Silber. Hans.Joachim Steigertahl
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Da hatte Salomon Herschel die Flucht ergriffen, denn der Streit über die Herrschaft von Böhmen zwischen Jan von Luxemburg, dem Gatten Elisabeths, der letzten aus dem Hause Przemysl, und den Habsburgern als Grafen von Österreich hatte die Lage in Prag noch verschlechtert. Deshalb hatte Salomon alles Hab und Gut verkauft und sich mit seiner Familie auf den Weg nach Thüringen gemacht, wo er hoffte, unter dem Schutz des Hauses Wettin sicherer leben zu können, bewacht von 10 schwerbewaffneten jüdischen Knechten, die sich nun – weil christliche Ritter zu Gast waren - unbewaffnet rund um das Feuer auf Holzklötzen zur Magd gesetzt hatten.
„Wir haben den Weg von Prag hierher fast ohne Pause zurückgelegt, deshalb sind wir froh, wieder einmal richtig zu essen. Lasst es euch als unsere Gäste schmecken.“ Mit diesen Worten winkte er der alten Magd, die für jeden eine irdene Schale brachte, in die sie von der Suppe geschöpft hatte, die sie seit Stunden kochte. Salomon sprach ein kurzes Gebet und alle griffen zu den Löffeln, denn auch die Thüringer hatten längst Hunger bekommen.
Verblüfft schauten sie nach dem ersten Löffel auf. „Das ist keine Suppe, sondern ein paradiesisches Gericht“ sprach Heinrich von Hohnstein für alle. „Was ist das?“ Die ganze Händlerfamilie lächelte, auch Rebecca, und Sara antwortete für ihre Seite: „Es ist eine Suppe, die wir eigentlich immer am Schawuot, ihr Christen nennt es Pfingsten, kochen und deshalb waren wir wirklich froh, als ihr euer Lager gegenüber aufgeschlagen habt, denn zu Schawuot teilt man das Mahl mit Nachbarn und Freunden. Deshalb hat Marja, unsere alte treue Magd, auch eine solche Menge gekocht – man weiß ja nie, wieviele Gäste kommen! Was es ist, habt ihr gefragt“ und sie war so in ihrem Element, dass sie gar nicht mehr verschüchtert wirkte und Hohnstein offen anschaute, „Schawuot ist das Fest der Weizenernte, und deshalb ist Weizen das Wichtigste in der Suppe, Damit sie aber Geschmack bekommt, wird der Weizen vorher in Honig angeröstet und dann mit Brühe aufgefüllt, in der vorher lange Rinderhüften gekocht wurden. Dann kommen Lauch, Zwiebeln, türkischer Kümmel, Minze und Rosinen dazu, am Schluss feingeschnittenes Fleisch vom vorher in der Brühe gekochten Rind.“ Während sie noch erklärte, hatte Cuno seine Schale schon geleert und eine grinsende Rebecca ging ihm Nachschub holen. Er bedankte sich und ließ schnell den Kopf sinken, damit sie nicht sehen konnte, dass er rot geworden war – es ärgerte ihn immer, aber er wusste nicht, wie er es verhindern könnte.
Als auch die anderen ihre Schalen geleert hatten, brachte die alte Marja das Zicklein, das sie vorher gegrillt hatte; Salomon verteilte das Fleisch, brach das ungesäuerte frisch gebackene Brot und lies den Korb herumgehen. Dann holte Schmul aus einem der Karren Becher und einen Weinschlauch, stellte Becher vor die Männer und goss dunkelroten Wein ein. „Zum Wohlsein! Und bevor ihr fragen müsst: Es ist Malvasier von der Insel Kreta…“ Der schwere, süße Wein passte hervorragend zum knusprigem Ziegenfleisch und es dauerte nicht lange, bis Schmul den nächsten Weinschlauch holen musste.
Die Knechte und die alte Marja hatten ein zweites Zicklein gegessen. Der Wein blieb allerdings an der Tafel. Als das Feuer eigentlich nur noch Glut war, legte die Alte ein großes, rundes Blech darauf und verstrich einen dünnen Teig mit einem Holzlöffel; der Duft von Pfannkuchen war bald nicht mehr zu verkennen, Marja strich eine braune Masse auf den Pfannkuchen, nahm ihn aus der Glut, rollte ihn zusammen und schnitt dann Streifen ab, die sie allen auf ihre Schalen legte: Pfannkuchen-Roulade mit Feigencreme.
