Marsjahr. Sven Hauth

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Marsjahr - Sven Hauth

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      Darren betrat das Radio Shack-Geschäft und schlenderte von einem Regal zum nächsten, fasziniert und eingeschüchtert zugleich von dem technischen Spielzeug und den Möglichkeiten, die darin schlummerten. Er stoppte vor einem der ausgestellten Tandy Rechner und stierte auf den pulsierenden Cursor. Diese sogenannten Heimcomputer breiteten sich aus wie ein Virus, besonders jetzt, wo das Weihnachtsgeschäft vor der Tür stand. Er hegte eine tiefe Abneigung gegen die seelenlosen Kästen. Sie verbargen ihr Innenleben, und mussten mit kryptischen Befehlen gefüttert werden. Kinderspielzeug, das niemand wirklich brauchte.

      Darren wusste, wie man Löcher bohrte und spürte das korrekte Drehmoment einer Schraube im Handgelenk. Er konnte einen Benzinmotor in seine Einzelteile zerlegen und wieder zusammenbauen, und ja, wenn es sein musste, hatte er noch jede verstopfte Toilette wieder frei bekommen. Er war ein Handwerker, durch und durch. Darrens Welt war das Greifbare, nicht dieses elektronische Kinderspielzeug, das niemand wirklich brauchte. Jede Wette, dass die Dinger in ein paar Monaten wieder verschwinden würden.

      Darren drückte die Leertaste. Der Tandy quittierte es mit einem gereizten Warnton, als Bestätigung gegenseitiger Abneigung.

      Ein geschniegelter Verkäufer trat neben Darren und knipste sein Radio Shack Lächeln an.

      "Was kann ich heute für sie tun, Sir? Möchten sie eine Softwaredemo?"

      "Ich interessiere mich eher für Kameras. So kleine, die nicht auffallen. Haben sie so was?"

      "Videoüberwachung? Selbstverständlich, Sir. Folgen sie mir."

      Der Mann geleitete Darren zu einem Regal, dass mit Überwachungselektronik beschriftet war.

      "Alles, was sie zu ihrer Sicherheit jemals brauchen werden. Für den Innen- oder Außenbereich?"

      "Innen."

      Der Verkäufer ging in die Hocke und raschelte eine Weile im unteren Regal. Er öffnete einen der Kartons und drückte Darren einen schwarzen Kasten in die Hand, nicht viel größer als eine Stange Marlboro.

      "Für drinnen empfehle ich dieses Modell. 15 mm Weitwinkel, die erfasst den ganzen Raum."

      "Nimmt die in Farbe auf?"

      "Selbstverständlich."

      Darren besah sich die Kamera als ob er etwas davon verstand.

      "Passend dazu" - der Verkäufer tauchte erneut ab und zog einen größeren Karton hervor - "verkaufen wir diesen Videorekorder vom selben Hersteller. Der zeichnet zehn Stunden auf, ohne dass sie das Band wechseln müssen."

      "Okay", sagte Darren, um etwas Bedenkzeit zu gewinnen. Eine derartige Anschaffung würde ein deutliches Loch in Darrens schmales Hausmeisterbudget reißen. Die nächste Zeit müsste er auf sein geliebtes Guinness verzichten. Andererseits würde das, was er vor hatte, ihm weitaus mehr Vergnügen bereiten.

      Besorgt über Darrens Zögern bückte sich der Verkäufer erneut, diesmal nach einem Zehnerpack Videokassetten.

      "Die lege ich ihnen gratis oben drauf."

      "Perfekt", sagte Darren. "Packen sie es ein."

      -

      Auch am späten Halloween-Nachmittag verirrten sich kaum noch Filmfreunde ins Cine-8. Bedrängt von den überall aus dem Boden sprießenden Multiplexen, die mit Leinwänden in Footballfeldgröße und Surround-Sound Zuschauer anlockten, geriet das in den späten 60ern gebaute Kino jeden Tag etwas mehr in Vergessenheit.

      Für Paul gab es nicht viel zu tun. Er fegte ein paar Alibi-Krümel vom vormals roten Teppichflor in seine Klappschaufel und hielt gleichzeitig ein Auge auf die Kasse, sollte sich doch noch der eine oder andere Besucher hierher verirren.

      Einmal mehr stellte er sich vor, wie Joanne eines Abends durch die Doppeltüren kam. Wie er sie vorbei an der Warteschlange winkte, ihr eine Tüte Popcorn spendierte und einen Film empfahl.

