Project Mercury. Hans Müncheberg

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Project Mercury - Hans Müncheberg

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      Webster und Pearsons hatten bisher noch nie so eingehend die Herstellung einer großen Rakete beobachten können. Voller Interesse sahen sie, wie zu Beginn die blanken, rostfreien Stahlbänder von mächtigen Rollen abgewickelt und zwischen Walzenpaaren geglättet wurden. Bei einem Meter Breite hatten sie nur eine Stärke von weniger als einem Millimeter. Davon wurden Stücke abgeschnitten und an den Enden zu einem Trommelring von rund drei Meter Durchmesser zusammengeschweißt. Ein Schweißautomat verband zwei Trommelringe zu einem größeren Segment. Da das Stahlband in sich keinen Halt hatte, mussten von innen und von außen Stützringe angebracht werden. In der nächsten Halle konnten sie sehen, wie nebeneinander mehrere Raketenkörper montiert wurden,

      "Montieren ist eigentlich nicht der richtige Ausdruck dafür", erläuterte Gilbert, "denn hier wird, von der Spitze beginnend, immer ein Segment an das andere geschweißt. Es handelt sich um eine sogenannte Stumpfschweißung, bei der die Naht durch einen untergelegten Streifen rostfreien Stahls verstärkt wird. Dadurch können wir auf die inneren Stützringe verzichten und mit den äußeren Ringen auskommen."

      Sie waren nun bei einem Raketenkörper angekommen, der die volle Länge von achtzehn Metern erreicht hatte. Die Bodenplatte war angeschweißt worden und einige Techniker waren jetzt dabei, eine Druckgasleitung anzuschließen. Gilbert erklärte den Vorgang: "Die große Leistung der Atlas konnte dadurch erreicht werden, dass es uns gelungen ist, die Raketenteile gleichzeitig als Treibstoffbehälter zu benutzen und durch den dünnen Spezialstahl ungewöhnlich leicht zu halten. Ohne die Stützringe würde das Ganze zusammenbrechen. Deswegen füllen wir nun die Zelle mit Helium-Druckgas und verleihen dem Raketenmantel so eine ausreichende Stabilität, um die weiteren Bauarbeiten vornehmen zu können. Das Druckgas bleibt in der Rakete, bis sie auf dem Starttisch, unmittelbar vor dem Abschuss, aufgetankt wird. Wir nennen das unter uns die Luftballon-Methode, denn die aufgeblasene Raketenzelle ist ähnlich empfindlich gegen äußere Beschädigungen wie ein Luftballon."

      Gilbert gab einem Ingenieur im weißen Kittel einen Wink. Mit leisem Zischen strömte Helium in den großen Hohlraum, und zusehends glättete sich die Oberfläche des Raketenkörpers. Nach wenigen Minuten war dieser Prozess beendet, und die Stützringe wurden entfernt. Als sie weitergingen, sagte Gilbert scherzhaft: "Also, Korkenzieher und andere spitze Gegenstände lieber in der Tasche behalten."

      Die Endmontagehalle bildete den Abschluss des Rundgangs. Hier wurden die Raketentriebwerke eingebaut und die Steueranlage, das Führungssystem, das Fernmesssystem und die anderen Bordanlagen installiert. Eine Stunde hatte der Rundgang gedauert, aber zwölf Monate vergingen, bevor eine Atlas diesen Weg bis zur fertigen Rakete durchgemacht hatte. Die drei Männer befanden sich jetzt in der Messzentrale des Prüfstands. Gilbert hatte gerade den leitenden Ingenieur der Abteilung hinausgeschickt, um eine Korrektur am Treibstoffpumpensystem ausführen zu lassen. Sie waren im Moment allein. Webster und Pearsons wechselten einen Blick, unbemerkt von Gilbert, der gerade die Messinstrumente der Anlage überprüfte.

      Webster trat neben den Chefkonstrukteur. "Doktor, ich möchte Sie etwas fragen, offen und ungeschminkt."

      Gilbert blickte erstaunt auf. "Bitte?"

      "Sagen Sie, wie schätzen Sie unsere Lage im Wettlauf um den ersten bemannten Raumflug ein?"

      Gilbert sah von einem zum anderen. Die Frage kam zu unvermittelt, als dass er sofort hätte antworten können. Dabei hatte er durchaus eine eindeutige, wenn auch sehr kritische Meinung zu den Chancen der USA in diesem Wettlauf. Zögernd begann er: "Ich möchte mir kein Urteil anmaßen. Vermutlich aber hat die NASA noch sehr viel zu leisten, wenn sie Chancen haben will, den Wettlauf zu gewinnen." Mit einer entschuldigenden Geste fuhr er erklärend fort: "Ich denke dabei in erster Linie an die beiden Meldungen der letzten Woche, an den bedauerlichen Rückschlag mit der Redstone und an den eindrucksvollen russischen Erfolg."

