Marsjahr. Sven Hauth
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"Tsk..." machte Paul.
Jack nickte.
Aus Kino Zwei – Harry & Sally – kamen zwei Pärchen und eine ältere Frau, sich die Dunkelheit aus den Augen reibend. Sie sahen ihnen nach, wie sie die letzten Autos vom Parkplatz fuhren.
"Damals, als Halloween 1 hier anlief -", begann Jack.
Scheinwerfer streiften Jacks Gesicht. Für einen Moment reflektierten seine Brillengläser das Licht so, dass es aussah, als schossen Strahlen aus seinen Augen. Paul registrierte das altvertraute Bremsenquietschen, das mit dem Pussy Magnet so untrennbar verbunden war wie Jack mit dem Cine-8.
Kurz darauf polterte Mark in die Lobby, gefolgt von Pauls Ablösung, einem Collegestudenten, der das große Los gezogen hatte, für den Rest des Abends Jacks Geschichten lauschen zu dürfen.
"Was geht, Jack?", rief Mark.
Die beiden begrüßten sich schulterklopfend mit der Seelenverwandschaft zweier Cineasten. Jack sah auf die Uhr.
"Ich lass dann mal laufen. Viel Spaß, Jungs." Er verschwand über die schmale Wendeltreppe in seine Welt der Finsternis.
Mark schob Paul zu Kino Drei.
"Auf geht's, Alter, wir haben noch 'ne Menge vor."
Er sank neben Paul in einen Sitz in der letzten Reihe. Die durchgesessenen Polster knarzten unter Marks Pfunden.
"Alter", flüsterte Mark, als wären sie nicht die einzigen im Saal, "rat mal, was ich uns für heute Abend organisiert habe."
"Videos?"
"Besser!"
"Bier?"
"Quatsch."
"Passe."
"Weiber."
"Weiber?"
Mark zog eine konspirative Augenbraue hoch.
"Scotts Cousinen sind diese Woche in der Stadt. Und die sind sehr single."
Scott arbeitete als Mechaniker für Mark Sr. Er spielte in Marks Leben eine bedeutende Rolle, weil er das Privileg des fortgeschrittenen Alters besaß, und so in der Lage war, alles besorgen zu können, was einem unter-21-jährigen nicht vergönnt war. Inklusive Mädchenkontakten, wie es schien.
"Hier ist der Plan", sagte Mark. "Scott hat gesagt, die rufen uns so gegen 19 Uhr an. Dann nehmen wir sie mit auf unsere Halloween-Tour und zeigen ihnen die Nachbarschaft. Dann gehen wir zurück zu mir. Und dann..."
Marks Augenbraue hob sich fast bis an den Haaransatz. Den Rest überließ er Pauls Fantasie.
"Okay. Cool." Paul war sich nicht sicher, ob ihm dieser Plan gefiel. Er stellte sich vor, wie die beiden Cousinen (die im übrigen beide aussahen wie Joanne - Mädchen in Pauls Fantasie sahen grundsätzlich aus wie Joanne) zwischen ihnen auf Marks Sofa saßen, aber das Bild blieb unscharf. Der Gedanke, er oder Mark könnten tatsächlich in Körperkontakt mit dem anderen Geschlecht kommen, war zu abstrakt. Außerdem kannte er Mark gut genug, um zu wissen, dass dessen "Pläne" für gewöhnlich ins Leere liefen. Im Saal wurde es dunkel.
"Cool", sagte Mark und rutschte mit einem selbstzufriedenen Grinsen in den Sitz.
Der Projektor surrte und schickte einen Staubkegel Richtung Leinwand. Sechsundneunzig Minuten und zweiundzwanzig Opfer später rollte der Abspann.
"Michael weint. Soll ja wohl ein Witz sein." Empört über den Schwächemoment seines Helden stapfte Mark aus dem Kinosaal. Ein paar Besucher hatten tatsächlich noch den Weg ins Cine gefunden und wanderten durch die Lobby. Paul winkte seinem ticketverkaufenden Kollegen ein knappes Wir verschwinden zu, dass dieser nicht sah. Draußen war das Getröpfel zu einem Wolkenbruch geworden.
