Afrikanische Märchen auf 668 Seiten. T. von Held

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Afrikanische Märchen auf 668 Seiten - T. von Held

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hatte ihnen stets nur armselige Brocken von seinem

       Überfluß gegeben und sich immer damit entschuldigt,

       daß das Jagdergebnis wider Erwarten schlecht sei. Inzwischen

       aber schwelgte seine eigene Familie.

       Der Löwe war wütend. Sofort trabte er los, schwur

       dem nichtswürdigen Schakal und seinen Angehörigen

       einen sicheren Tod, wann und wo er sie treffen würde.

       Der Schakal hatte sich inzwischen schon auf alles

       vorbereitet. Er war mit allem, was er sein eigen nannte,

       auf einen hohen Felsen gegangen, zu dessen Spitze

       nur ein äußerst schwieriger, geheimer Pfad führte.

       Als der Schakal den Löwen sah, rief er ihm sofort

       von seiner sicheren Höhe einen freundlichen »Guten

       Morgen, Onkel!« zu. Der Löwe aber brüllte ihm mit

       weithin donnernder Stimme zu:

       »Wie kannst du es wagen, mich Onkel zu nennen,

       du frecher Schurke, nachdem du dich so schamlos

       gegen meine Familie benommen hast!«

       »O Onkel, Onkel, wie kann ich dir das alles erklären!

       « jammerte der Schakal. »Das scheußliche Weib,

       dies gräßliche Geschöpf!«

       Bumm! bumm! bumm! hörte der Löwe, als der

       Schakal mit einem Stock auf eine getrocknete Tierhaut

       schlug und seine Frau ein klägliches Geheul an-

       stimmte, als wäre es ihr Rücken, der die Schläge

       bekam; auch die kleinen Schakals stimmten ein.

       »Das Scheusal!« schrie der Schakal immer wieder.

       »Es ist einzig und allein ihre Schuld! Ich schlage sie

       tot! tot! tot!«

       Schließlich war der Löwe so gerührt durch das entsetzliche

       Geheul, welches er oben auf dem Felsen

       hörte, daß er den Schakal bat, mit seiner Züchtigung

       innezuhalten. Da lud der Schakal den Löwen ein,

       doch zu ihm heraufzukommen, um bei ihm zu essen.

       Nach verschiedenen vergeblichen Versuchen, die steile

       Höhe zu erklimmen, erklärte der Löwe, er müsse es

       aufgeben.

       Der Schakal aber, der stets Rat wußte, war auch

       jetzt in keiner Verlegenheit. Er schlug vor, seinen

       Onkel an einem langen Riemen hinaufzuziehen. Der

       Löwe stimmte zu, und die ganze Schakalfamilie zog

       aus Leibeskräften. Als der Löwe halb in die Höhe gezogen

       war, wurde der Riemen zerschnitten, so daß der

       Löwe mit großem Geräusch in die Tiefe fiel und sich

       arg verletzte. Wiederum schlug der Schakal auf die

       Tierhaut, daß es weithin tönte, schalt seine Frau, daß

       sie ihm solch alten, schlechten Riemen gegeben habe,

       und diese, wie ihre Kinder heulten so kläglich, daß

       der Löwe nicht anders konnte, als sie bedauern.

       Darauf rief der Schakal seiner Frau zu, sie solle

       ihm diesmal einen schönen, starken Riemen aus Büf-

       felhaut reichen, der jedwedes Gewicht würde halten

       können.

       Dieser wurde hinuntergelassen und der Löwe in die

       Höhe gezogen. Schon war er so weit, daß er gerade

       über den Rand des Abgrundes in die gefüllten

       Fleischtöpfe sehen und das Fett riechen konnte, als

       wiederum der Riemen zerschnitten wurde. Diesmal

       sauste der Löwe mit solcher Macht auf die Erde, daß

       er mehrere Minuten bewußtlos liegen blieb.

       Als er wieder zu sich gekommen war, rief der Schakal

       ihm mit wehleidiger Stimme zu, er fürchte, alle

       Versuche, den lieben Onkel bei sich oben zu haben,

       seien vergebens; doch könnte man nicht, fragte er

       freundlich, ein schönes, zartes Bruststück vom Elentier

       braten und ihm hinunterwerfen? Der Löwe, dem

       alle Glieder schmerzten, und der überaus hungrig war,

       ging auch hierauf ein und wartete gierig auf den Lekkerbissen.

       Inzwischen machte der Schakal einen Stein

       glühend rot, legte Fett darum und gab ihm den Anschein

       eines schön gebratenen Stückes Fleisch.

       Als der Löwe dies sah, öffnete er seinen großen

       Rachen, so weit er konnte, und der Schakal warf ihm

       die glühende Masse mit wohlgezieltem Wurf hinein.

       Wenige Augenblicke darauf war der Löwe tot. Natürlich

       herrschte große Freude bei der Schakalfamilie auf

       dem Felsen.

       Fußnoten

       1 In Hottentotten- und Kafferngeschichten vertritt der

       Schakal vielfach unseren Reineke, ebenso wie in Suahelisagen

       der Hase oder das Kaninchen diese Rolle

       übernehmen.

       Die Löwin und der Strauß.

       Ein Betschuanamärchen.

       Eines Tages brüllte eine Löwin; darauf ließ ein

       Strauß seine Stimme hören und brüllte auch. Als die

       Löwin dem Platze nahe gekommen war, wo

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