Afrikanische Märchen auf 668 Seiten. T. von Held
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Stärke, aber meist den Adel der Gesinnung, wie in unsern
Fabeln. Die Hyäne vereinigt brutale Gewalt mit
Dummheit, der Leopard Macht mit Beschränktheit.
Der Fuchs oder Schakal ist das Urbild der Schlauheit,
der Affe das der Verschmitztheit und Gewandtheit.
Der Hase oder das Kaninchen gilt als klug und behend
und vertritt meist die Stelle des Fuchses in unsern
Fabeln. Der Hund personifiziert alles Niedrige,
Knechtische und Verächtliche; die Turteltaube ist das
Sinnbild der Reinheit, Keuschheit und Weisheit
u.s.w.
Größere Sammlungen von Litteraturstücken einzelner
Völkerschaften sind im Laufe der letzten Jahrzehnte
bereits mehrfach veröffentlicht worden, aber da
sie meist linguistischen Zwecken zu dienen hatten, für
ein größeres Publikum so gut wie unzugänglich,
zumal da sie zum Teil ohne Übersetzung sind. Als die
bedeutendsten seien hier genannt die Sammlung von
H e l i C h a t e l a i n über die A m b u n d u ,
B ü t t n e r , T a y l o r , S t e e r e über die S u a -
h e l i , S c h ö n über die H a u s s a , S c h l e n k -
k e r über die T e m n e , C h r i s t a l l e r über die
T s h w i , C a l l a w a y über die S u l u , M c A l l
T h e a l über die K a f f e r n , K o e l l e über die
B o r n u , B l e e k über die H o t t e n t o t t e n etc.
Kleinere Mitteilungen finden sich noch hier und da in
Wörterbüchern, Grammatiken und Zeitschriften versteckt.
Im ganzen ist es noch sehr wenig, was gesammelt
worden ist; viel unveröffentlichtes Material habe
ich selbst noch in der Hand. Aus all diesem habe ich
das Charakteristischste und Interessanteste ausgewählt
und in diesem Werkchen vereinigt.
Vergleicht man alles, was von der afrikanischen
Volkslitteratur bisher bekannt geworden ist, untereinander
und mit den Erzeugnissen der Volkslitteratur
anderer Völker, so gelangt man zu folgenden Schlüssen,
die ich nicht besser formulieren kann, als Heli
Chatelain in seinem vorzüglichen Werke: Folk-Tales
of Angola, es gethan hat:
1. Viele Mythen, beliebte Typen oder Charaktere
und besondere Vorfälle, die man universal genannt
hat, weil sie unter so vielen Völkern vorkommen, finden
sich auch in Afrika vom atlantischen bis zum indischen
Ocean. Die afrikanische Volkslitteratur ist
nicht ein Baum für sich, sondern ein Zweig eines
Weltbaumes.
2. Die afrikanische Volkslitteratur ist besonders
reich an Tierfabeln.
3. Für sich betrachtet, erscheint die Litteratur der
Bantu-Völker (siehe unten) auffallend homogen und
eng zusammenhängend, die entferntesten Stämme zeigen
oft mehr Übereinstimmung oder Ähnlichkeit in
Einzelheiten als benachbarte.
4. Nach Ausmerzung der mit dem Islam verknüpften
Elemente erscheint auch die Volkslitteratur der
Sudanneger als wesentlich der der Bantu gleichartig.
5. Die mythologischen und abergläubischen Vorstellungen
der verschiedenen Stämme lassen sich
leicht auf einen gemeinsamen Urtypus zurückführen,
der den entsprechenden Vorstellungen der Arier und
anderer größerer Völkerfamilien sehr nahe zu stehen
scheint.
Aus diesen wenigen Sätzen geht schon hervor, wie
wichtig das Studium der afrikanischen Volkslitteratur
für die Aufhellung des ursprünglichen Verhältnisses
der verschiedenen großen Völkerrassen zu einander
zu werden vermag. Ich kann das hier nicht weiter ausführen.
Dagegen wird es nötig sein, noch einen Blick auf
die Gruppierung der verschiedenen afrikanischen
V ö l k e r s c h a f t e n zu werfen, von denen im folgenden
die Rede sein soll, sowie auf die verschiedenen
S p r a c h e n , in welche die afrikanische Volkslitteratur
gefaßt ist.
Die Bevölkerung des afrikanischen Kontinents ist
durchaus nicht durchweg gleichförmig weder im körperlichen
Habitus, noch in den sprachlichen Verhältnissen.
Ich sehe dabei von vornherein von den in historischer
Zeit eingewanderten S e m i t e n ab, hauptsächlich
A r a b e r n , die ganz Nordafrika überzogen
und den Islam und die arabische Sprache als Spuren
ihres Eindringens zurückließen. Auch in anderen Teilen
Afrikas haben die Araber großen Einfluß ausgeübt,
an der deutschen Ostküste beispielsweise eine
Mischrasse, die S u a h e l i , hervorgerufen und den
Handel durch