Project Mercury. Hans Müncheberg

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Project Mercury - Hans Müncheberg

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Ein paar Minuten später, und wir hätten auf schnellstem Wege umkehren müssen."

      Der Wagen hielt vor dem niedrigen Kommandobunker. Gamble und Gilbert stiegen aus. Die Zeit reichte gerade noch, um den Raketenschlitten von nahem zu betrachten und dem im Raumanzug unter dem Schutzhelm kaum erkennbaren Astronauten zuzuwinken. Dann begaben sie sich in den Schutzraum.

      Der Leitstand war schmucklos, zweckbestimmt eingerichtet. Dicke Scheiben aus Panzerglas erlaubten, einen Blick auf die ganze Gleitbahn zu werfen.

      Gamble erläuterte den Zweck dieses Versuches: "In der großen Zentrifuge von Johnsville können wir zwar innerhalb eines längeren Zeitraums hohe Fliehkräfte erzeugen, die denen einer über zehnfachen Erdbeschleunigung entsprechen. Hier haben wir jedoch die Möglichkeit, das schnelle Ansteigen der Beschleunigung zu trainieren. Der Pilot hat während der Fahrt des Raketenschlittens eine Reihe von Aufgaben zu erfüllen und am Ende, auf ein bestimmtes Signal hin, den Sprengmechanismus auszulösen, der seinen Sitz nach oben hinausschleudert. Pilot und Sitz kommen dann an Fallschirmen herunter, und zwar in ein ausreichend großes Wasserbecken. So üben wir auch die spätere Landung."

      "Und falls der Mechanismus nicht ausgelöst wird oder versagt?"

      "Dann ist noch ausreichender Bremsweg für den Raketenschlitten vorhanden."

      Wieder heulte die Sirene. Zehnmal in kurzen Intervallen. Nun zählte ein Techniker die letzten Sekunden vor der Zündung der Raketen aus: "Zehn ~ neun - acht - sieben - sechs - fünf - vier - drei - zwei - eins - Zündung!"

      Ein Druck auf einen Knopf und im selben Moment war der Schlitten draußen in schwarzen Rauch gehüllt. Er schoss nach Bruchteilen einer Sekunde mit immer größer werdender Geschwindigkeit davon, aus der Wolke heraus, auf der Gleitbahn entlang, einen feurigen Schweif hinter sich herziehend. Zehn, zwanzig Sekunden vergingen.

      "Jetzt hat er rund fünfhundert Stundenkilometer drauf", sagte Gamble, "passen Sie auf, schauen Sie lieber hier auf den Bildschirm."

      Gilbert löste den Blick vom Sehschlitz und konnte nun auf dem Bildschirm gut erkennbar den weiteren Weg des Piloten verfolgen.

      "Geben Sie Signal bei neunhundertfünfzig Metern." Das war die Stimme des Versuchsleiters. Gilbert stand völlig im Bann des außergewöhnlichen Geschehens. Der Bildschirm zeigte, wie plötzlich der Pilotensitz aus dem dahinjagenden Gefährt herausgeschleudert wurde, dreißig, ja fünfzig Meter hoch, wie sich eine menschliche Gestalt von der dunklen Masse löste, wie sich Fallschirme entfalteten und den Sturz in das Wasserbecken buchstäblich im letzten Moment auf eine erträgliche Geschwindigkeit abbremsen konnten.

      "Gelandet!" Der Techniker sagte dieses eine Wort, nüchtern, unbeteiligt. Für ihn war das eine alltägliche Angelegenheit.

      Gilbert war zu sehr beeindruckt, als dass er gleich über das Gesehene sprechen konnte. Ja, er war sogar erschrocken über die Härte, über den Grad des Risikos bei einem solchen Trainingsprogramm. Natürlich, der Raketenschlitten konnte stetig gebremst werden, und die Fallschirmtechnik war seit einiger Zeit bis an die Grenze der absoluten Sicherheit vervollkommnet - aber änderte das etwas an der fast übermenschlichen Belastung des lebenden Organismus?

      Diese Gedanken brachte Dr. Gilbert zum Ausdruck, als er mit Gamble wieder im Wagen saß. Gamble betonte, dass er diese Überlegungen völlig verständlich fände, und setzte dann hinzu: "Die physische Belastung ist sehr groß, zugegeben. Aber wir alle machen uns wohl noch nicht die richtige Vorstellung davon, was der menschliche Körper ertragen kann. Vielleicht sprechen Sie nachher mit Dr. Ward darüber. Er ist kompetenter, Ihnen diese Fragen zu beantworten, als ich."

      Es war bereits sechzehn Uhr, als Gamble und Gilbert bei Dr. Ward eintraten. Gilbert glaubte in eine moderne medizinische Klinik mit allen nur denkbaren Untersuchungsgeräten zu kommen.

