Afrikanische Märchen auf 668 Seiten. T. von Held

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Afrikanische Märchen auf 668 Seiten - T. von Held

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so wäre sie

       für immer wild und unstät geblieben, wie ihre Schwester,

       die Antilope.

       Fußnoten

       1 Dies Märchen wurde Mr. Stanley von einem Eingeborenen

       der Kongogegend erzählt und gibt Zeugnis

       von der regen Phantasie und dem wunderbaren Talent

       der meisten Stämme der Afrikaneger, die Tiere mit

       Ideen und Sprache zu beleben.

       Kimyera.1

       Ein Märchen der Wanyoro aus der Landschaft

       Unyoro nördlich vom Viktoria-Nianza.

       In Unyoro herrschte vor langer, langer Zeit ein mächtiger

       König Namens Uni. Dieser nahm zum Weibe

       ein Mädchen eines benachbarten Stammes, das hieß

       Wanyana. Wanyana aber hatte für ihren Gatten nichts

       wie Haß und Abscheu in ihrem Herzen und zeigte ihm

       ihre Gefühle täglich. Eines Tages kam zu dem König

       ein Mann, der wollte Vieh einhandeln, und weil er

       schön auf der Flöte spielen und gut unterhalten konnte,

       so bat ihn Uni, ein Weilchen in seinem Reiche zu

       bleiben. Allabendlich setzte sich nun der Fremdling

       nieder unter einen großen Baum vor den Hütten des

       Königs und unterhielt diesen wie seine Weiber mit

       Flötenspiel und Erzählungen. Wohlgefällig ruhte

       dabei sein Auge auf den schmucken Gestalten der jungen

       Frauen, welche ihm zuhörten. Am meisten aber

       entzückte ihn die Schönheit Wanyanas, und er sowohl

       wie viele andere der Anwesenden gewahrten auch

       bald, daß seine Neigung nicht unerwidert blieb. Ja,

       bald flüsterte man unter den Weibern allerlei über

       Wanyana und Kalimera und wollte wissen, daß die

       Liebenden sich heimlich träfen und leidenschaftliche

       Worte tauschten. Zu Unis Ohren kam aber nichts von

       alledem, was die Leute sich erzählten, und sein Herz

       war frei von Argwohn. Es tat ihm leid, daß Wanyana

       ihn nicht liebte und es nicht duldete, daß er ihr mit

       Zärtlichkeiten nahte; doch hoffte er, daß es ihm gelingen

       würde, sie nach und nach für sich zu gewinnen;

       deshalb beschloß er, nicht in sie zu dringen, sondern

       es der Zeit und seinem stets sich gleichbleibenden

       Aufmerksamkeiten zu überlassen, ihr Herz zu rühren.

       Er baute für sie ein neues, schönes Haus, besuchte sie

       ab und zu, brachte ihr stets Geschenke mit und tat

       alles, um ihre Liebe zu gewinnen.

       In nicht allzulanger Zeit gewahrte Wanyana mit

       Schrecken, daß sie einem Kinde das Leben schenken

       sollte. Angsterfüllt vor dem Zorn ihres Gatten, bat sie

       ihn, für mehrere Wochen seine Besuche bei ihr einzustellen,

       und versprach ihm dafür, später ein ergebenes

       und liebendes Weib zu sein. Beglückt ob dieser Aussicht,

       willfahrte Uni ihrem Wunsche. Durch ihre eigenen

       Untergebenen suchte Wanyana Kunde von ihrem

       Geliebten zu erlangen, erfuhr aber nur, daß er plötzlich

       verschwunden und niemand wisse, wohin er gegangen

       sei.

       Kurze Zeit darauf gebar Wanyana einen kleinen

       Jungen. Geängstigt von dem Gedanken daß der König

       ihre Untreue entdecken könnte, nahm sie das Kind

       und legte es in die Werkstatt eines Töpfers; dann aber

       ging sie eiligst zu einem Zauberer, beschenkte ihn

       reich und bat ihn, in irgend einer Weise dafür zu sorgen,

       daß ihr Kind gut gepflegt würde. Beruhigt durch

       das Versprechen unverbrüchlichen Schweigens,

       schritt sie alsdann schnell heim.

       Am folgenden Morgen wollte Muyana, der Töpfer,

       in seine Werkstatt gehen; sein Weg führte ihn vorbei

       an der Tür des Zauberers, und dieser rief ihn an:

       »Muyana, warum nimmst du jetzt immer schlechte

       Erde, aus der du deine Töpfe machst? Sie sind nicht

       mehr so gut wie früher und zerbröckeln in der Hand.«

       »Ach Doktor!« rief der arme Töpfer erschreckt,

       »sage du mir, was ich tun soll, damit meine Arbeit

       wieder werde, wie sie sonst war!«

       »Gut, Muyana! ich kann dir raten. Du hast einen

       mächtigen Feind, der nur Böses für dich sinnt; aber

       ich will seine Pläne zu schanden machen. Gehe du in

       deine Werkstatt und suche in ihr nach irgend etwas

       Lebendigem. Wenn du es gefunden hast, so nimm es

       zu dir, hüte und pflege es; denn wisse, solange es lebt,

       wirst du vor allem Übel bewahrt bleiben.«

       Muyana war nicht wenig erstaunt, als er diese

       Worte gehört hatte, eilte weiter zu seiner Werkstatt

       und gewahrte dort alsbald ein sorglich zusammengewickeltes

       Bündel, dessen Inhalt ihm aber verborgen

       blieb, und das er nicht wagte zu berühren.

      

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