Kristallblut. Patricia Strunk

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Kristallblut - Patricia Strunk страница 10

Автор:
Серия:
Издательство:
Kristallblut - Patricia Strunk Inagi

Скачать книгу

sie mit wachsender Panik beobachtete, wie Kenjin immer weiter abgetrieben wurde. Endlich bekam ihr Bruder einen Felsvorsprung zu fassen und klammerte sich daran fest. Sobald er Halt gefunden hatte, schaffte er es, festen Grund unter den Füßen zu finden und sich aufzurichten. Einen Augenblick später hatte der Kiresh ihn erreicht und zog ihn zu sich in den Sattel. Ishira stieß erleichtert die Luft aus. Der Kouran der Koshagi verfolgte die Szene mit einem abschätzigen Zug um den Mund. Offenbar war er der Meinung, der Kiresh mache zu viel Aufhebens um einen Sklaven, Geisel hin oder her.

      Einige der Raikari waren derweil zu dem verunglückten Wagen geeilt, dessen linkes Rad sich nutzlos in der Luft drehte, und halfen dem Kutscher, die beiden Umasus auszuspannen, von denen das eine halb auf das andere gefallen war und in seinem Schmerz wild auskeilte. Der Amanori war glücklicherweise wieder in den Wolken verschwunden. Das Prickeln in Ishiras Haarwurzeln verebbte. Fürs erste war die Bedrohung vorüber.

      Sobald Kiresh Yaren seinen Hengst neben ihr zum Stehen gebracht hatte, sprang Ishira aus dem Sattel und fing Kenjin auf, der sich ungeschickt von Bokans Rücken gleiten ließ. Sie schloss ihren triefenden und vor Kälte schlotternden Bruder in die Arme, obwohl sie dabei selbst pitschnass wurde. „Bin ich froh, dass dir nichts passiert ist!“

      Kenjin hustete. „Glück gehabt. An Land hätte ich mir mit diesen verdammten Fesseln wahrscheinlich sämtliche Knochen gebrochen.“

      „Welch rührende Szene“, höhnte Magur. „Aber hättest du wohl die Güte uns mitzuteilen, ob sich in der Nähe noch weitere Drachen herumtreiben?“

      Ishira zuckte zusammen. „Der Amanori war allein, Deiro.“

      „Und das weißt du weshalb so genau?“

      Sie fühlte Frustration in sich aufsteigen. Wieso wollte er ihr nicht glauben? „Ich spüre keine andere Präsenz.“

      „Bleibt in jedem Fall wachsam!“ befahl der Bashohon. „Wir wissen nicht, was die verdammten Echsen als nächstes planen. – Glaubt Ihr, das Auftauchen des Drachen eben war Zufall?“ wandte er sich an Kiresh Yaren.

      „Kaum“, erwiderte dieser. „Dafür war der Zeitpunkt zu gut gewählt. Ab jetzt sollten wir jederzeit mit einem Angriff rechnen.“

      Beruk nickte. „Ganz Eurer Meinung.“

      Der Kouran der Raikari bedachte Ishira mit einem nachdenklichen Blick. „Also ist ihre Gabe nicht nur Gerede.“

      „So scheint es“, stimmte der Bashohon widerwillig zu. „Wenigstens haben wir sie und den Jungen nicht umsonst am Hals.“

      „Was sollen wir mit dem Wagen machen?“ erkundigte sich der Kiresh, der ihn gelenkt hatte. Die Umasus waren inzwischen ausgeschirrt und standen zitternd und mit tropfendem Fell am Ufer. Eines der Tiere hatte eine blutende Schramme am Bein, doch ansonsten sahen sie unversehrt aus.

      Beruk warf einen kurzen Blick auf den kaputten Munitionswagen. „Lasst ihn, wo er ist. Er ist ohnehin nicht mehr zu gebrauchen. Räumt ihn nur so weit zur Seite, dass die übrigen Wagen den Bachlauf passieren können. Falls auf den anderen Munitionswagen noch Platz ist, bergt die Steinkugeln und verteilt sie. Aber überladet die Wagen nicht!“

      Der Krieger gab den Raikari an seiner Seite ein Zeichen, ihm dabei zu helfen, die gebrochene Deichsel, die über die Rampe ragte, aus dem Weg zu schieben und die Steinkugeln aus dem Bach zu klauben.

      Kenjin zitterte inzwischen so heftig, dass seine Zähne aufeinanderschlugen.

      „Zieh die nassen Sachen aus, sonst erkältest du dich“, ermahnte ihn Ishira.