Gesättigt, fingen beide Gruppen an zu berichten und zu diskutieren, über alles außer Religion! Cuno wurde es langweilig und er fragte seinen Bruder leise, ob er ins Lager gehen könne, er würde ihre Knechte ablösen, die auch was von dem Festmahl abbekommen sollten. Gernot beugte sich zu ihm: „Wenn ich dich nicht kennen würde, hielte ich dich jetzt für einen sooo guten Menschen! Aber da ich dich kenne: bitte die Alte um etwas Suppe und zieh ab, um Wolf damit zu füttern.“ Cuno sprang auf und ging mit seiner Schale zu den Bediensteten ans Feuer. Noch bevor er um Suppe bitten konnte, war Rebecca neben ihm und fragte völlig verwundert: „Bist Du etwa immer noch nicht satt?“ „Nein, doch, es ist halt so …“ unwohl drehte er sich zu ihr und flüsterte: „Ich habe vor einer Woche ein ganz kleines Wolfsjunges gefunden und es ist schwierig, für es etwas zu essen zu bekommen, da es noch nicht kauen kann, und da dachte ich, die Suppe wäre gut.“ Sie nahm ihm die Schale ab, füllte sie zum dritten Mal, drückte sie ihm in die Hände und befahl: „Geh du voran, du weißt, wo die Trittsteine liegen“, und schob ihn an das Ufer des Baches. Cuno hüpfte hinüber und wurde sofort von dem mauzenden Fellbündel begrüßt, das ihn mit der Schnauze ans Bein stupste, um Zuwendung bettelnd. Cuno schickte die beiden Knechte hinüber und sagte, dass er die Wache übernähme. Als er die Schale auf den Boden stellte, war er für Wolf allerdings nicht mehr von Bedeutung. Der Kleine stand da und schlabberte die Suppe in sich hinein, so schnell er konnte, „Ist der aber putzig!“ „Ja, das fand ich auch, und viel zu schade zum gleich Sterben“, und er erzählte ihr, wie er zu Wolf gekommen war. Während sie zusahen, wie er fraß, hörte man plötzlich von der anderen Seite zum ersten Mal die erhobene Stimme von Tasso von Weinbergen: „Gut, ich werde etwas singen, aber es ist nicht von mir, sondern von Süßkind von Trimberg, einem Glaubensbruder von euch.“ Er hatte vorher schon einen der Knechte zurückgechickt, um die Laute zu holen und fing nun nach einem kurzen Vorspiel mit seiner vollen, für einen Mann relativ hellen Stimme zu singen an:
„ Ich habe immer von Mannheit, der Tapferkeit, gesungen,
von maßvollem Leben,
von Treue und Freigiebigkeit der Ritter und Herren.
Der Zucht stand ich im Dienste,
viel mehr als der Minne und dem Schöntun.
Anstand und Wohlerzogenheit,
dem Knappen schon beigebracht mit festen Regeln.
Doch was war mein Lohn?
Ich bin wahrlich auf einer Narrenfahrt
mit meiner Dichtkunst.
Da mich die Herren nicht entlohnen wollen,
werde ich ihre Höfe meiden
und werde mir einen langen Bart
aus grauen Haaren wachsen lassen:
Nach der Art alter Juden
werde ich fortan davonziehen.
Mein Mantel soll bis auf den Boden reichen,
das Gesicht unter einem Hut verborgen.
Demütig wird mein Gang sein.
Und niemals mehr singe ich am Hof,
da mir die Herren ihre Belohnung vorenthalten.“
Der Beifall war lauter, als man es von so einer kleinen Runde hätte erwarten können. Tasso dankte, Heinrich von Hohnstein dankte Salomon für seine Gastfreundschaft, versprach ihm für den Morgen ein Schreiben an Eginhard v. Weimar-Orlamünde, den Zeugmeister in Weimar, und ging etwas unsicher auf den Beinen zum Bach hinunter, noch mehr verunsichert durch einen huschenden Schatte, der seinen Weg kreuzte – Rebecca, die schnell noch auf ihre Bachseite zurückgekehrt war, bevor ihre Abwesenheit auffallen konnte.
Am Morgen brachte Walter den versprochenen Brief