Königreich zu verschenken. Nicole Gozdek

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Königreich zu verschenken - Nicole Gozdek

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„wenn du mir beweist, dass du es ernst meinst. Von heute an musst du dir meine Vergebung erarbeiten. Und du fängst sofort damit an. Deine Schlüssel!“

      „Was?“

      „Deine Schlüssel!“, befahl sein Großvater und streckte fordernd die Hand aus.

      Widerwillig zog Julien seinen Schlüsselbund aus der Tasche. Er hatte keine andere Wahl. Walter sah so aus, als würde er Gewalt anwenden, sollte er nicht gehorchen.

      Sein Großvater nickte zufrieden und steckte die Schlüssel ein. Dann gab er Piers einen Wink. Dieser grub in seinen Taschen, bis er gefunden hatte, was er suchte. Er lächelte triumphierend, holte einen Schlüssel aus seiner linken Hosentasche und drückte ihn Julien in die Hand.

      „Was soll das?“, fragte Julien verblüfft.

      „Das ist der Schlüssel zu deiner neuen Wohnung“, erklärte sein Großvater. „Von heute an hast du eine eigene Wohnung. Leibwächter stehen dir nicht mehr zu, du wirst dir also in Zukunft keine Sorgen mehr darüber machen müssen, wie du Piers und Walter entwischen kannst. Die Wohnung ist eingerichtet und der Kühlschrank voll. Um alles Weitere musst du dich selbst kümmern.“

      Das hörte sich doch gar nicht so schlecht an, dachte Julien. Eine eigene Wohnung, keine Leibwächter mehr, die ihm die Ohren vollquasselten oder ihm ihre Waffen unter die Nase hielten. Doch irgendwie traute er der ganzen Sache noch nicht. Irgendwo in dieser Geschichte war ein Haken. Er sah nur noch nicht wo.

      „Wir sehen uns morgen beim Abendessen. Acht Uhr. Sei pünktlich!“, befahl sein Großvater und ging.

      Walter starrte seinen Vorgesetzten an. „Und was machen wir nun?“

      „Nun bringen wir Julien zu seiner neuen Wohnung“, meinte Piers. „Danach verschwinden wir. Du hast es doch gehört. Und packt endlich die Waffen weg!“, befahl er unwirsch. „Das macht mich noch ganz nervös.“

      „Ach, darum hat das also so lange gedauert“, erkannte Walter. „Ich habe mich schon gewundert, warum wir hier so lange warten mussten.“

      Piers nickte. Dann gab er Julien einen Wink. „Kommen Sie.“

      Julien gehorchte. Während der Autofahrt sprach niemand ein Wort. Sie benutzten einen unscheinbaren Kombi, nur Walter, Piers und er. Die anderen hatte Piers nach Hause geschickt.

      Julien war in Gedanken versunken. Wo sie wohl hinfuhren? Er wusste, dass sein Großvater mehrere Häuser in der Gegend hatte, und nun sollte Julien eines davon sein Eigen nennen, ein aufregender Gedanke. Ob er wohl das schöne Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert bekam? Das wäre toll, sein absoluter Favorit unter den Besitztümern seines Großvaters. Und die Gegend war einfach atemberaubend, sie verlieh dem ganzen Anwesen etwas Märchenhaftes, Romantisches. Julien malte sich schon romantische Abendessen im Kerzenschein aus.

      Schließlich räusperte sich Piers. „Wir sind da.“

      Julien beendete abrupt seine Tagträumereien. Ungläubig starrte er aus dem Fenster. Das konnte nicht sein! Das war nicht das Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert und man konnte noch nicht einmal von einem Herrenhaus sprechen.

      Piers hatte vor einem zweistöckigen Backsteingebäude gehalten, das mitten im Nirgendwo zu stehen schien, und lächelte zufrieden. Julien ließ er nicht aus den Augen und so sah er erst Unglauben, dann Verwirrung und zuletzt offenes Entsetzen über seine Züge huschen.

