DIE NOVIZEN. Michael Stuhr

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Kinder.

      "Da hat aber einer schlechte Laune!" Gunther schaute dem Wagen im Rückspiegel kopfschüttelnd nach.

      "Will ich ja wohl hoffen, dass der nicht immer so fährt", meinte Julia. Ihre Hände zitterten leicht. Sie hatte sich schon eingeklemmt in den Trümmern des Wagens gesehen. Wäre der Fahrer des Jaguar nur zwanzig Zentimeter weiter herübergekommen ...

      Gunther fuhr wieder an und sofort nach der Kurve wichen die Bäume zurück. Eine Lichtung tat sich auf - ein dreieckiges Stück Grasland mitten im Wald. Frei ging der Blick weiter in die Senke hinab, in der eine Ansammlung unterschiedlicher Gebäude stand. Aus der bergseitigen Spitze des Dreiecks perlte ein Wasserlauf herab, sammelte sich in einem großen, birkenumstandenen Mühlteich, floss an der Mühle, einem großen, finsteren Bruchsteinbau, vorbei, und verschwand als träger, breiter Bach hinter dem halb verfallenen Mühlengebäude. Der Hof war mit Ziegeln gepflastert und auf der anderen Seite stand ein solide aussehender, allerdings vom Wetter ausgeblichener Bretterschuppen.

      Gunther stoppte den Wagen auf der Kuppe. "Phantastisch", sagte er nur und zeigte auf das Fachwerkhaus neben der Mühle, das dem Eigentümer offenbar als Wohnung diente.

      Julia konnte ihm nur zustimmen. Zwar war das Weiß der Ausfachungen mit der Zeit zu einem schmutzigen Grau geworden, die grüne Farbe an Tor und Fensterrahmen blätterte ab, und die Sprossenfenster waren blind vor Staub und altem Schmutz. - Aber da war nichts, was man mit Farbe und Putzmittel nicht wieder hätte in Ordnung bringen können. Das Dach war einwandfrei, vor dem Haus gab es einen verwilderten Bauerngarten und auf der Südseite kletterte ein Dickicht tiefgrüner Weinranken bis zur Dachrinne empor. Julia verliebte sich auf den ersten Blick in das Haus. Selbst das auf dem Hof herumliegende Gerümpel störte kaum und stellte in ihren Augen kein wirkliches Problem dar.

      Irgendetwas fiel Julia an dem umgebenden Gelände auf, sie schaute genauer hin. Sicher, das war es! - Das Areal war komplett mit Gras überwachsen, aber dennoch zeichneten sich in dem Grün unterschiedlich gefärbte Linien und Flächen ab, so, als würden unsichtbare Straßen oder Kanäle das Grundstück durchziehen. Sie machte Gunther darauf aufmerksam. "Gebäudereste", meinte der. "Da haben auch mal Häuser gestanden und die Grundmauern liegen noch dicht unter der Oberfläche."

      Das war logisch, fand Julia, und gab sich wieder ganz der Betrachtung des Wohnhauses hin. - So hatte sie wohnen wollen, solange sie denken konnte.

      Gunther ließ den Wagen langsam auf den Hof rollen und schaute sich vorsichtig um. Er hatte das Schild an der Einfahrt nicht vergessen. Da aber nirgends ein Hund zu sehen war, stiegen er und Julia schließlich aus und gingen zum Tor des Wohnhauses hinüber. Halb in der Erwartung, wütendes Gebell aus der Deele zu hören, schlug Gunther drei Mal hart an das hohe Tor, aber nichts geschah.

      "Vielleicht ist er weggefahren", meinte Julia. Sie dachte an die Familie in dem Jaguar.

      "Er hat gesagt, dass er den ganzen Tag zu Hause ist." Gunther schlug noch ein paar Mal an das Tor.

      Julia musste trocken schlucken. "Hoffentlich hat er nicht schon verm ..."

      "Ich habe doch gesagt, Sie sollen verschwinden!", brüllte da völlig überraschend eine Stimme aus dem Haus.

      Julia und Gunther wichen unsicher einen Schritt zurück, da wurde auch schon einer der Torflügel aufgerissen und ein uralter, massiger Mann kam blitzschnell einen Schritt weit durch die Öffnung. Er sah sehr wütend aus, und in der linken Hand trug er eine Schrotflinte, deren Lauf genau auf Gunthers Füße gerichtet war.

      Der Alte sah Gunther ins Gesicht. "Ach so", meinte er nur, kniff die Augen zusammen und ließ den Lauf der Waffe ein wenig sinken. Mit geübtem Griff nahm er die Flinte hoch, und ließ sie mit dem Kolben voran hinter dem Torflügel zu Boden gleiten. "Kommen Sie rein", sagte er statt einer Entschuldigung, drehte sich um und ging in das Dunkel des Hauses.

