Geh in die Wueste. Christine Jörg

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Geh in die Wueste - Christine Jörg

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mich“, stellte Fernando fest. „Wir sehen uns also am Sonntagabend.“

      „Ja, ich freue mich schon“, gestand Ruth ihm.

      „Ich auch“, erwiderte Fernando, „und schönen Abend noch.“

      „Ja, dir auch“, gab Ruth zurück. Fernando hängte ein. Auch Ruth legte langsam und nachdenklich den Hörer auf die Gabel.

      „Siehst du“, stellte Gabi lächelnd fest, „er meldet sich doch. Und du überlegst schon Wenn und Aber.“

      „Oh, ja“, Ruth packte Gabi bei den Schultern und begann mit ihr im Flur zu tanzen. „Er hat sich gemeldet, er hat sich gemeldet. Ich bin verliebt“, sang sie und ließ Gabi nicht mehr los. Diese befreite sich mühselig und begab sich in sichere Entfernung vor Ruth um nicht noch einmal herumgewirbelt zu werden.

      2

       Inzwischen hat Ruth den Bahnhof erreicht. Sie begibt sich in die Halle, zieht ihre Brille aus dem Etui und studiert den Fahrplan. Schon seit zwei Jahren benötigt sie eine Brille zum Lesen. Es stört sie zwar, aber ändern kann sie die Tatsache nicht. Die Fahrkarte hat sie bereits in der Tasche. Sie hat sie am Vortag gekauft. Nun muss sie nur herausfinden, auf welchem Gleis der Zug abfährt.

       Noch hat sie zehn Minuten Zeit und schlendert in die Bahnhofsbuchhandlung. Zeitschrift möchte sie keine kaufen, doch einen Blick kann man wagen.

       Die Tageszeitung hat sie in der Tasche und auch ein Buch. Schließlich hat sie genügend ungelesene Bücher zu Hause. Also wird nichts gekauft.

       Langsam verlässt sie die Buchhandlung, steigt die Stufen in der Unterführung hinunter, durchquert den Tunnel und nimmt langsam Stufe um Stufe auf der anderen Seite. Nun steht sie auf dem Bahnsteig. Einige Frühaufsteher, die zur Arbeit fahren wollen, lungern mit verschlafenen Gesichtern herum und warten, genau wie Ruth, auf den Zug.

      *

      Nachdem Fernando Ruth und Gabi am Sonntagabend vom Bahnhof abgeholt hatte, blieb er die Nacht bei Ruth.

      „Ihr seid wirklich wie für einander geschaffen“, stellte Gabi einmal überraschend fest. Sie, die immer einen so kühlen und überlegten Kopf hatte, schien ebenfalls davon überzeugt zu sein, dass Ruth und Fernando noch einen langen, gemeinsamen Weg vor sich hatten.

      Nach einem Monat einigten sich die Frauen darauf, es sei vernünftiger Fernando einen eigenen Wohnungsschlüssel zu überlassen, da er inzwischen mehr Zeit bei Ruth verbrachte als in seinem Zimmer im Wohnheim.

      „Was, das ist dein Zimmer!“, rief Ruth an dem Tag, als Fernando sie mit ins Wohnheim nahm und ihr zeigte, wo er hauste.

      „Kein Wunder, dass es dir hier nicht gefällt“, stellte sie nüchtern fest. „Das ist ja fast wie in einer Gefängniszelle.“

      „Na ja, so schlimm ist es vielleicht nicht“, milderte Fernando das Urteil ab, „aber gemütlich ist es auch nicht gerade.“

      „Das kann man wohl sagen“, sagte Ruth und drückte Fernando einen dicken Schmatz auf die Wange.

      „Einen Vorteil hat das Wohnheim aber auch“, gab Fernando zu bedenken, „hier habe ich Atilio und Oscar kennen gelernt.“ Er streichelte ihr über die Wange. „Und über Atilio konnte ich dich treffen. Also hat es sich gelohnt, dass ich im Wohnheim abgestiegen bin.“

      „Oh ja“, erwiderte Ruth mit sanfter Stimme, „das war der schönste Moment in meinem Leben.“

      „Und es wird noch viele schöne Stunden geben“, Fernando legte die Arme um Ruth und zog sie fest an sich.

