Neeltje - Kirschenmund. Swantje van Leeuwen

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Neeltje - Kirschenmund - Swantje van Leeuwen

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      Im Umschlag steckte ein zweiter. Oh, mein Gott!, dachte sie bei sich, als sie ihn öffnete, ein Bündel Zweihundert-Euro-Banknoten fand und beinahe von ihrem Stuhl kippte. Das müssen ja mindestens fünftausend Euro sein!

      Die Geldscheine waren mit einer goldenen Büroklammer versehen an der eine nichtssagende Visitenkarte steckte – darauf nichts weiter als eine Adresse und ein Hinweis: ›9 Korte Koningsstraat‹, ›Nieuwmarkt en Lastage‹, Amsterdam – Eingang vor dem ›Black Gold‹.

      Erschrocken blickte Neeltje auf die Uhr. Es war bereits halb zehn. Wenn sie es in die Innenstadt und zurück schaffen wollte, dann musste sie sich beeilen und sofort gehen. Sie schnappte sich ihre Jacke, und eilte zur Tür hinaus, wobei sie Willem anrempelte, der gerade zu ihr ins Büro trottete.

      »Hey! Haast en spoed, zijn zelden goed![10]« Er lachte und schaute sie fragend an: »Was hat dich denn gestochen?«

      »Weder Hafer noch eine Hummel, Willem, wenngleich mich etwas Gewaltiges ›gestochen‹ hat ... und es himmlisch gewesen ist«, grinste Neeltje vielsagend. »Jetzt hab' ich aber echt keine Zeit. Ich muss los! Erklär' es dir später!« Sie konnte nicht ahnen, dass sie niemals in diese Etage und ihr Büro zurückkehren würde.

      ***

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      Kapitel 4

      Die nichtssagende Visitenkarte führte Neeltje zu einer Tür, die in einer Nische zwischen dem ›Black Gold‹, einem verrückten Plattenladen, in dem es auch reichlich Kaffee gab, und einem kleinen Antiquariat versteckt war. Der Fahrer ihres Taxis hatte die Straße zwar sofort gefunden, aber schließlich musste sie, infolge der Verkehrsdichte aussteigen und die Straße entlanggehen, wobei sie gewissenhaft die Zahlen neben den Türen abzählte.

      Diese Tür war der Inbegriff von Anonymität – einfaches, dunkelgrün gestrichenes Holz, ohne Namensschild und Hausnummer. Sie war sich nicht einmal wirklich sicher, ob sie hier auch richtig war, aber das ›Black Gold‹ war Nummer Elf und der Buchladen zeigte eine Sieben. Das muss hier richtig sein, und es ist ja auch der Eingang vor dem Plattengeschäft, murmelte sie leise vor sich hin.

      Noch ehe sie ihren Finger auf die Klingel legte, öffnete sich die Tür bereits. Überrascht blickte sie auf und entdeckte eine Kamera, die in einer Nische der Decke versteckt war. Wer auch immer den Summer bedient hat, er muss mich gesehen haben.

      Auch nachdem sie eingetreten war, gab es keinen Hinweis darauf, wo sie sich befand. Es war ein schlichter, nichts sagender Flur, der zu einer steilen, schmalen Treppe führte – sauber, aber nur schwach beleuchtet. Sie wünschte sich, sie könnte umkehren und schnell das Weite suchen. Aber ihre Neugier war stärker, ihre Neugier auf das, was sie hier erwartete, und das was de Fries von ihr wollte. Zögernd schlurfte sie durch den Korridor und stieg die ausgetretenen Stufen empor. Als sie den zweiten Stock erreichte, fand sie eine halboffene Tür vor, die in einen erstaunlich großen und hellen Raum führte. All ihren Mut zusammennehmend trat sie in die herrschende Stille.

      *

      »Ah, Vrouw Timmermans, neem ik aan?[11]«

      Neeltje wäre beinahe aus der Haut gesprungen, als sie die dröhnende Stimme vernahm, die sie anrief. Wie erstarrt blieb sie stehen.