      Gunther sah Julia groß an, hob kurz die Schultern und folgte dem Alten. "Sie sind Herr Sander, nehme ich an?", fragte er laut in das Dunkel der Deele hinein, wo die Silhouette des Mannes nur undeutlich zu erkennen war. Julia schloss das Tor hinter sich und tastete sich langsam voran.

      "Natürlich bin ich das!" Eine Tür am Ende der Deele öffnete sich, und endlich kam etwas mehr Licht herein. Julia sah undeutlich noch mehrere andere Türen, die zu verschiedenen Kammern gehören mochten.

      Julia ging hinter Sander und Gunther in den Raum, der für den alten Mann gerade Stehhöhe hatte. Für so ein Fachwerkhaus war das Zimmer erstaunlich groß; es maß etwa drei mal fünf Meter. Freiliegende, rauchgeschwärzte Balken, auf denen ebenso dunkle Bretter lagen, bildeten die Decke. Die Wände schienen aus einem gekalkten Lehmputz zu bestehen, der sich nach oben hin immer mehr verdunkelte. Julias Herz machte einen Hopser und sie musste unwillkürlich tief Luft holen, als sie den offenen Kamin an der Schmalseite des Raumes entdeckte. - Einfach traumhaft!

      "Setzen Sie sich", forderte der Alte die Besucher auf und ließ sich selbst aufstöhnend auf ein uraltes Biedermeiersofa sinken. Julia griff nach einem Stuhl und auch Gunther setzte sich an den hohen Tisch mit den gedrechselten Beinen. Die Wachstuchdecke auf dem Tisch war schon zur Zeit von Julias Kindheit unmodern gewesen, und sie kam sich vor, als sei sie um Jahrzehnte, ja, fast um Jahrhunderte, zurückversetzt worden. Gemächlich schwang das Pendel des Regulators, bei jedem Ausschlag ein deutlich hörbares Ticken in den Raum schickend, hin und her. Es war, als liefe die Zeit hier langsamer ab. Sander musterte seine Gäste schweigend, aber selbst das war nicht unangenehm. Niemand musste es hier eilig haben. Vergessen war der ungestüme Empfang mit der Waffe in der Hand. Hier waren Ruhe und Frieden.

      "Sie kommen wegen des Hauses.", eröffnete der Alte schließlich das Gespräch und beugte sich vor. Seine Stimme war erstaunlich warm und kräftig, und seine Bewegungen standen denen eines jüngeren Mannes an Geschmeidigkeit kaum nach.

      "Steinmann", stellte Gunther sich vor. "Wir haben vorhin telefoniert. - Und das ist Frau Delker, meine Partnerin. - Hatten Sie Streit mit den Leuten, die uns eben entgegengekommen sind?"

      "Partnerin?", wiederholte Sander, ohne auf Gunthers Frage einzugehen, und ein verschlagenes Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. "So sagt man heute, wenn man nicht richtig verheiratet ist, ja?"

      "Wir leben seit", Gunther überlegte kurz, "fast zehn Jahren zusammen."

      "So lange doch schon." Sander gab sich erstaunt, aber seine Augen sprühten vor Spott.

      "Auf jeden Fall schon länger, als die Durchschnittsehe hält!" versuchte Julia sich einzuschalten, aber Sander ignorierte sie vollständig. "Und jetzt wollen Sie aufs Land ziehen. - Sie, und ihre Lebensabschnittsgefährtin", stellte er fest, und sah Gunther dabei mit herabgezogenen Mundwinkeln an.

      "Mit meiner Lebensgefährtin, ja", korrigierte Gunther, und es lag eine gewisse Schärfe in seiner Stimme.

      "War doch nur Spaß." Sander machte eine beschwichtigende Handbewegung.

      Julia biss sich auf die Lippen. Sie hielt nichts von solchen Späßen, und hätte dem Alten gern ein paar Takte gegeigt, aber sie hielt doch lieber den Mund.

      "Ja, ja, ich hatte zu meiner Zeit auch ein paar - Partnerinnen", fuhr Sander mit einem Zwinkern fort. "Aber ich war ja nebenbei auch noch richtig verheiratet. Da nennt man das wohl noch anders."

      "Was soll das?" Gunther war drauf und dran, wirklich ärgerlich zu werden. - Julia und er waren schließlich nicht gekommen, um sich dummdreist anmachen zu lassen. "Ich glaube, wir sollten lieber über das Haus reden!"

      "Ach, ich meine ja nur, dass Sie beide es richtig machen." Der Alte setzte ein harmloses

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