      Webster und Pearsons konnten ihm nur bestätigen, dass er mit seiner Ansicht völlig im Recht war. Sie erläuterten ihm nun, welche Schritte die NASA zu unternehmen gedachte, um den bereits eingetretenen Zeitverlust, wettzumachen. Dabei kamen sie schließlich auch darauf zu sprechen, wie wichtig es für die neue Versuchsserie sein würde, ein gutes Team erstklassiger Fachleute beisammen zu haben. Sie baten ihn darum, sie bei der Auswahl der Techniker und Ingenieure zu beraten. Die notwendigen Formalitäten würde die NASA, unterstützt von der Regierung, schon mit dem Verwaltungsrat besprechen. Es war Gilbert ehrlich daran gelegen, der NASA zu helfen. Er schlug vor, zu einem solchen Gespräch doch lieber einen anderen Ort zu wählen, und lud Webster und Pearsons ein, am Abend seine Gäste zu sein.

      Gilberts Haus lag hoch über dem felsigen Ufer der San Diego Bai. Es war nicht übermäßig groß, aber völlig ausreichend, um den Konstrukteur und sein Hauspersonal komfortabel zu beherbergen. Die Einrichtung verriet, dass hier kein prunksüchtiger Geldprotz wohnte, sondern ein gebildeter Mann mit erlesenem Geschmack. Der Empfangsraum, der geräumige Wintergarten und das Speisezimmer, alles war in der modernen und zugleich gediegenen Art eingerichtet, wie sie seit einigen Jahren aus Schweden bekannt geworden war. Lediglich das Arbeitszimmer atmete eine nüchternere, technische Atmosphäre. Webster und Pearsons waren vom Butler empfangen worden und hatten einige Minuten Zeit, sich umzusehen, bevor Gilbert erschien. So konnten sie gleich mit guten Gründen das angenehme Fluidum dieses Hauses loben. Es war ein milder Abend, und sie setzten sich draußen auf die breite Terrasse, von der aus man einen prächtigen Blick auf den Pazifik hatte. Das Gespräch kam schnell in Gang. Webster knüpfte an die Überlegungen des Nachmittags an, und Gilbert bekundete, dass er sich bereits Gedanken über die zu empfehlenden Spezialisten gemacht hatte. Noch bevor der Butler meldete, dass das Dinner bereit stünde, war man sich in den meisten Punkten einig geworden.

      Nach dem Essen saßen sie noch bei einem Glas zusammen. Webster dankte für die gastliche Aufnahme, für die große Hilfe und meinte: "Soweit ist alles klar, nur das Wichtigste fehlt noch." Er machte eine Pause und sah Gilbert lächelnd an.

      "Und das wäre?"

      Webster hob sein Glas und beugte sich etwas zu Gilbert vor. "Der technische Leiter unserer Atlas-Versuchsreihe - Sie selbst, Dr. Gilbert."

      Die Verblüffung war vollständig. Gilbert schüttelte den Kopf, als glaubte er, nicht richtig verstanden zu haben. Doch Webster und Pearsons erläuterten, welchen Gewinn es für die NASA bedeuten würde, wenn er sich dazu entschließen könnte, persönlich dieser großen nationalen Aufgabe zu dienen.

      "Gerade weil wir nicht in der Lage sind, sofort mehr und stärkere Raketen einzusetzen", betonte Webster, "müssen uns die wenigen Atlas genügen, um den Erfolg im letzten Moment doch noch aus dem Feuer zu reißen. Jede einzelne Rakete, jeder einzelne Start ist von nicht zu überschätzender Bedeutung. Wir dürfen nicht die kleinste Verzögerung eintreten lassen: Das Beste ist gerade gut genug. Die Atlas ist unsere beste Rakete, und Sie, als ihr Konstrukteur, sind der beste Leiter für die Versuche. Sie und Ihre Rakete stellen im wahrsten Sinne des Wortes die letzte Chance für Amerika dar, diesen Wettlauf zu gewinnen."

      Gilbert antwortete nicht gleich. Eine derart hohe Einschätzung seiner Person kam ihm nicht nur überraschend, sie machte ihn auch ein wenig verlegen. Er glaubte zudem nicht, dass ausgerechnet er von solcher Bedeutung für die USA sein sollte. Dass Ihn die NASA gern als technischen Leiter sehen wollte, schien ihm verständlich. Aber dafür alles aufgeben, was er sich hier in langen Jahren erarbeitet hatte? Andererseits war es schon eine verlockende Aufgabe, den Beweis anzutreten, dass die Atlas nicht nur eine verderbenbringende Waffe war, sondern dabei half, den Menschen von den Fesseln der Erdenschwere zu befreien. Für ihn als den Konstrukteur konnte ein solcher Beweis eine größere Genugtuung darstellen, als es jemals das Gefühl vermitteln würde, den Träger der bisher schrecklichsten Vernichtungswaffe geschaffen zu haben.

      Gilbert spürte die erwartungsvollen Blicke seiner Gäste auf sich ruhen und sagte nachdenklich: "Ihr Angebot ehrt mich. Es hört sich recht schmeichelhaft an. Nur - das Ganze kommt für mich sehr

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