Vergängliche Licht und Schatten in den Uhudler Bergen. Christine Feichtinger

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Vergängliche Licht und Schatten in den Uhudler Bergen - Christine Feichtinger

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Kindheitserinnerungen führten ihn in seine Heimat und Heimweh überkam ihn. Er sehnte sich nach der Ruhe und Geborgenheit vor dem Krieg und dem Leben in der Idylle seiner Heimat.

      Im Geiste sah er Martha am Herd stehend und der vertraute Geruch von frisch gekochtem Essen trat wie von selbst gesteuert in sein Bewusstsein. Wie alle Frauen im Dorf stand Martha morgens um fünf Uhr auf, kleidete sich mit ihrem bunt bedruckten Leinwand- oder Baumwollkittel, band ein tischeltes (kariertes) Kopftuch hinten zusammen, zog ihre Schürze und Schnürschuhe an und heizte zuerst den Kachelherd mit dem Holz vom eigenen Wald ein. Oberhalb des Kachelofens, wo sich das Backrohr befand, war am Dachboden die Selch, sodass mit demselben Rauchfang, durch einen Schuber geregelt, das Fleisch geselcht wurde. Anschließend musste sie das Vieh füttern, den Stall ausmisten und die Kühe melken. Nach jedem arbeitsreichen Tag kam sie erst spätabends müde zu Bett. Genauso wie ihre Vorfahren die Weingärten, Felder, Wiesen und Wälder, die Viehwirtschaft mit viel händischer, schwerer Arbeit betrieben hatten, sollte auch ihr Leben in den vorgefertigten Bahnen verlaufen.

      Die Frauen heizten ihre Herde mit dem Kia (Kienspan) und Spandln (kleinem Holz) ein, kochten die von ihren Müttern und Großmüttern erlernten, altbewährten Speisen wie gelindeten, (Mehl erhitzt) geschmalzenen Sterz, Knödel, Oamali (gebackener Palatschinkenteig), krankerlten (knusprigen) Krumperntinl, Krumperngalatschen (Erdäpfelgericht), Ritschert (Rollgerste), Sulz (gegossene Presswurst) mit Essig, Kernöl und Zwiebel, Krumpernsterz, warmen Krautsalat, obrennten Salat (warmer, grüner Salat) mit warmem Speck und Grammeln, Fosn, Aufgeherts (Germstrudel, Germbäckereien), Hobelscharten, derbige (gezogene) Strudeln mit allerlei Füllen und Ziweben (Rosinen), Malinsen (Strudelteig, der im Rohr gebacken, zerkleinert, in Salzwasser gekocht, abgeseiht, geschmalzen und mit Knoblauch verfeinert wird), Mülifoarfal und selbst gemachte Nudel-, Kartoffel- und Bohnengerichte mit den selbst erzeugten Lebensmitteln nach dem Motto: „Was der Bauer nicht kennt, isst er nicht.“

      Wie oft wurde Karl in Marthas Elternhaus wie selbstverständlich von den Geidensleuten gebeten, als baldiges Familienmitglied mitzuessen und ein Glas Uhudler mitzutrinken. Was für eine große Rein voller Sterz Martha auf den Tisch stellte, sofort das Kreuzzeichen machte und zu beten anfing vor dem Essen. Jeder aß mit dem Löffel aus dieser Rein. Am besten schmeckte Karl das Fleisch, welches beim Sautanz fertig gebraten in Gläser gelegt, mit dem Bratenfett bis oben zugedeckt und mit Pergamentpapier verschlossen und zugebunden wurde. Vor seinen geistigen Augen sah er Martha, wie sie das Fleisch konservierte. Das Wasser lief ihm im Mund zusammen, wenn er an diesen köstlichen Schweinsbraten dachte.

      Wie Martha heute wohl aussehen würde, und ob sie ihn noch lieben würde, wenn er ihr von Irene erzählen würde, fragte er sich. Und im selben unbeobachteten Moment nahm er wieder einmal reuig ihr abgegriffenes, zerknittertes Bild aus seinem Brotbeutel, um sich Martha auch stellvertretend als Botschafterin für seine Heimat in Erinnerung zu rufen. Jetzt erinnerte er sich, dass er ihr schon längere Zeit nicht mehr geschrieben und ihren letzten Brief nicht beantwortet hatte.

      In diesem Moment fühlte er ihre Augen anklagend auf ihn gerichtet. Als Irene rief, wie viel Zucker sie in seinen Tee geben sollte, fuhr er auf.

      Verlegen, als würde er, wie ein kleiner pubertierender Junge, bei einer Sünde ertappt, blutrot vor Scham, ließ er das Bild schnell wieder verschwinden, während seine Blicke Irene suchten, um festzustellen, ob sie ihn etwa beobachtet und seine Verlegenheit bemerkt hatte. Sogleich stellte er fest, dass er diese große Liebe nie erfahren hätte, wenn er zuhause bei Martha geblieben wäre.

