Kristallblut. Patricia Strunk

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Kristallblut - Patricia Strunk Inagi

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aus der Armee ausschied und aufs Festland ging. Mehr kann ich Euch allerdings auch nicht sagen.“

      Nachdenklich blickte Ishira zum Feuer der Raikari hinüber. Das Schicksal des Söldnerführers schien Ähnlichkeit mit dem ihres Begleiters zu besitzen. Hatte Ralan gleichfalls der Verlust eines geliebten Menschen aus der Bahn geworfen?

      ***

      Durch den Schleier des Schlafes, der kurz davor war, sich ihrer zu bemächtigen, hörte Ishira, wie die Zeltklappe zurückgeschlagen wurde. Das konnte nur ihr Begleiter sein. Er hatte sie vorausgeschickt, weil er mit dem Shohon noch etwas zu besprechen gehabt hatte. „Hinein mit dir“, sagte er zu irgendjemandem. Einen Augenblick später fragte er: „Ishira? Bist du noch wach?“

      Sie riss die Augen auf. Er hatte sie mit Namen angesprochen! Das war bisher noch nie vorgekommen. Ohne dass sie es verhindern konnte, beschleunigte sich ihr Herzschlag. „Ja, Deiro.“

      „Geh zu ihr“, ermutigte er seinen unsichtbaren Besucher daraufhin.

      Ishira richtete sich auf, plötzlich wieder hellwach. Konnte es sein…? Gebannt beobachtete sie, wie eine schmale braune Hand den improvisierten Vorhang zwischen ihren Schlafstellen zurückzog. Das Gesicht ihres Bruders spähte durch den entstandenen Spalt. „Kenjin!“ Mit einem atemlosen Lachen zog sie ihn zu sich auf ihre Decken. Er ließ es geschehen, obwohl ihm anzumerken war, dass ihm ihr Gefühlsausbruch vor den Augen des Gohari etwas peinlich war. An seinem Kopf vorbei sah sie den Kiresh an, der zufrieden schien, dass ihm die Überraschung gelungen war.

      „Weil du dein Wort gehalten hast, hat der Shohon seine Erlaubnis erteilt, dass dein Bruder sich bis auf weiteres ohne Bewachung im Lager bewegen darf. Er braucht nachts auch keine Fesseln mehr zu tragen.“ Er wandte sich ab. „Du entschuldigst mich, ich muss noch etwas erledigen.“

      Er hob die Zeltklappe an und bückte sich, um nach draußen zu gehen. Ishira hatte allerdings eher den Eindruck, dass er sich aus Rücksicht auf sie beide zurückzog, um ihr und Kenjin einen Moment allein zu gönnen. Sie lächelte seinen Rücken an. „Richtet dem Shohon meinen Dank aus!“ rief sie ihm nach.

      Zärtlich strich sie ihrem Bruder die wirren Ponyfransen aus dem Gesicht. Seine Haare waren mittlerweile so lang geworden, dass er sie bequem im Nacken hätte zusammenbinden können. „Ich habe schon befürchtet, die Gohari würden dich nie zu mir lassen.“

      Kenjin streckte sich auf ihrer Schlafmatte aus. „Da hatte der Tag heute also doch sein Gutes.“

      Ishira hantierte am Verschluss ihrer Satteltaschen und holte die Salbe heraus, die ihr Begleiter ihr überlassen hatte, nachdem er in Soshime damit ihre Peitschenstriemen behandelt hatte.

      „Trotzdem wäre es mir lieber gewesen, du hättest den Gohari nicht gegeben, was sie wollten“, fügte ihr Bruder hinzu.

      „Was hätte ich denn tun sollen?“ verteidigte Ishira sich. Sie verteilte etwas Salbe auf Kenjins rotgescheuerten Handgelenken und verrieb sie mit den Fingerspitzen. „Du bist mein Bruder. Davon abgesehen hat Kiresh Yaren mir angesehen, dass ich den Amanori entdeckt hatte. Ich hatte also sowieso keine Wahl.“

      Kenjin seufzte. „Na ja, eine gute Lügnerin warst du noch nie, das stimmt. – Glaubst du, es dauert noch lange, bis die Echsen angreifen?“ wechselte er das Thema.

