Kinder erzieht man nicht so nebenbei. Wilma Burk

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Kinder erzieht man nicht so nebenbei - Wilma Burk

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Klaus auf Mamas Arm klammerte sich an ihren Hals und Susi versteckte sich hinter ihrem Rock. Noch mit Tränen in den Augen sahen sie vorwurfsvoll zu ihrer Mutter auf.

      „Nun sieh dir das an!“, lachte Traudel etwas zu betont. „Mama untergräbt mir jede Autorität.“

      Nicht nur bei diesem kleinen Zwischenfall, sondern auch später sollte ich den Eindruck bekommen, als wären Susanne und Klaus vielmehr zu Mamas Kindern geworden als zu Traudels.

      Als wir alle um den Kaffeetisch saßen, war diese kleine Unstimmigkeit vergessen. Jetzt wollten sie als Erstes wissen, wie unsere Reise gewesen war – und sie hörten uns sogar geduldig zu. Voller Begeisterung erzählten wir und zeigten Bilder, die wir fotografiert hatten: Mal war ich mit Rucksack auf einem schmalen Bergpfad zu sehen, mal Konrad mit Rucksack auf einem steilen Weg, dann standen wir an einem Gipfelkreuz oder saßen im Restaurant vor einer Riesenportion Salzburger Nockerln. Als wir die Bilder wieder einpackten, fiel mir auf, wie still Traudel geworden war. Mit zusammengekniffenen Lippen saß sie da. „Ihr habt es gut, ihr könnt verreisen, wann ihr wollt“, bemerkte sie.

      Warum sagte sie das?

      Mama wechselte offensichtlich schnell das Thema und fragte nach den Ereignissen in Berlin.

      Während Konrad begann, davon zu berichten, blickte ich zu Mama. Wie zufrieden sie sich in diesem Kreis umsah, der jetzt ihre Welt war. Auf ihrem Schoß hielt sie Klaus, der krümelnd einen Keks aß, und immer wieder ging ihr Blick zu Susi, die ausdauernd von einem zum andern lief und versuchte, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

      Sie schien sich hier, am Rand von Hannover, wirklich gut eingelebt zu haben. Dabei musste sich Traudel nicht mehr um ihre Kinder sorgen, sondern sie konnte sich völlig dem Betrieb widmen. Das tat sie offenbar auch mit Begeisterung. Für sie schien es kaum noch ein anderes Gesprächsthema zu geben als Autos und Geschäft. Karl-Heinz saß daneben, hörte ihr zu, pflichtete ihr bei und war sichtlich stolz auf sie. Onkel Oskar betonte Traudel zublinzelnd, dass es wohl nicht nur an dem zunehmenden Wohlstand der Menschen liege, wenn der Betrieb jetzt so gut ginge.

      Trotzdem sollte ich bald Gelegenheit haben, zu bemerken, wie sehr Traudel bei der Kindererziehung ihre eigenen Vorstellungen hatte. Sie scheute sich nicht, Mama klarzumachen, wie sie die Kinder erzogen haben wollte. Kein Wunder also, dass Mama und Traudel darüber manchmal aneinandergerieten.

      „Lass dir nicht einfallen, Susanne den Knicks und Klaus später den Diener vor anderen Leuten zur Begrüßung beizubringen“, forderte Traudel misstrauisch von Mama.

      Die fühlte sich sofort zurechtgewiesen und verletzt. „Na, so altmodisch bin ich nun auch nicht!“, wehrte sie beleidigt ab. „Aber die Worte: Bitte und Danke kommen doch wohl noch in eurer neumodischen Erziehung vor, oder nicht?“

      Prompt beklagte sich Mama darüber bei mir. Dabei erfuhr ich, dass sie mitunter so weit ging, Traudel anzudrohen, sie werde nach Berlin zurückgehen, dahin, wo ihr geliebter Mann ruhe. „Schließlich habe ich nur alles aufgegeben, um Traudel zu helfen“, stellte sie beleidigt fest. „Und wenn sie nicht fähig oder willens ist, ihre Aufgabe als Mutter voll zu erfüllen, dann soll sie mir auch gefälligst nicht dreinreden.“

      Mir sträubten sich ein wenig die Haare. Als dann auch noch Traudel sich empört an mich wandte, dachte ich, das geht schief mit den beiden, die sich so sehr ähnelten in ihrem energischen Temperament. Als ich Mama aber darauf aufmerksam machen wollte, lehnte sie den Vergleich empört ab. „Schließlich bin ich nie auf die Idee gekommen, meine Kinder wegen einer so genannten Berufstätigkeit andern zu überlassen.“

      In den wenigen Tagen, die wir bei ihnen verbrachten, bekam ich mit, wie gut der ruhige, ausgeglichene Karl-Heinz für die beiden war. Wie er sie stets zu versöhnen wusste. Er kannte seinen „kleinen roten Teufel“, wie er Traudel noch immer nannte. Und er schaffte es, dass sie Mama bald wieder bettelnd umschnurrte.

