Afrikanische Märchen auf 668 Seiten. T. von Held
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Westen gelegenen Sprachen wie dem Haussa und dem
Kanuri (Sprache der Bornu-Neger) findet man zahlreiche
arabische Fremdwörter eingebürgert.
Andere s e m i t i s c h e Völkerschaften, die schon
vor den Arabern eingewandert zu sein scheinen, wohnen
in Abessynien, wo heute mehrere semitische
Sprachen gesprochen werden. Das alte Gées, das früher
in Abessynien gesprochen wurde, gehört heute zu
den toten Sprachen; die heutigen abessynischen Sprachen,
wie das T i g r e , das Amharische, das Harari
u.s.w. sind Töchtersprachen des Gées.
Den semitischen Völkerschaften scheinen die sogenannten
h a m i t i s c h e n Völker Afrikas verwandt
zu sein. Manche Zeichen deuten darauf hin, daß diese
Völkerschaften gleichfalls aus Asien, lange vor den
Semiten eingewandert sind. Die jüngsten Einwanderer
scheinen die alten Ägypter gewesen zu sein. Die hamitischen
Völker haben den ganzen Nordosten Afrikas
in Beschlag genommen, doch sind einige Stämme
auch in westlichere Gegenden vorgedrungen, wie die
bekannten T u ā r e k . Nach ihrem körperlichen Habitus
bieten sie im Durchschnitt das folgende Bild dar:
lichtbraune Haut, schmale Gesichter, schmale, lange
Nasen, längliche Kopfbildung, geringer Prognathismus
und leicht gewelltes schlichtes Kopfhaar. Ihre
Sprachen gehören unter sich eng zusammen und zeigen
mehr Berührungspunkte mit den Semiten als mit
andern afrikanischen Völkerschaften. Manche Hamiten
haben indessen heute andere, nichthamitische
Sprachen angenommen. Es ist nämlich durchaus nicht
anzunehmen, daß sich somatische und sprachliche Zu-
gehörigkeit stets und unter allen Umständen decken
müßten. Wenn dies auch meist der Fall ist, so gehören
doch Ausnahmen nicht zu den Seltenheiten. Eine
solche Ausnahme sind z.B. die M a s s a i , die in den
nördlichen Teilen unseres deutsch-ostafrikanischen
Schutzgebietes wohnen und ihren körperlichen Eigenschaften
nach ganz entschieden zu den Hamiten gezählt
werden müssen, während sie eine Sprache
haben, die vielmehr gewissen Mischnegersprachen
(s.u.) verwandt zu sein scheint. Weder die Ethnographie
noch die Linguistik haben bisher vermocht, die
verwandtschaftlichen Beziehungen der verschiedenen
afrikanischen Völkerschaften auf ihren Gebieten in
jedem einzelnen Falle festzustellen. Beide Wissenschaften
haben kaum erst gewisse große Grundlinien
festgelegt. Da es sich in diesem Buche um litterarische,
d.h. in S p r a c h e gefaßte Erzeugnisse des
Menschengeistes handelt, so will ich bei der folgenden
Übersicht auch die bisher gewonnene s p r a c h -
l i c h e Einteilung zu Grunde legen.
Danach gehören zu den hamitischen Völkern
I. Die Ä g y p t e r . Die altägyptische Sprache ist
ausgestorben.
II. Die L i b y e r . Hierher gehören einige Völkerschaften:
a) in der Oase S i w a (einst des Jupiter Ammon)
und der Oase D j a l o (Audjila); an einigen Stellen in
T r i p o l i und T u n i s .
b) in A l g i e r , von Nachkommen der alten N u -
m i d i e r , gewöhnlich B e r b e r (Fremdsprachige),
auch M a u r e n genannt. Von ihren zwei Millionen
sprechen etwa 3/4 Millionen K a b ā i l (dieser Name
ist übrigens nur die Mehrheitsform des arabischen
Kabīleh, d.h. Stamm, die Franzosen aber brauchen
Kabyle als Volksbezeichnung) die übrigen 5/4 Millionen
sprechen daneben oder ausschließlich a r a -
b i s c h , wie außer ihnen 1/2 Millionen Einwohner
arabischer Abkunft. Von Kabail werden acht Mundarten
genannt, darunter S u ā w e , zwischen Algier und
Constantine am Meer. Reste vom Lateinischen und
Vandalischen finden sich in Mundarten der Bergbewohner,
auch Spuren ihres einstigen Christenglaubens.
c) In M a r o k k o , dem alten Mauretania, woher
der Name »Maure« und »Mohr« eigentlich stammt,
wird S c h i l h a gesprochen am Mittelmeer (z.B. von
den Rif-Piraten oder seeräuberischen Uferbewohnern,
Rif = ripa, Ufer), ferner im Inlande und in dem Küstenstreifen
von Mogador bis zum Wendekreis.
d) In einem südlichen Streifen inland vom Wendekreis
bis zum mittleren Senegal, auch dem unteren Senegal
entlang bis zum Meer wird das S e n a g a (Zénaga)
gesprochen.
e) In dem weiten W ü s t e n g e b i e t e im S. von
Algier und Tunis bis über den mittleren Niger und in