      »Kom op, Meisje! ... Kom op! Ik ben Folpert van Haastrecht. Maar je kunt me Folpert noemen, als je dat liever hebt. Mijn woord erop: Je ziet eruit, alsof je een geest hebt gezien! Gaat het, mijn liefste?[12]«

      Neeltje versuchte ihre Atmung zu kontrollieren. Sie spürte, wie ihr Puls pochte und fühlte, wie ihr ganzer Körper leicht zu zittern anfing. »Ich ...«, setzte sie an. »Es tut mir leid. Ich bin nur völlig durcheinander.« Damit hatte sie einen Moment Zeit gewonnen, um ihre Umgebung eingehender zu betrachten. Sie war überrascht, denn in dem Raum fanden sich unzählige Schneiderpuppen, hunderte Stoffballen und mehrere große Tische, auf denen halbfertige Kleidungsstücke lagen. Richtig sprachlos machte sie aber Folpert van Haastrecht, der in der Mitte des Ganzen stand – ein stark übergewichtiger Mann mit rotem Gesicht, der sie, mit seinem rötlichen Haar und Vollbart, mehr an einen gebürtigen Schotten erinnerte und so gar nichts von einem Holländer an sich hatte. Zu seinem, dem Körperumfang geschuldeten, voluminösen Anzug trug er eine bunte, kreischende Krawatte.

      »Vielleicht kann ich dich für eine beruhigende Tasse Tee interessieren, mein süßes Kind? Du siehst mir so aus, als könntest du eine vertragen ... Of heb je liever iets sterkers?[13]« Bei seiner abschließenden Frage hob sich seine Stimme hoffnungsvoll, und er schien ein wenig enttäuscht zu sein, als sie ablehnend ihren Kopf schüttelte.

      »Bedankt. Ik ben in orde.[14]«

      »Nun, vermutlich hast du damit recht, Meisje«, lächelte er. »So früh am Tag sollte man wohl noch keine Trankopfer zelebrieren, nicht wahr? ... Aber ich hoffe, es macht dir nichts aus, wenn ich eines bringe.« Er zuckte kurz mit den Achseln. »Ich habe leider nie gelernt, dem Ruf eines guten Schlucks zu widerstehen.« Ein musternder Blick folgte. »Dein überraschter Ausdruck lässt mich vermuten, dass Hergen es wohl versäumt hat, dir zu sagen, warum er dich in mein bescheidenes Atelier geschickt hat, nicht wahr?«

      Neeltje nickte. »Ik heb geen flauw idee.[15]«, erwiderte sie bestätigend.

      »Hm, dachte ich mir«, murmelte Folpert und grinste vielsagend. »Hergen war schon immer ein Ausbund an Diskretion ... Nun, ich könnte hinzufügen, dass dies keine unerwünschte Eigenschaft im Umgang mit jemandem meines Berufs ist.«

      Verwirrt schüttelte Neeltje den Kopf. »Es tut mir leid, wenn Sie es als unhöflich empfinden. Aber könnten Sie mir bitte erklären, warum er mich zu Ihnen geschickt hat. Diese befremdliche Geheimnistuerei ist ein bisschen viel für mich.«

      Folpert lächelte warm und schenkte sich aus einer Karaffe ein großes Glas Rotwein ein. »Natuurlijk, Meisje, natuurlijk![16] Entschuldige bitte das Geschwätz eines alten Trunkenboldes.« Er machte eine halbkreisförmige Armbewegung mit der Hand, in der er das Glas hielt. »Wie du siehst, bin ich ein Künstler ... Meine Leinwand ist der menschliche Körper. Ich schaffe sehr spezielle Werke für noch sehr viel speziellere Kunden, meine Liebe.«

      »Von denen Hergen einer ist?«, fragte sie halblaut nach.

      »Von denen unser gemeinsamer Freund Hergen de Fries einer der leidenschaftlichsten und hingebungsvollsten ist, oh ja«, lächelte er breit. Dann bewegte er sich im Raum wie ein Schiff unter Vollsegel und verschüttete jedes Mal etwas von seinem Wein auf dem glänzenden Holzfußboden, wenn er leicht seine Richtung änderte.

      »Was sind das für spezielle Werke?«, wollte sie wissen, während sie ihm mit den Augen neugierig folgte. Ihr gefiel nicht, was sie im Subtext zu verstehen meinte.

      »Oh, meine Liebe, es sind sehr spezielle, glaub' mir«, schmunzelte der Übergewichtige und nippte an seinem Glas. »Ich entwerfe besondere Kleidung für jeden Geschmack, und unser gemeinsamer Freund hat diesbezüglich sehr ausgefallene Wünsche und extrem hohe Anforderungen an deren perfekter Ausführung.« Er wankte zu einem Regal im Hintergrund. »Wie du feststellen wirst, kann ich eine Reihe interessanter ›Features‹ ins ›Outfit‹ integrieren, das du bequem und völlig unauffällig auf der Straße tragen kannst, ... ohne unerwünschte Aufmerksamkeit auf dich zu ziehen.«

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