Vergängliche Licht und Schatten in den Uhudler Bergen. Christine Feichtinger

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Vergängliche Licht und Schatten in den Uhudler Bergen - Christine Feichtinger

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dass sie ihm gerne helfen würde, seine Sorgen zu teilen. Lange verweigerte er die Antwort, die lange in ihm gärte und ihn quälte. Bis Irene eines Nachts nicht locker ließ und es ihm stockend, wie zäher Schleim von den Lippen kam. Er erklärte mit unterdrückter Stimme, er wisse nicht, ob sein älterer Bruder Toni oder sein Vater zuhause wären, da er schon so lange nichts mehr von zuhause gehört hatte und er deshalb zur Anbauzeit im Frühjahr unbedingt zu Hause sein wolle. Und so hatte er, wie viele andere Männer mangels Arbeitskräfte in der Heimat, um Urlaub für das lebensnotwendige Anbauen der Felder angesucht und bewilligt bekommen.

      Er war sich bewusst, dass er wegen seiner Verletzung keine schweren Arbeiten verrichten konnte, aber wenigstens das Pferdegespann anschirren, bespannen und die Zügel in der Hand halten und loaten (lenken) würde er bewerkstelligen können.

      Mit seinen Händen, um Worte ringend, unterstrich er gestikreich sein Ansinnen und sie spürte seine angeborene Erdverbundenheit und seine tiefe Verwurzelung mit seiner Heimat, sodass ihr Urvertrauen zu ihm Bodenhaftung bekam.

      Wohlweislich verschwieg er, dass ihm sein Aufenthalt in der Heimat auch Luft verschaffen sollte für eine Entscheidung, die er jetzt nicht imstande war zu treffen, um Irene zu schonen und sie nicht zu kränken. Er musste versuchen, seine persönlichen Probleme zu regeln und sich Klarheit mit Martha verschaffen. Sein rücksichtsloses Verhalten belastete ihn. „Wenn man zwischen zwei Stühlen sitzt, fällt man durch“, hieß es zuhause im Volksmund.

      Ebenso verschwieg er, dass er zuerst überlegt hatte, einen Brief nach Hause zu schicken, um seinen Eltern von Irene als seiner Braut zu berichten. Oder sollte er sie gleich mitbringen? In seinen kühnsten Träumen hatte er sich auch öfters ausgemalt, Irene zu heiraten und als seine Frau heimzubringen. Aber schnell verwarf er diese Gedanken wieder. Er befürchtete, seine Mutter würde Irene in ihrem Jähzorn und mit ihrem losen Mundwerk verjauken (verjagen). Wenn er Irene ehelichte, wollte er doch so gerne den Segen seiner Familie zu seiner Verbindung, um einen glücklichen Neuanfang zu machen, ohne elterlichen Segen würde seine Verbindung kein Glück bringen. Er konnte Irene hier nicht heiraten, das wäre feig und hinterlistig. An den Verrat an Martha, ihren Eltern und seiner Familie mochte er nicht denken.

      Und so war Karl zur Überzeugung gekommen, dass es das Beste war, allein nach Hause zu fahren, um seine Eltern behutsam auf Irene vorzubereiten, denn er befürchtete den strikten Widerstand seiner Eltern und wusste, dass ihm dadurch viel Ungemach bevorstand. Von der Hoffnung genährt, seine Eltern würden in ihrer großen Freude, ihn wieder lebend und gesund zuhause zu haben, geläutert und gnädiger sein und ihm seine Entscheidung, mit Irene künftig leben zu wollen, nicht in Frage stellen, hatte er diesen Entschluss gefasst.

      Nach einer kurzen Pause versicherte er Irene, dass er sie am liebsten mitgenommen hätte und es ihm das Herz zerreißen würde, sie hier zurücklassen zu müssen. Aber er könne sich eine gemeinsame Zukunft mit ihr nur in seiner Heimat vorstellen. Aus diesem Grunde müsse er dafür sorgen, dass die Felder bebaut werden, um mit der Ernte für eine gemeinsame Lebensexistenz zu sorgen, damit er eine Familie gründen und ernähren könne. Er wolle Vorkehrungen treffen, ein Nest bauen für ein gemeinsames Leben mit ihr. So wie seine Familie seit Generationen durch harte Arbeit auf den Feldern ihren Lebensunterhalt verdiente, wollte auch er durch der Hände Arbeit unabhängig und wie seit eh und je stolzer Selbstversorger sein, sein eigener Herr und niemanden untertänig sein müssen mit Gottes Segen und im Einklang mit der Natur. Der Krieg würde bald aus sein und dann könnten sie mit einer guten Ernte ihr Leben genießen. Er könne sie unmöglich holen, wenn die Felder nicht bebaut wären, denn wovon sollten sie dann leben.

      „Glaube mir, ich werde diese Entscheidung nicht alleine treffen, ich gehe nur, wenn du es auch willst. Es handelt sich nur um eine kurze Zeit, danach, wenn zuhause alle Felder angebaut sind, komme ich wieder. Auch mir fällt es schwer, von dir zu gehen“, erklärte er flehentlich, während er sie am liebsten jetzt geliebt und den Urlaub, den Krieg und alles Ungemach vergessen hätte.