      Meistens hielt sich das Paar in Ruths und Gabis Wohnung auf. Es war angenehmer und gemütlicher dort.

      Gabi hatte sich ebenfalls verliebt und war am Wochenende kaum noch in München. Waren sie und ihr Freund Stefan jedoch in der Stadt, planten die zwei Paare gemeinsame Unternehmungen. Schnell hatte Ruth festgestellt, dass Fernando ausgezeichnet kochte und ließ sich von ihm die ausgefallensten Gerichte vorsetzen. Sie wurde regelrecht zur Feinschmeckerin.

      Natürlich hatten Fernando und seine Freunde hin und wieder Auftritte zu denen Ruth sie gerne begleitete.

      Der Sommer nahte. Die Tage wurden länger. Zusammen mit Fernando, manchmal schloss sich Atilio an, ging Ruth in den Straßen von Haidhausen joggen.

      Oft trafen sie sich mit anderen Latinos am Chinesischen Turm im Englischen Garten oder sonst in einem der Biergärten Münchens.

      Als das Wetter richtig sommerlich wurde, musizierten die drei Freunde Fernando, Atilio und Oscar im Englischen Garten. Sehr zur Freude der Spaziergänger.

      Ruth war glücklich. Leider nahten die Semesterferien und sie musste nach Kempten zurückkehren. Schon vor einem Jahr hatte sie sich um einen Ferienjob als Verkäuferin beworben, den sie nun wohl oder übel antreten musste.

      Inzwischen hatte Ruth ihre Eltern in ihr Verhältnis mit Fernando eingeweiht.

      „Ruth, du solltest dir das gut überlegen“, war das Erste, was ihrer Mutter einfiel.

      „Mama“, beschwichtigte Ruth ihre Mutter, „wir lieben uns.“

      „Was ist schon Liebe?“, wollte Ruths Mutter wissen, „die vergeht und was dann?“

      „Wieso sagst du das?“, Ruth wurde ärgerlich. „Du kennst ihn doch überhaupt nicht. Bist du neidisch?“

      „Sag mal, wie redest du mit deiner Mutter?“, Ruth hatte nicht bemerkt, wie ihr Vater die Küche betreten hatte.

      „Stimmt doch“, sagte Ruth trotzig. Beinahe wäre sie mit dem Fuß aufgestampft wie ein kleines Kind.

      „Ihr könnt doch Fernando nicht aburteilen“, fuhr Ruth verärgert fort, „nur weil er Chilene ist.“

      „Das will auch keiner“, mischte sich die Mutter wieder ein, „aber er ist weit weg, wenn er in seine Heimat zurückkehrt. Das musst du bedenken.“

      „Ja“, lenkte Ruth ein, „das stimmt schon, aber er ist wirklich ein lieber Mensch.“

      „Sag ihm doch einfach, er soll dich hier besuchen, wenn du in den Semesterferien in Kempten arbeitest“, schlug der Vater vor.

      „Mach ich auf jeden Fall“, erwiderte Ruth freudig und drückte ihrem Vater einen Kuss auf die Wange.

      Als Ruth nach diesem Wochenende, wie üblich abends mit dem Zug nach München zurückkehrte, erwartete Fernando sie am Bahnhof. Zuerst schloss er sie in seine Arme und küsste sie, dann nahm er ihr die Reisetasche ab und beide gingen Hand in Hand zur S-Bahn.

      „Meine Eltern wollen dich kennen lernen“, erzählte ihm Ruth freudestrahlend, kaum waren sie in die S-Bahn eingestiegen und hatten Platz genommen.

      „Meinst du, das ist eine gute Idee?“, gab Fernando zu bedenken.

      Ruth war über Fernandos Reaktion verblüfft. Was sollte denn das? „Natürlich ist das eine gute Idee. Wieso fragst du?“

      „Nun

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