Zehn Minuten später parkte Mark den Firebird vor einem Rolltor. Mark's Auto Repair bestand aus zwei Zapfsäulen vor einer Werkstatt mit angrenzendem Laden, dessen Angebot sich von Wischerblättern über Süßigkeiten bis zu Katzenfutter erstreckte. Paul folgte Mark durch den Regen, an der Kasse vorbei, die Betontreppe hinauf in das ehemalige Reifenlager, dessen eine Hälfte Mark Sr. seinem Sohn zu einem bescheidenen Apartment ausgebaut hatte.
Eine nackte Glühbirne erhellte Marks übersichtliches Reich, das mit seinem wuchtigen Kunstledersofa an der einen, und einer Fernseher-Videorekorder-Kombination an der anderen Wand einem Minikino glich. Zwei mannshohen Stereoboxen, die aussahen, als kannten sie nur die Einstellung Hörsturz, standen wie Wachposten links und rechts daneben. Da der Senior selten zu Hause war, musste Mark in puncto Musik- und Fernsehlautstärke keine Rücksicht nehmen.
Es roch nach Michelin und Goodyear. Vielleicht war es auch das Latex der Horrormasken, ausgehöhlte Schrumpfköpfe die mit aufgerissenen Mündern von Marks Bücherregal glotzten. Was Marks Stolz auf seine Besitztümer betraf, rangierte die Maskensammlung gleich hinter dem Pussy Magnet an zweiter Stelle. Im Laufe eines Jahrzehnts hatte er sich Zombies, Ghouls, Totenschädel, Brandopfer, und prominente Horrorhelden wie den Hellraiser und natürlich Michael Myers zusammengekauft und dafür wahrscheinlich ein kleines Vermögen ausgegeben. An jedem Halloween kam eine der Masken zum Einsatz, aber präsentiert wurden sie Marks Besuchern (die in der Regel aus Paul bestanden) ganzjährig.
Paul stakste zwischen den kunstvoll aufgetürmten Papierwolkenkratzern aus Fangoria und Hot Rod Magazinen hindurch zur Couch. Der Dreisitzer hatte ihm schon in mancher späten Nacht als Bett gedient (und Scotts Pressluftmeißel am nächsten Morgen als ungnädiger Wecker).
"Und während wir auf den Anruf der Mädels warten", sagte Mark und zog zielsicher eine VHS-Kassette unter dem Fernseher hervor, "vertreiben wir uns die Zeit mit dem Original. Falls sie vorher anrufen, müssen sie sich eben gedulden." Er schob Halloween I in den Rekorder. In einer Hand die Fernbedienung, in der anderen eine Tüte Kartoffelchips, plumpste er neben Paul ins Leder. Einundneunzig Minuten und fünf Opfer später war die Tüte leer, und niemand hatte angerufen.
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Durch die Augenhöhlen der eng anliegenden Michael Myers Maske nahm Brian die Nacht wahr wie mit Scheuklappen. Er hoffte, hinter dem Gesicht des Serienkillers so gefährlich auszusehen, wie er sich fühlte - trotz des peinlichen Brotmessers, das in keiner Weise dem filmischen Original glich, und dessen Wellenschliff-Klinge garantiert verbiegen würde, wenn man sie jemanden in den Bauch rammte.
Er folgte den Hinterteilen der beiden Mädchen wie ein Esel der Karotte. Sein Blick schweifte über Rachels Rundungen, von denen dank ihres Kostüms nicht viel übrig geblieben war. Aber sie wollte ja unbedingt so auszusehen wie die Hauptdarstellerin dieser dämlichen Rettungsschwimmer-Fernsehserie, die sie so verehrte. Deshalb hatte sie sich einen identischen roten Badeanzug besorgt, ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken, dass Ende Oktober in diesem Staat nicht die ideale Zeit war, um in Schwimmzeug durch die Nachbarschaft zu laufen. Als ihr endlich ein Licht aufging, gab sie den Plan nicht etwa auf, sondern kaufte eine Art hautfarbene Ganzkörperstrumpfhose, die sie unter dem Badeanzug trug. Von weitem funktionierte die Illusion, doch gegen den beißenden Herbst konnte das Nylon wenig ausrichten. Nachdem sie an zwei Haustüren geklingelt hatten, war Rachel wieder nach Hause geeilt, hatte sich den knielangen Wollmantel ihrer