Götzenbild. Dietrich Novak

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Götzenbild - Dietrich Novak Valerie Voss, LKA Berlin

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      »Ich bin nicht hier, weil Sie Frau Feist mit Anrufen belästigt haben, sondern weil sie inzwischen tot aufgefunden wurde.«

      »Sagen Sie bloß. Feist hieß sie also. Ein sehr unpassender Name für eine Frau mit so erotischer Stimme. Auf welche Weise ist sie denn ums Leben gekommen?«

      »Ich hoffte, Sie würden mir das beantworten.«

      »Wie könnte ich? Ich habe die Dame niemals getroffen. Sie wollte ja nicht. Ich weiß nicht einmal, ob sie hübsch oder hässlich war.«

      »Ich kann Ihnen versichern, dass Frau Feist sehr hübsch war, und besonders schöne Beine hatte.« Valerie beobachtete Ritters Reaktion, aber der feixte nur.

      »Hat mich mein Gefühl also nicht getrogen. Bei Frauen mit verführerischen Stimmen kann man böse Überraschungen erleben.«

      »Sie scheinen einen Großteil Ihrer Zeit mit Telefonieren zu verbringen. Können Sie sich das leisten?«

      »Ach, wissen Sie, im Zeitalter der Telefonflatrates ist das kein Problem mehr. Außerdem irren Sie sich, falls Sie glauben ich mache das gewohnheitsmäßig. Diese Frau hatte etwas Besonderes, ich hätte sie gerne getroffen.«

      »Angenommen, Frau Feist wäre auf ihre Einladung eingegangen – verzeihen Sie, wenn ich das sage, aber wenn ich mich hier so umsehe … was hätten Sie ihr bieten können? Oder unterhalten Sie noch eine besser ausgestattete Zweitwohnung oder eine großzügig bemessene Werkstatt?«

      »Es soll Frauen geben, die auf materielle Dinge nicht so viel Wert legen. Ich bin ein ganz lieber Kerl und im Bett einsame Spitze.«

      »So genau wollte ich es eigentlich nicht wissen.«

      Ritter grinste. »Und zu Ihrer zweiten Frage: Nein, das ist meine einzige Wohnung, und eine Werkstatt besitze ich auch nicht. Sehe ich wie ein Künstler oder Handwerker aus?«

      »Man sieht einem Menschen seinen Beruf oder seine Hobbys nicht auf Anhieb an. Und in Kreuzberg findet man bekanntermaßen viele Fabriketagen oder alte Werkstätten. Ich habe selbst einmal in diesem Bezirk gelebt.«

      »Wie schade, dass wir uns nicht schon damals begegnet sind. Aber ich muss Sie enttäuschen, eine Fabriketage kann ich mir nicht leisten. Andernfalls würde ich dort sicher auch wohnen.«

      »Manche Räume sind zum Arbeiten noch immer geeignet, zum Wohnen aber weniger«, gab Valerie nicht auf.

      »Ich hatte einen stinknormalen Bürojob, bis mein Rücken nicht mehr mitspielte. Künstlerische oder handwerkliche Ambitionen gehen mir gänzlich ab.«

      »Wo haben Sie sich am Abend des dreiundzwanzigsten Mai aufgehalten? Das war ein Freitag, der nicht so heiß wie die übrigen Tage war, und es regnete nicht. Also so recht geeignet für einen Spaziergang.«

      »Ich war zu Hause. Der große Läufer bin ich nicht und sitze lieber. Wahrscheinlich habe ich telefoniert, das müsste sich ja nachprüfen lassen.«

      »Das werden wir. Bei welchem Provider haben Sie Ihre Flatrate?«

      »Bei der Telecom. Zusammen mit Internet und Fernsehen.«

      »Und Sie waren nicht doch zufällig in der Rollbergstraße? Gar so weit ist es ja nicht von hier.«

      »Mit Sicherheit nicht. Was hätte ich da sollen? Und zu Fuß ist es schon eine ordentliche Strecke. Ich bin nämlich nicht motorisiert.«

      »Das wäre meine nächste Frage gewesen. Und Sie haben auch keinen Freund, der Ihnen hin und wieder sein Fahrzeug leiht?«

      »Ich gehöre zu der seltenen Spezies, die keinen Führerschein hat.«

      »Na ja, es gibt öffentliche Verkehrsmittel …«

      »Trotzdem, ich bin meistens hier. So auch an dem bewussten Abend.«

      »Gut, dann hätte ich im Moment keine weiteren Fragen. Vielleicht sehen wir uns aber noch einmal wieder.«

      »Das würde mich außerordentlich freuen …«

      »Ich werde es meinem Mann ausrichten, Herr Ritter …«

      Der sechste Juli war besonders heiß in Berlin. Die Freibäder waren mehr als gut besucht. Überall sah man halbnackte Menschen, die in der Sonne brieten, im Schatten dösten oder Erfrischung in den Wasserbecken suchten.

