Tauziehen am Myrtenkranz. Wilma Burk

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Tauziehen am Myrtenkranz - Wilma Burk

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lag ich neben ihm. Ich konnte nicht schlafen, zu aufgewühlt war ich von all dem Geschehen dieses Tages. Ich lauschte auf die mir noch fremde Umgebung. Ein leiser Wind war aufgekommen und klapperte irgendwo am Schuppen mit einem Brett. Jemand fuhr mit einem Fahrrad knirschend auf dem Sand des Weges zwischen den Gärten entlang. Die Nachbarn waren erwacht und riefen sich freundliche Morgengrüße zu. Dies alles sollte mir einmal vertraut sein? So enttäuscht, wie ich jetzt war, fürchtete ich mich davor. Ich wollte versuchen Konrad zu verstehen. Doch es half nichts, es schmerzte, dass ich mich zum ersten Mal hingeben wollte und verschmäht wurde. Wie Hohn kamen mir seine Worte in den Sinn: „Ich will nicht lange warten!“ Wie hatte ich mir stets eine Hochzeitsnacht ausgemalt, voller Liebe und Leidenschaft. Ein Traum, der nun zerbrach.

      Ausgerechnet jetzt kamen mir die oft gesprochenen Worte von Tante Emmy in den Sinn: „Die Männer sind alle Egoisten. Was fragen die nach den Gefühlen einer Frau.“ Ich sah sie dabei vor mir, in ihrer Hagerkeit, mit den verachtend heruntergezogenen Mundwinkeln.

      „Aber Emmy!“, hatte Mama sie jedes Mal vorwurfsvoll gerügt und bezeichnenden zu mir gesehen.

      Doch die Sorge von Mama war unnötig gewesen. Gegen diesen Ausspruch von Tante Emmy hatte ich mich sowieso aufgelehnt. War sie nicht selbst Schuld am Scheitern ihrer Ehe? Was konnte Onkel Emil dafür, wenn er nicht so klug war wie sie? Hätte sie ihn das nicht merken lassen, wäre er vielleicht noch heute bei ihr. So jedenfalls erzählte es Mama. Damit hatte ich mich früher immer in meine rosigen Zukunftsträume zurückgezogen. Nein, ich habe nie etwas dagegen gehabt, wenn Mama versuchte, alles Hässliche von mir fernzuhalten.

      Und doch blieb mir das Schicksal von Mamas Cousine Gertrud nicht verborgen. Sie kam selten zu uns. Wenn, dann meistens nur, um sich auszuheulen. Mama schloss die Tür vor uns zu, wenn sie leise miteinander sprachen. Eines Tages aber hatte sie es vergessen. Ich konnte hören, wie Cousine Gertrud in der Küche Mama ihr Leid klagte über ihren untreuen Ehemann: „Nicht einmal mehr anfassen tut er mich, Meta. Nur sein Flittchen hat er im Sinn, diese junge unverschämte Person. Doch fürs Wäschewaschen bin ich ihm noch gut genug.“ Sie weinte sehr.

      „Was willst du machen, Gertrud? Denke daran, dass du so wenigstens dein Auskommen hast, wenn du es auch sonst nicht ändern kannst“, redete Mama ihr zu.

      Das sagte Mama? Ich konnte es kaum glauben.

      Mama erschrak, als sie bemerkte, dass ich alles mit angehört hatte. „Das mit Gertrud und ihrem Mann ist wirklich eine Ausnahme“, versuchte sie mir damals zu versichern.

      Wirklich?

      Verrückt, jetzt enttäuscht von einer Hochzeitsnacht, die nicht so verlief, wie ich sie mir vorgestellt hatte, fielen mir diese unerfreulichen Beispiele ein.

      Endlich überkam auch mich Müdigkeit. Noch einmal sah ich all die wissenden, fast lüsternen Blicke vor mir, die uns zum Abschied begleitet hatten. Woran hatten sie alle gedacht - und wie war es gekommen. Das Verlangen, unbändig zu lachen, überkam mich. Ich versuchte, es unter der Bettdecke zu ersticken. Doch Konrad schlief, er hörte es nicht.

      Nur noch halbwach erinnerte ich mich an seine Worte von vorhin: „Morgen ...“ – morgen ..., dachte ich und schlief ein.

      *

      Wie habe ich einen Tag wirklich leben können ohne dich, Konrad, wie einen Morgen erwachen, ohne auf deinen Schlaf eifersüchtig zu sein? Ich küsste deine borstigen Wangen bis sich deine Arme um mich schlossen. Wie konnte es eine Zeit geben, ohne in deiner Nähe zu sein? Und deine Hände waren immer bereit, mich zu streicheln, dein Mund mich zu kosen und deine Wärme umhüllte mich. Behutsam hast du mich zum ersten Mal genommen, als du deinen Rausch ausgeschlafen hattest. Vergessen war die Enttäuschung der ersten Nacht. Und ich fieberte jeder Vereinigung mit dir erneut entgegen.