      Ishira drehte den Salbentopf zu und steckte ihn zurück in ihre Satteltasche. „Nein“, antwortete sie ehrlich. „Kiresh Yaren rechnet schon morgen damit.“

      „Ach, und weil dein Wachhund es sagt, glaubst du es?“

      „Warum sollte ich es nicht glauben? Der Amanori heute war doch Warnung genug.“

      Ihr Bruder schwieg. Nun war es an Ishira zu seufzen. „Ich weiß, dass du den Kiresh nicht leiden kannst, Kenjin. Aber dass du jetzt hier bist, verdankst du nicht zuletzt seiner Fürsprache.“

      Kenjin verzog geringschätzig den Mund. „Wie großzügig von ihm. Ist er deshalb jetzt dein Held?“

      Sie sah ihn entgeistert an. „Wie kommst du denn darauf?“

      „Weil du ihn genauso angesehen hast. Als hättest du dich am liebsten in seine Arme geworfen.“ Er machte ein Gesicht, als würde ihm bei der Vorstellung schlecht werden.

      „Das ist doch überhaupt nicht wahr!“ fuhr sie heftiger auf als nötig, während sie sich gleichzeitig daran zu erinnern versuchte, wie sie den Kiresh eben angesehen hatte. Jedenfalls hatte sie sich ganz sicher nicht in seine Arme werfen wollen!

      „Tut mir leid“, entschuldigte ihr Bruder sich einen Moment später kleinlaut. „Ich weiß ja, dass es für dich auch nicht leicht ist.“ Verlegen kratzte er sich die Nase. „Ich habe nur so ein komisches Gefühl … als würdest du mir entgleiten, verstehst du? Ich habe Angst, dich an die Gohari zu verlieren.“

      Seine Worte rührten sie – und erschreckten sie zugleich. Sie streckte ihre Hand nach seiner Wange aus. „Ich würde dich niemals im Stich lassen, Ken, das weißt du.“

      Unvermittelt griff er nach ihrer Hand und hielt sie fest. „Flieh mit mir, Nira“, flüsterte er. „Heute Nacht.“

      Im ersten Impuls wollte Ishira ihre Zustimmung geben, dachte sie doch seit Tagen kaum über etwas anderes nach. Doch dann schüttelte sie den Kopf. „Nicht in der ersten Nacht, die du hier im Zelt bist, Kenjin. Darauf warten die Befehlshaber doch nur. Ich bin sicher, sie beobachten uns. Lass uns sie in Sicherheit wiegen. Wenn ihre Wachsamkeit nachlässt, haben wir bessere Chancen.“

      Kenjins Griff wurde schmerzhaft fest, sein Blick so eindringlich, wie sie ihn noch nie gesehen hatte. Der kindliche Ausdruck in seinem Gesicht war verschwunden. Plötzlich wirkte er älter als seine vierzehn Jahre. „Wie lange willst du noch warten, Nira? Wenn uns die Amanori tatsächlich morgen angreifen, erleben wir vielleicht keine weitere Nacht mehr. Willst du mit unseren Feinden zusammen zugrunde gehen?“

      Ishira biss sich auf die Lippen. Natürlich wollte sie das nicht. Sie… Gütige Ahnen, sie wusste nicht, was sie wollte! Oder was sie tun sollte! Darüber nachzugrübeln, was richtig und was falsch war, hatte ihr nichts beschert außer Kopfschmerzen. Vielleicht gab es nicht einmal ein richtig oder falsch. Selbst ihr Bauchgefühl war ihr keine Hilfe, denn das war mindestens ebenso zerrissen wie ihr Verstand. „Lass uns wenigstens noch einen Tag warten“, bat sie kläglich, nicht sicher, ob sie wirklich glaubte, dass die Gohari sie morgen Nacht weniger im Blick behalten würden, oder ob sie gegen alle Vernunft hoffte, bis dahin würde etwas geschehen, dass ihr die Entscheidung leichter machte.

      Ihr Bruder ließ sie los. „Wie du meinst.“ Er gab sich keine Mühe, die Enttäuschung in seiner Stimme zu verbergen. „Ich hoffe nur, du weißt, was du tust.“

      KAPITEL IV – Auf und davon

       Bilder flossen in Ishiras Geist, unscharf und verschwommen wie Spiegelungen in unruhigem Wasser. Um sie herum nahm sie Bewegung wahr. Geschuppte Leiber und schlangenartige Hälse schoben sich geisterhaft wabernd in ihr Gesichtsfeld, lösten sich auf und formten sich neu. Den Bildern folgten Worte, die durch ihren Kopf rollten wie Donnergrollen. Sie waren gleichzeitig nah und fern und auch wenn Ishira ihren Sinn nicht erfasste, besaßen sie etwas Emphatisches, Einpeitschendes, das sie an die Rede des Marenash vor der goharischen Armee erinnerte. Das Donnergrollen steigerte sich zu einem mit Gongschlägen gepaarten Trommelwirbel, unterlegt von durchdringendem Summen, so als ob ein aufgescheuchter Bienenschwarm um Ishira herum

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