      Karl und Irene trafen einander so oft es ging. Bisher war ihr Leben in völlig verschiedenen Bahnen gelaufen und nun hatte sich ihr Weg schicksalhaft gekreuzt. Er hatte ihr erzählt, dass er aus dem Gau Steiermark, dem ehemaligen Südburgenland komme, wo seine Familie seit Generationen eine kleine Landwirtschaft mit Feldern, Wiesen, Wäldern und Weingärten und mit Kühen, Schweinen, Gänsen und Hühnern betreibe. Staunend hatte sie ihm zugehört.

      Trotz der widrigen Umstände, dem Tod und Verderben um sie herum, waren sie unsagbar glücklich miteinander, obwohl ihn die ständige Angst, nach seiner Genesung wieder an die Front gehen zu müssen, wie ein dunkler Schatten verfolgte.

      Das junge Liebespaar strahlte vor Glück und ihr Strahlen verbreitete sich auf ihre Mitmenschen wie ein warmer Sonnenschein. Jedermann konnte erkennen, wie Irene durch die Liebe erblühte und hübscher geworden war.

      Trotz der mahnenden Worte ihrer Mutter hatte Irene in ihrem Entschluss keine Sekunde gezögert. Lange hatte sie sich Karl gegenüber verweigert, um ihn näher kennenzulernen und hatte ihm nur Liebkosungen gewährt. Ihre Liebe sollte Zeit haben, um sich zu entwickeln und zu reifen, bis sie ihn gut genug kannte und ihre Liebe auf solider Basis stehen würde, obwohl die ungestillte Sehnsucht und das Verlangen brannten. Ihr Verlangen wurde zunehmend stärker und gewann die Oberherrschaft über ihre edlen Ansichten, bis sie ihre bisher festgefahrene Gesinnung, sich keinem Mann vor der Ehe hinzugeben, verwarf und das höchste Liebesglück erfuhr.

      Reglos lagen sie nach ihrem ersten Liebesspiel mit rasenden Herzen aneinandergeschmiegt, bis sie sich langsam beruhigten. In seltsamer Stille lag sie in seinen Armen und ihr langes, seidiges Haar umschmeichelte seinen Körper. Er streichelte ihr Gesicht und küsste sie sanft. Die Welle, die über Irene hinwegfloss, die all ihr Denken mit sich riss, und nichts als Wollust hinterließ war stärker und mächtiger, als sie es sich erträumen hatte lassen. Sie genoss sein unstillbares Verlangen, die Zärtlichkeiten und seine Erfahrenheit in der Liebe, obwohl sie sich insgeheim fragte, wo er diese Erfahrung gesammelt hatte.

      Aber sie wollte ihr Glück nicht trüben und ihn danach fragen und kein Misstrauen oder Eifersucht aufkommen lassen. Jedwede Störenfriede ihrer Liebe wollte sie im Keim ersticken.

      Er stöhnte und sie schluchzte. Ihre Herzen pochten in ihrer Glückseligkeit, bis sich ihr Pulsschlug beruhigte und sie wieder in die Realität zurückkehrten.

      Nie zuvor hatte Karl eine solche Erfüllung seiner innersten, verborgenen Träume erfahren. Bisher hatte er gedacht, eine solche große Liebe gäbe es nur in den Romanen.

      Sooft es ging, liebten sie sich, als wäre diese Liebe für sie beide zum Rettungsanker bestimmt. Wie gerne vergaß Karl in ihren Armen den Kanonendonner, Tod und Verzweiflung für kurze Zeit, was wie eine Befreiung und Erlösung war.

      Aber immer dann, wenn Karl Ertl sich im höchsten Glückstaumel befand, meldeten sich sofort danach wie ein Blitzstrahl aus heiterem Himmel sein schlechtes Gewissen und seine Schuldgefühle ob seiner Untreue gegenüber seiner dörflichen Braut Martha zurück, genauso, als ob böse Geister ihm sein junges Glück missgönnen und sein Vergehen rächen wollten.

      Wie oft war Martha in seinen Todesängsten sein Trost und seine Zufluchtsstätte gewesen und jetzt hatte er sie verraten und abgelegt. Wie bei einem Himmelfahrtskommando wurde er sich seiner falschen hinterlistigen Art bewusst.

      In solchen Momenten der Offenbarung verachtete sich Karl Ertl ob seiner Falschheit und seiner Heuchelei. Insgeheim machte er sich Vorwürfe, denn er hatte Martha Hoffnungen und ewige Treue und Liebe geschworen und das Versprechen auf eine gemeinsame Zukunft gemacht, das für Martha bindend war. Er hatte es gebrochen und vielleicht würde er es nicht erfüllen können. Er betrachtete schuldbewusst ihr Bild, wobei er sie am liebsten platonisch um Verzeihung gebeten hätte.

      Intuitiv spürte Irene öfters, wie sein Blick starr wurde und seine Gedanken in die Ferne schweiften, er oft bedrückt, traurig und schweigsam war, als würde Karl innerlich mit sich selber einen Kampf austragen.

      Worüber er grübelte, konnte sie nicht ahnen, wenn sie ihn darauf ansprach, wich er aus, sodass sie allmählich befürchtete, er würde darüber grübeln, sie zu verlassen.

      Wie

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