      Weiters erklärte er, dass er keinen Beruf gelernt, er kenne nur die Arbeiten in der Landwirtschaft. Das Stadtleben mochte Karl sowieso nicht und das Heimweh und die Sehnsucht nach der vertrauten Umgebung und seiner Heimat begleiteten ihn ständig. Er konnte es sich nicht vorstellen, auf den Trümmern dieser Stadt sich ein gemeinsames Leben mit Irene aufzubauen und eine Familie zu gründen. Wie sollte er sich hier eine gemeinsame Zukunft aufbauen?

      Seit Kindesbeinen an wurde er dazu erzogen selbständig zu sein und eine Landwirtschaft zu führen.

      Das Landleben, still und abgeschieden, ohne den Lärm und die Hektik einer Großstadt, die Freiheit seiner Entscheidungen, vom Fleiß seiner Hände den Erfolg vor Augen und als selbständiger Selbstversorger zu fungieren, war sein oberstes Ziel. In seiner Heimat lebte man von der Substanz, von der Hände Arbeit, achtete, hütete und jätete jedes Pflänzlein, damit es sich entfalten konnte. Sobald die Zizibe (Kohlmeise) und die Fastenblümerl (Primel) das Frühjahr ankündigten, fing die Arbeit auf den Feldern an.

      Mit gewissem Stolz dachte er daran, wie unabhängig und erdverbunden die Bauern in seiner Heimat waren und mit ihren fleißigen Händen selbst ihren Lebensunterhalt verdienten, während die Händler, Hausierer und Viehhändler bei den Bauern als arbeitsscheue Leutanschmierer (Betrüger) verschrien waren.

      In seinem Heimatdorf lebte man abgeschieden. Die Bauern waren es gewöhnt, den Grund biologisch und schonend zu bearbeiten, ohne den Einsatz von Chemikalien, und Selbstversorger zu sein. Untereinander sich zu helfen, war oberstes Gebot. Man half sich gegenseitig unentgeltlich aus Solidarität bei einem erlittenen Unglück, beim Bau eines Hauses oder eines Wirtschaftsgebäudes, im Schnitt oder bei Waldschlägerungen oder sonstigen schweren Arbeiten aus, aber auch mit Werkzeugen, Geschirr und sogar Geld.

      Alle Heimsuchungen, Naturkatastrophen, Seuchen, Plagen, Krankheiten bei Mensch und Vieh galt es möglichst schonend zu überstehen und das Dorfleben förderte zwangsläufig den Zusammenhalt, da man beim Nächsten Hilfe suchte.

      Jede Ernte wurde, auch wenn sie gut zahlte (reichlich ausfiel), sparsam verwendet, damit alles gfuag (genug) ist. Urassn (Verschwendung) war Sünde. Man konnte nie wissen, ob es im folgenden Jahr eine Missernte, oder Hagelschläge geben würde und Not eintrat.

      Zuhause litten sie keinen Hunger und niemand musste sich vor den Lebensmittelgeschäften anstellen. Das hatte ihm Martha geschrieben. Die Dorfbewohner konnten sich neben ihren selbst erzeugten Produkten der Landwirtschaft und neben der Abgabepflicht im Sommer von Pilzen und Beeren, Obst, von der Tauben- und Hasenzucht, welche es in jedem Haus gab, vom Tausch und Hamstern, notfalls auch vom Wildern und Fischen gut ernähren.

      Karl erklärte, dass er es niemals ertragen könnte, wenn sie hier in Armut, Kälte und Hunger leben müssten, sie sich zusammen mit den anderen hungrigen, abgemagerten Menschen und quengelnden Kindern mit ihren Lebensmittelkarten vor den Lebensmittelgeschäften anstellen müssten, während er zuhause in der Landwirtschaft sein eigener Herr wäre und seine Familie selbständig ernähren könne. Dort könnte er mit Irene eine gemeinsame Zukunft aufbauen, damit sie nicht betteln müssten, denn genau dieses Schicksal wollte er sich und seiner Familie ersparen. Er bekräftigte nochmals, dass er sofort nach dem Anbauen der Felder wiederkommen und sie holen würde.

      Uneigennützig verschwieg Irene ihm ihre Träume von ewiger Liebe und einem gemeinsamen Leben bis dass der Tod sie scheiden würde, um ihn nicht in seiner Entscheidung zu beeinflussen. Sie wollte ihn weder ängstigen noch bedrängen oder behindern.

      Irene nickte stumm, unfähig etwas zu entgegnen, obwohl ihr das Herz schwer wurde, was bei ihm als Zustimmung ankam. Ihr Verstand begrüßte einerseits seine Entscheidung. Dass er Vorkehrungen für ein gemeinsames Leben machen musste, wertete sie als Versprechen für eine gemeinsame Zukunft, aber ihr Herz wehrte sich trotzdem. Und sie war irgendwie erleichtert zu wissen, was ihn heimlich beschäftigte, denn Irene hatte

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