      Er hatte seine Decke auf dem Rasen ausgebreitet und lag auf dem Bauch, um seine Erregung zu verbergen. Seine große, dunkle Sonnenbrille verbarg seine gierigen Blicke. Es gab viel zu sehen, denn das Freibad im Humboldthain wimmelte nur so von hübschen jungen Frauen, die mit ihren Freundinnen, Liebhabern oder Kindern etwas Abkühlung suchten. Ihn interessierten nur die scheinbar alleinstehenden. Und darunter nur jene, die sich durch eine tadellose Figur auszeichneten. Er mochte keine pummeligen oder zu kleine Frauen, und solche mit sogenannten Reiterhosen waren ihm ein Graus. Seine Traumfrau musste groß sein, mit festen Schenkeln, schlanker Taille und wohlgeformten Brüsten. Sie musste kein Model sein, die oft nur einen kleinen Busen hatten und ihm deutlich zu mager waren.

      Eine fiel ihm sofort ins Auge. Eine Blonde mit nicht besonders schönem Gesicht, aber dafür umso perfekterem Körper, den ihr knapper Bikini nur unzureichend verhüllte. Wenn sie ging, wiegte sie sich in den Hüften, ohne dass es aufgesetzt oder einstudiert wirkte. Als sie sich hinlegte und das Oberteil ihres Bikinis öffnete, sah er, dass ihre Brüste genau die richtige Größe hatten, nicht zu viel und nicht zu wenig. Und er wäre jede Wette eingegangen, dass die Schöne nicht mit Silikon nachgeholfen hatte.

      Ja, das war genau die Richtige, dachte er und legte sich einen Schlachtplan zurecht, wie er an sie herankommen könnte. Es war keine von denen, die vordergründig Kontakt zu Männern suchte, denn die bewundernden Blicke, die ihr galten, quittierte sie mit Gleichgültigkeit oder Missachtung. Entweder hatte man ihr schon zu oft gesagt, wie tadellos sie aussah, oder es war eine von den Treuen, die sich für ihren Freund aufsparte, der zwar heute keine Zeit hatte, sie zu begleiten, sich aber sicher sein konnte, dass sie sich nicht anderweitig orientierte, überlegte er.

      Dann kam seine Stunde, als sie aufstand und das Selbstbedienungscafé auf dem Gelände ansteuerte. Er machte keinen plumpen Annäherungsversuch oder setzte sich gar an ihren Tisch. Vielmehr nahm er an einem der Nebentische Platz und schaute nur hin und wieder in ihre Richtung. Wobei sein Blick sekundenlang auf ihr verharrte, um sich sogleich wieder abzuwenden.

      Das Glück war mit ihm, denn als sie nach dem Kaffee noch ein Eis kaufen wollte, sich erneut in die Warteschlange einreihte und ihr kleines Portemonnaie fallen ließ, stand er nah genug, um sich blitzschnell bücken und die herausfallenden Münzen einsammeln zu können. Als er sich aufrichtete und das Fallgut überreichte, blickte er in ein lächelndes Gesicht, das sogleich um einiges hübscher wirkte.

      »Es gibt doch tatsächlich noch Kavaliere«, sagte sie mit einer etwas plärrenden Stimme, die bestimmt so manchen Mann verschreckte, aber ihm ging es ja nicht um die Stimme, die war für ihn ganz ohne Wert.

      »Lassen Sie öfter mal was fallen?«, fragte er grinsend.

      »Im Allgemeinen nicht, und falls sie annehmen, ich hätte es absichtlich getan, muss ich Sie enttäuschen.«

      »Das würde ich Ihnen nie unterstellen …«

      »Wie ritterlich, aber mich immer wieder

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