      Gamble machte die beiden Wissenschaftler miteinander bekannt und erläuterte kurz das von Gilbert aufgeworfene Problem.

      Dr. Ward bat seine Gäste in einen wohnlicher eingerichteten Nebenraum. Während Gilbert und Gamble Platz nahmen, begann er, seine Brille voller Andacht putzend, auf und ab zu gehen. Nach einer Weile sagte er: "Sie haben recht, verehrter Dr. Gilbert, der Mensch und die Technik, ihr Verhältnis zueinander, das ist die Kernfrage unserer Arbeit. Ich möchte die Frage einmal so formulieren: Wird es dem Menschen gelingen, sich der Entwicklung der Technik anzupassen - oder wird er an ihr zerbrechen?"

      Gilbert war sofort dabei. Diese Probleme berührten ihn zutiefst. Temperamentvoll warf er ein: "Verzeihen Sie, aber diese Formulierung steht doch auf dem Kopf! Es sollte besser heißen: Wird es uns gelingen, die Technik den menschlichen Lebensbedingungen anzupassen - also, sie zum Freund des Menschen zu machen, oder dulden wir, dass uns die Technik feindlich wird? Ganz kurz gesagt: Wer beherrscht wen - der Mensch die Technik oder die Technik den Menschen?"

      Dr. Ward unterbrach seine Wanderschaft und blieb vor Gilbert stehen. Mit einem freundlich überlegenen Lächeln bemerkte er: "Theoretisch haben Sie vollkommen recht, verehrter Doktor. Ich verstehe auch, dass gerade Sie so reden. Ihre Maxime ist nichts weiter als der Versuch, die eigene Beteiligung an der entstandenen schwierigen Lage auszugleichen, zu kompensieren."

      "Jetzt soll ich wohl auch noch schuld daran sein?" Gilbert sprang auf.

      Dr. Ward blickte prüfend durch die blankgeputzte Brille. "Nur objektiv! Eine persönliche Schuld will ich Ihnen gar nicht unterstellen."

      "Was. heißt - nur objektiv?" Gilbert war nicht zufrieden mit der Antwort.

      "Das soll heißen, dass Sie, verehrter Dr. Gilbert, der Konstrukteur der Atlas sind." Dr. Ward setzte sich die Brille auf und sah Gilbert gespannt an, der schwieg einige Sekunden verblüfft und schaute unsicher forschend zu Gamble.

      "Ich verstehe, was Dr. Ward meint." Gamble war auch aufgestanden und trat neben Gilbert. "Unsere ganze Arbeit hier wird schließlich durch die Bedingungen bestimmt, die unter anderem aus den technischen Daten der Redstone und der Atlas resultieren. Schubkraft und Beschleunigung, Vibration, Aufheizung durch Reibungswärme und so weiter."

      Gilbert sah beide Männer prüfend an. Verbarg sich dahinter eine vielleicht berechtigte Kritik an der Atlas als Trägerrakete für die bemannte Raumkapsel? War es nur ein freundschaftliches Wortgefecht? Trotz allem, die Bemerkungen waren berechtigt. Unter diesem Gesichtspunkt hatte er die Eignung seiner Konstruktion noch gar nicht überprüft.

      "Zugegeben", begann er vorsichtig, "da sind Schwierigkeiten. Ich nehme die objektive Mitschuld an. Aber schließlich haben wir die Atlas einmal für einen anderen Zweck konzipiert und nicht als Treibladung für einen Astronauten."

      "Aber das wissen wir ja!" Dr. Ward packte Gilbert bei den Schultern. "Verzeihen Sie uns diese kleine Exkursion. Außerdem kann ich Sie vollauf beruhigen. Die Werte der Atlas sind, obwohl es die stärkere Rakete ist, für den bemannten Flug günstiger als die der Redstone. Die Belastungen können von den Piloten ohne Schäden für ihre Gesundheit ertragen werden. Natürlich kann nicht jeder Mann von der Straße Raumflieger werden - heute noch nicht. Später vielleicht, wenn Sie, lieber Dr. Gilbert, die entsprechenden Raketen konstruiert haben. Heute müssen die Astronauten gründlich trainiert werden, psychisch und physisch. Und wir tun alles, um den Piloten absolute Sicherheit auf den Flug mitzugeben."

      "Allerdings nur, was die Person des Piloten betrifft. Die Sicherheit des Fluges selbst liegt dafür in Ihren Händen." Gamble setzte sich wieder.

      Dr. Ward trat zu einem hohen Wandregal und entnahm ihm einige Hefter und Papierrollen. "Darf ich Ihnen einige Leistungscharakteristiken unserer Piloten unter den vorgetäuschten Bedingungen eines Raumfluges zeigen?"

      Die

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