beten würden.

      Die beiden Knechte aus Steigerthal, kaum älter als Cuno, die sich freiwillig der Reise angeschlossen hatten, um etwas von der Welt zu sehen, bildeten mit den beiden Packpferden die Nachhut. Ein fröhlicher Trompetenstoß aus der Wachstube, ein letztes Winken, die bis zum letzten Haus des Dorfes neben den Reitern herlaufende Schar der Dorfkinder – dann begann das Abenteuer.

      Nach ereignislosem Ritt passierten sie gegen Abend das schwere Tor des Klosters Himmelgarten und wurden am südlichen Rand der Klosteranlage zu den Unterkünften für die edlen Reisenden gebracht. Die Knechte gingen die Pferde versorgen und bezogen in der Nähe der Stallungen ihr Quartier. Gernot traf vor dem Haus der Gäste schon seine Freunde aus alten Zeiten und begrüßte sie herzlich, nachdem sie Abt Ono, der gerade erst wenige Wochen das Kloster leitete, ihre Aufwartung gemacht hatten.

      Heinrich von Hohnstein, der Sohn des reichsgräflichen Münzmeisters, der Cunos Pate war, hatte sich schon seit Monaten auf die Reise vorbereitet, denn auch er wollte von Boleslav Přemisl so viel wie möglich über die Gewinnung von Silber lernen; aber sein Vater hatte ihm aufgetragen, sich zurückzuhalten und keineswegs als Konkurrent zu erscheinen. Cuno kam aus einem kleinen Rittergeschlecht, der würde für Boleslav harmlos sein; aber der Sohn und Erbe des wichtigsten Beraters des benachbarten Fürstentums, eben der Landgrafschaft Thüringen, war schon eine andere Gefahr für die Macht und den Reichtum

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