      „Das kann nicht sein!“, protestierte Julien schließlich. „Sie müssen sich verfahren haben! Sind Sie wirklich sicher, dass die Adresse stimmt? Das hier ist nicht eines der Anwesen meines Großvaters.“

      „Stimmt“, erwiderte Piers ungerührt. „Ich habe es heute erst gemietet. Wir hatten Glück, dass es schon etwas länger leer stand. So mussten wir nur einmal gründlich putzen und ein paar Möbel herschaffen. Aber das war ein Klacks. Wollen wir reingehen?“

      Wie betäubt ließ sich Julien zum Haus führen. Das rote Backsteingebäude wirkte trotz seiner kleinen Ausmaße irgendwie bedrohlich auf Julien. Das konnte sein Großvater doch nicht gebilligt haben!

      „Weiß mein Großvater davon?“, fragte er und wies auf das Haus. „Von dieser ... Abscheulichkeit?“

      Piers schmunzelte. „Ich bitte Sie, das ist doch etwas übertrieben! Das Haus ist weder verfallen noch hässlich, es ist nur nichts Besonderes. Sie werden sich schon daran gewöhnen. Das meinte Ihr Großvater übrigens auch, als ich es ihm gezeigt habe.“

      Das konnte nicht wahr sein! Aber ein Blick in Piers‘ Gesicht zeigte ihm, dass es doch Realität war. Hier würde er von nun an leben müssen, in dieser ... dieser Bruchbude!

      Piers öffnete die Tür, die nicht abgeschlossen war. Drinnen lief amerikanische Popmusik. Irgendwo brutzelte etwas. Es roch gut.

      Piers zeigte nach links. „Hier ist das Wohnzimmer. Neben der Treppe ist das Bad und auf unserer Rechten ist die Küche. Oben sind die beiden Schlafzimmer und noch ein weiteres Bad. Über die Schlafzimmer müssen Sie sich mit Ihrem Mitbewohner einig werden.“

      Julien glaubte, sich verhört zu haben. „Mitbewohner?“, wiederholte er ungläubig.

      Piers lächelte. „Ja. Sie werden schon miteinander klarkommen“, meinte er, doch dann verfinsterte sich sein Gesicht. „Falls nicht, so hat er das Sagen. Ist das klar? Das ist eine klare Anweisung von Ihrem Großvater. Falls Sie diese nicht befolgen, können Sie sich das Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert abschreiben!“

      „Woher wissen Sie ...?“, fragte Julien verblüfft.

      „Dass Sie ein Auge auf das Anwesen geworfen haben?“ Piers schüttelte den Kopf, als könnte er so viel Naivität nicht fassen. „Junge, werden Sie endlich erwachsen! Das ist doch allgemein bekannt, schließlich haben Sie Ihrem Großvater deswegen schon lange in den Ohren gelegen. Sehen Sie diese Zeit als Prüfung an. Sollten Sie bestehen, gehört das Herrenhaus Ihnen. Wenn nicht, werden Sie hier noch eine Weile länger wohnen bleiben müssen.“

      „Und wie lange soll diese ... Prüfung dauern?“, erkundigte sich Julien bitter. Das konnte doch alles nicht wahr sein!

      Piers zuckte mit den Schultern. „Das weiß ich nicht. Stellen Sie sich aber auf einen längeren Zeitraum ein. Ein Jahr auf jeden Fall, vielleicht auch zwei oder drei.“

      Zwei oder drei Jahre in dieser Bruchbude?

      „Das kommt ganz auf Sie an. Und wie Ihr Großvater Ihr Verhalten beurteilt. Ihr Mitbewohner ist in der Küche. Sie sollten sich miteinander bekannt machen. Vergessen Sie morgen nicht das Abendessen bei Ihrem Großvater.“

      Er drehte sich um und ging zur Tür. Walter folgte ihm grinsend. An der Tür blieb Piers noch einmal stehen. „Ehe ich es vergesse, Arbeitsbeginn ist um sieben Uhr. Sie dürfen ausnahmsweise mal etwas später kommen, weil es ja Ihr erster Tag ist. Gute Nacht!“

      „He, was soll das heißen?“, rief Julien. Arbeitsbeginn? Er und arbeiten? Das sollte doch wohl ein Scherz sein! Und dann noch um sieben Uhr? Hatte er wirklich sieben Uhr früh gemeint? Musste er ja wohl, wenn um acht Uhr abends das Abendessen bei seinem Großvater war.

      Unentschlossen stand er auf dem Flur. Was sollte er jetzt machen? Missmutig starrte er aus dem Fenster. Walter und Piers waren längst mit dem Auto davongefahren und weit und breit war kein anderes Fahrzeug in Sicht.

      Keine

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