      Ich lernte es, im flackernden Schein der Kerzen am Abend vor dem etwas blinden und gesprungenen Spiegel kokett mein Haar zu kämmen, dass es weich meinen Nacken umspielte. Mit jedem knisternden Strich des Kammes lockte ich dich. Und du kamst als Verführer, rissest mich leidenschaftlich an dich, zerwühltest mein eben geglättetes Haar und warst doch der Verführte. Ich spürte die Macht, die ich über dich besaß. Du gehörtest zu mir. Nichts konnte uns mehr trennen. Ich drehte den silbernen Ring an meinem Finger und glaubte, mit diesem Ring, mit meinem Körper, Frau und erwachsen geworden zu sein.

      Nie wieder habe ich eine Zeit so bewusst gelebt, wie diese zwei Wochen dort in der bescheidenen alten Laube. Wir gingen eng umschlungen am Ufer des in der Nähe vorbeifließenden Kanals entlang, wir lagen dicht beieinander in Liegestühlen im Garten und träumten. Aber es gab auch Arbeit in Haus und Garten, die verrichtet werden musste. Bald merkte ich, wie ordentlich Konrad all seine Sachen wegräumte. Mir kamen die Worte eines Cousins über seinen Vater in den Sinn: „Wenn er könnte, würde er noch Haken in seiner Hosentasche anbringen, um darin alles ordentlich aufzuhängen.“ Das konnte beinahe auf Konrad passen. Ich bemühte mich auch, meine Sachen stets aufzuräumen, aber eigentlich lag mir das nicht.

      Ich war gewöhnt an ein eigenes Zimmer, wo nichts, was herumlag, jemand im Wege war. Zu Mamas Leidwesen war ich nie besonders ordentlich. Manchmal war sie in mein Zimmer gekommen, hatte sich kritisch umgesehen und vorwurfsvoll gesagt: „Es könnte nichts schaden, wenn du wieder einmal aufräumst.“ Was war ich dann froh, wenn sie nicht noch den Schrank öffnete, aus dem ihr bestimmt alles entgegengequollen wäre.

      An Konrads Ordnungssinn musste ich mich nun gewöhnen. Es war mir peinlich, wenn er ein Nachthemd oder Strümpfe von mir aufhob, die achtlos auf den Boden gefallen waren. Schweigend, noch mit amüsiertem Lächeln hielt er sie mir entgegen. Hastig stopfte ich sie sogleich unter die Bettdecke, die keineswegs so sauber gefaltet auf dem Bett lag, wie er es gewöhnt war. Ich war schon froh, wenn er mich nicht fragte, was die Strümpfe im Bett zu suchen hätten.

      Auch im Garten war nicht zu übersehen, wie sehr Konrad Ordnung liebte. Voller Geduld und Ausdauer beschäftigte er sich mit diesem winzigen Stück Erde.

      „Na, wieder auf Unkrautjagd“, rief ihm der Nachbar launig über den Zaun zu.

      „Bei uns können Sie weitermachen, wenn Sie bei sich kein Unkraut mehr finden“, ergänzte ihn seine Frau, und die krausen Locken, die ihr volles Gesicht umrahmten wippten vergnügt dazu.

      Das waren gemütliche, freundliche Leute. Seit im Krieg ihre Wohnung in der Stadt von Bomben zerstört worden war, und sie froh waren, mit dem Leben davongekommen zu sein, wohnten sie jetzt ständig in ihrer Laube. Sie hatten inzwischen einen Raum angebaut, aus Steinen, welche die Trümmerfrauen aus dem Häuserschutt wieder verwendbar gemacht hatten. Zu ihnen führte auch eine elektrische Leitung auf hohen Pfählen den Weg entlang. Sie waren nicht die Einzigen in dieser Siedlung, die froh waren, hier eine Bleibe gefunden zu haben, nachdem sie durch Bomben obdachlos geworden waren.

      Er hatte eine sonnenverbrannte Glatze und blickte mit zusammengekniffenen Augen neugierig zu uns herüber. Sie trug ständig eine bunte Kittelschürze. Mit ihren nackten drallen Armen erinnerte sie mich an Tante Luise. Sie sahen beide nicht aus, als müssten sie sich viel Sorgen um das Beschaffen von Lebensmitteln machen. Oft zogen um die Mittagszeit verführerische Gerüche aus ihrer Küche zu uns herüber.

      Am ersten Tag, als ich mich zuerst verlegen aus der Laube hinter Konrad in den Garten getraut hatte, kamen sie an den Zaun und riefen uns zu sich. Sie reichten uns einen Teller mit selbstgebackenem Apfelkuchen herüber. Verlockend stieg uns der Duft davon in die Nase. Das war eine willkommene Überraschung.

      „Jetzt sind Sie sicher hungrig“, sagte die Nachbarin dazu und kicherte.

      „Na klar!“, ergänzte ihr Mann und zwinkerte mit den Augen Konrad zu, woraufhin ich rot wurde.

      Konrad

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