      Ihr Bruder schob die gefesselten Hände unter seine Tunika und nestelte an den Bändern seiner Hose. Sie half ihm dabei, die Beinkleider abzustreifen, die sich mit einem schmatzenden Geräusch von seiner Haut lösten. Dann zog sie ihm Hemd und Tunika über Kopf und Schultern, soweit die Fesseln es erlaubten. „Warte, ich gebe dir meinen Umhang.“ Sie zog den Überwurf von ihren Schultern, ohne auf Kenjins Protest zu achten. Kaum hatte sie ihm das Kleidungsstück um die Schultern gelegt, als der Bashohon ihm barsch befahl, auf einen der anderen Munitionswagen zu klettern, die inzwischen den Bach überquert hatten. Ihr Bruder beeilte sich, der Order nachzukommen. Sobald alle Wagen den Bach überquert hatten, gab Beruk den Befehl zum Weitermarsch.

      Der Zedernwald wurde dichter, auch wenn die Bäume noch immer weit genug auseinanderstanden, um mit den Wagen hindurch zu fahren. Der Boden federte unter den Hufen der Pferde nach. Er war bedeckt mit leuchtendem Moos in mannigfachen Grüntönen und Zedernnadeln vergangener Winter. In den Zweigen sangen Vögel und einmal sah Ishira weit entfernt eine schattenhafte Gestalt von einem Baum zum nächsten springen – ein Ipori?

      Sofort kehrte die Erinnerung an den Wasserfall zurück und sandte einen Strom von Hitze durch Ishiras Adern. Gütige Ahnenseelen, das musste aufhören! Überzeugt davon, dass alle Welt ihre Verwirrung sehen konnte, vertiefte sie sich eine Weile in den Anblick der Moose und Farne zu ihren Füßen, bis sie sicher war, dass ihr Gesicht seine normale Farbe wiedererlangt hatte. Sie sollte sich in Zukunft von Wasserfällen fernhalten.

      Die Wände des Tals schoben sich immer weiter zusammen, bis der Einschnitt gerade noch breit genug war, um die Wagen durchzulassen. Auch wenn die Beschaffenheit des Geländes einen Angriff der Amanori unwahrscheinlich machte, blieben die Gohari in Kampfbereitschaft. Immer wieder wanderten Blicke nervös nach oben und manche Hand verharrte am Schwertgurt. Die Mittagsrast fiel noch kürzer und karger aus als in den vergangenen Tagen. In aller Eile schlangen die Soldaten die ihnen zugeteilte Ration Brot und Trockenfleisch hinunter, wobei sie nicht einmal ihre Marschposition auflösten.

      Nach dem Essen musste Ishira sich dringend erleichtern. Für ihre abendliche und morgendliche Notdurft hatte sie ein Gefäß erhalten, das sie vor dem Aufbruch reinigte und bei ihrem Gepäck verstaute. Aber während der Mittagsrast konnte sie sich leider nicht einfach wie die Männer mit dem Rücken zu den anderen an den nächsten Baum stellen. Beim ersten Mal war ihr das Ganze dermaßen peinlich gewesen, dass sie ihr Bedürfnis so lange verhalten hatte, bis sie das Gefühl hatte zu platzen. Als sie sich schließlich wortlos hatte ins Gebüsch davon stehlen wollen, hatte Kiresh Yaren sie prompt aufgehalten und gefragt, wo sie hinwollte. Wahrscheinlich war sie vor Verlegenheit angelaufen wie ein gekochter Flusskrebs. Sie hatte dieses Thema nun wirklich nicht vor den Ohren so vieler Männer erörtern wollen. „Ihr wisst schon…“ hatte sie herumgedruckst. In seinen Augen hatte zuerst nichts als blankes Unverständnis gestanden, bis ihm endlich die Erleuchtung kam. Umso überraschter war sie gewesen, als er aufgestanden war und etwas davon gemurmelt hatte, dass er sie begleiten werde. Das hatte er auf ihren bisherigen Reisen nie getan. Allerdings hatte sie sich sonst auch nicht so weit in die Wildnis entfernen müssen wie hier, wo sie von einem ganzen Heer umgeben war. So weit abseits jeglicher Zivilisation gab es vermutlich mehr wilde Tiere als auf den Routen zwischen den Siedlungen. Oder glaubte er, sie vor den Soldaten beschützen zu müssen? Natürlich gab es auch noch eine andere naheliegende Erklärung: dass er sicherstellen wollte, dass sie nicht davonlief.

      Ishira räusperte sich in dem Versuch, die Aufmerksamkeit ihres Begleiters zu erlangen. „Kiresh Yaren, Deiro?“

      Er ließ den Wasserschlauch sinken und wischte sich mit dem Handrücken über die Lippen. „Was ist? ... Oh...“ Inzwischen konnte er ihr Anliegen bereits aus ihrem Gesichtsausdruck ablesen. Als er sich erhob, hatte sie den Eindruck, dass seine Wangen ein wenig gerötet waren. Diese Erkenntnis ließ ihr eigenes Gesicht aufflammen. Na, großartig! Das konnte ja noch heiter werden!

      Schweigend gingen sie den Weg ein Stück voraus, jeder darauf bedacht, den Blick des anderen zu meiden. Ishira suchte nach einem unverfänglichen Thema, um ihre Befangenheit zu überspielen. „Wart Ihr schon einmal in diesem Teil

Скачать книгу