      Es blieb bei der Vorstellung. Selbst die Wahrscheinlichkeit, dass sich Joanne im Schulbus neben Paul setzte, schien höher. Und Warteschlangen hatte Paul im Cine noch nie überlebt. Wenn überhaupt noch jemand den Weg in dieses Kino fand, dann war es die ältere Generation, die hier bereits Filme gesehen hatte, als eine Joanne noch gar nicht existierte.

      Eine Tür ging auf. Aus dem dunklen Loch dahinter trat Jack, der schnauzbärtige Projektionist und allererster Angestellte des Cine, der wahrscheinlich schon Ben Hur vorgeführt hatte.

      "In den goldenen Jahren, da war das Filmvorführen noch echte Männerarbeit", pflegte er zu sagen und erzeugte damit bei Paul zuverlässig Bilder eines schweißgebadeten Jacks, der wie ein Tellerjongleur zwischen den acht Projektionsräumen rumwuselte und wagenradgroße Filmrollen auf die Abspielteller wuchtete. Seit jenen goldenen Jahren hatte das Cine-8 mehrfach den Besitzer gewechselt. Eine Kinokette kaufte den ehemaligen Familienbetrieb, nur um ihn einige Jahre später an eine größere Kinokette weiter zu verkaufen. Das Kino wurde herumgereicht wie eine heiße Kartoffel, bis es schließlich als kleinster Teil eines Pakets von einem japanischen Medienkonglomerat geschluckt wurde, dem der Zustand des Cine-8 so egal sein konnte, wie es von Tokio weit entfernt war.

      Das originale Inventar blieb erhalten, obwohl es mit jedem Jahr eine neue Schicht Patina angesetzt hatte und dringend ersetzt werden musste. Dafür schrumpfte die Zahl der Projektionsräume von acht auf sechs, "aus Kostengründen", wie die Japaner in einem knappen Rundschreiben wissen ließen. Aus denselben Kostengründen wurde das Cine-8 nicht in Cine-6 umbenannt und Pauls Gehaltserhöhung entfiel mit jährlicher Regelmäßigkeit. Dafür wurde sein Aufgabenbereich vom reinen Kehrmeister über Kassierer auf Mädchen für alles ausgedehnt.

      Jack nickte Paul zu und lehnte sich neben ihn an den Tresen.

      Dank des geringen Arbeitsvolumens traute er sich immer öfter aus dem Dunkel der Projektionistenwelt in die grell erleuchtete Lobby. Eine Weile lauschten sie dem erschöpften Summen der Popcornmaschine und starrten im wortlosen Einklang durch die Lücke zwischen Batman und Back to the Future II-Plakat auf den leeren Parkplatz. Am Himmel lauerte eine kurz-vor-Regenschauer Atmosphäre. Trockenes Laub strudelte in einem Mini-Wirbelsturm über schillernde Ölpfützen. Es war noch keine 16 Uhr, doch hinter den getönten Scheiben der Lobby lag die Außenwelt in gefühlter Mitternacht.

      Paul fokussierte auf die Verglasung und betrachtete sein Spiegelbild. Wie alle Angestellten (mit Ausnahme von Jack, der keinen Besucherkontakt hatte) trug er die offizielle Cine-Uniform: schwarze Chinos, weißes Hemd mit schwarzer Fliege und rote Weste mit Namensschild, in der er aussah, als würde er jeden Moment Sätze wie "Rien ne va plus" sagen. Oder, wie Mark es unverblümter ausdrückte, oberpeinlich.

      Draußen fing es an, zu tröpfeln.

      "Drecksregen, murmelte Jack.

      Paul witterte eine der Cine- oder Vietnamgeschichten, die für gewöhnlich Jacks Wetterbericht folgten und mit einem nostalgischen Seufzer und Worten wie "Damals" oder "Früher" eingeleitet wurden. Er kannte sie alle, und lenkte das Thema vorzeitig in eine andere Richtung.

      "Was hältst du von Teil 5, Jack?" Paul nickte dem Pappaufsteller zu, der neben der Eingangstür aufgebaut war und für die neuste Fortsetzung der Halloween-Saga warb. Ein überlebensgroßer Michael Myers hielt sein Schlachtermesser bereit zum sinnlosen Töten.

      Jack war ein wandelnder Filmalmanach, der Horrorfilme ähnlich ernst nahm wie Mark. Er stieß ein verächtliches Geräusch aus und warf in

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