      Dabei erkannte ich sogar, wie stolz Mama eigentlich auf ihre geschäftstüchtige Tochter war. Auch wenn sie sich zehnmal darüber mokierte, über die so genannte Emanzipation und erklärte: „Nun sag mir mal, worin die Frauen den Männern gleich geworden sind? Kinder kriegen Frauen wie eh und je. Haben die Männer etwa etwas von ihren Vorrechten aufgegeben, damit die Frauen etwas gewinnen konnten? Nein! Neben all ihren bisherigen Aufgaben im Leben haben die Frauen bloß noch zusätzliche berufliche Leistungen übernommen. Und das soll erstrebenswert sein?“

      So dachte Mama, und davon ließ sie sich nicht abbringen. Es würde immer wieder Reibereien zwischen ihr und Traudel geben. Trotzdem fuhr ich nicht zu beunruhigt nach West-Berlin zurück. Wichtig war, Mama hatte eine neue Aufgabe gefunden.

      „Mit Hilfe von Karl-Heinz werden die beiden es bestimmt schaffen, miteinander auszukommen. Es wäre ja das erste Mal, wenn Mutter und Tochter stets übereinstimmten. Oder warst du immer Mamas Meinung?“, fragte mich Konrad und schmunzelte richtig hinterhältig dabei.

      Natürlich konnte ich mich gut daran erinnern, wie oft auch ich mich gegen Mama aufgelehnt hatte.

      7. Kapitel - 1961

      Gleich Anfang des Jahres forderte die Sowjetunion erneut, eine völkerrechtliche Umwandlung West-Berlins in eine „Freie Stadt“ ohne Bindungen an die Bundesrepublik. Das wurde scharf zurückgewiesen.

      Das Hin und Her um Berlin ging weiter. Ich befürchtete, die Westmächte könnten des dauernden Streites darum einmal müde werden. Hofften das die Machthaber im Osten auch, oder war alles nur die Vorbereitung für einen entscheidenden Schritt?

      Wenn ich manchmal am Telefon mit Mama oder Traudel sprach und dabei von meiner Furcht berichten wollte, die mich bei jeder provozierenden Maßnahme des Ostens befiel, dann sagte Mama nur: „Mach dir nicht so viele Gedanken! Der Westen wird West-Berlin nie aufgeben.“ Damit war es für sie abgetan. Ja, Berlin war eben inzwischen auch für sie weit entfernt.

      Doch sofort bekam ich zu hören, was sie beschäftigte. „Weißt du übrigens das Neueste? Traudel hat jetzt ihr eigenes Auto bekommen, ein wirklich flottes kleines Automobil.“ Und sie berichtete davon voller spürbarem Stolz, obwohl sie doch nichts von Autos verstand und eigentlich gegen die Arbeit Traudels im Betrieb war. „Du solltest mal sehen, wie sie damit jetzt durch die Gegend flitzt“, betonte sie fröhlich.

      „Wann willst du eigentlich endlich deinen Führerschein machen“, drängte mich Konrad daraufhin zum wiederholten Male. Wenn wir auf Reisen waren, sagte er oft: „Es wäre schön, wenn du mich jetzt ablösen könntest.“ Doch noch zögerte ich. Noch saß ich lieber daneben und spielte den Co-Piloten - wie er mich nannte -, mit der Landkarte auf dem Schoß.

      Bald fuhren wir nicht mehr nur am Anfang oder Ende unserer Reisen in Hannover vorbei, sondern mitunter extra über Feiertage hin, zu Ostern oder zu Pfingsten. Nach West-Deutschland fuhren dann zwar viele West-Berliner zur gleichen Zeit und an den Grenzübergängen bildeten sich lange Autoschlangen, so dass man lange warten musste, aber ich freute mich, auf diese Weise Mama öfter sehen zu können. Das gab mir das Gefühl, dass sie doch nicht so weit entfernt war.

      So sehr Mama auch mit den Kindern und all der Arbeit ausgefüllt war, die Sehnsucht nach ihrem Jungen, meinem Bruder Bruno, verließ sie nicht. „Warum er nur nicht kommen kann?“, fragte sie manchmal ratlos. „Sieben Jahre ist er nun fort. Ich weiß gar nicht mehr, wie er aussieht. Andere kommen doch nach Deutschland auf Besuch aus Amerika, aus England. Warum er nicht? Hätte ich nur so viel Geld, um es ihm für ein Flugticket schicken zu können.“

      Bald jedoch erfuhr sie den Grund, warum Bruno noch nicht kam.

      Als

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