Kristallblut. Patricia Strunk

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Kristallblut - Patricia Strunk страница 7

Автор:
Серия:
Издательство:
Kristallblut - Patricia Strunk Inagi

Скачать книгу

ihnen hörte Yaren das Rauschen und Gluckern des Flusses. Er maß nur gut zwei Wagenlängen in der Breite, doch die Strömung war stark. Es würde nicht ganz ungefährlich sein, ihn mit den Wagen zu durchqueren, da das Wasser in der Mitte schätzungsweise bis zu den Radnaben reichte. Aber wenn sie die Rampen so weit wie möglich ins Wasser hineinzogen, hatten die Wagen nur ein kurzes Stück durchs Bachbett zu fahren.

      Die frischen Schnittstellen der Baumstümpfe stachen wie Narben aus dem grünen Untergrund hervor. Darum herum lagen abgeschlagene Äste und abgeschälte Rinde auf dem Boden. Wie Ralan gesagt hatte, waren seine Leute bereits an Ort und Stelle und warteten inmitten der gefällten Bäume auf Anweisungen. Yaren war erstaunt, wie still die Söldner sich verhielten. Die Gohari hätten sich zwanglos im Gelände verteilt und miteinander geplaudert oder sich aus Spaß einen Kampf geliefert, um die Zeit totzuschlagen. Nicht so die Raikari. Sie standen bewegungslos in Reih und Glied wie die Ehrenwache vor dem Palast des Marenash. Als sie den Hufschlag der Pferde hörten, wandten alle wie auf Kommando den Kopf. Yaren erklärte Ralan, was er vorhatte. „Ich schätze, es ist besser, wenn Ihr Euren Leuten selbst sagt, was sie tun sollen“, schloss er.

      Ralan nickte und befahl einem Teil seiner Männer, die Stämme der bereits gefällten Bäume glatt zu schlagen, zum Fluss zu rollen und so miteinander zu vertäuen, dass sie eine Rampe bildeten, die das Gewicht der schweren Geschützwagen zu tragen imstande war. Die andere Hälfte der Raikari schickte er zum gegenüberliegenden Ufer, um dort die zweite Rampe zu bauen.

      Yaren wandte seinen Blick nach links. Etwa fünfzig Schritte entfernt stürzte das Wasser in mehreren nebeneinander liegenden Fällen über die steile, bemooste Felswand in ein flaches Becken, dessen Steine so glatt geschliffen waren wie ein gemauertes Bad. Auf schmalen Vorsprüngen wucherte Farn. Auf einer Seite des Beckens formte eine Handvoll dichter Büsche einen natürlichen Sichtschutz. Yaren musterte das Ufer. Als er sicher war, dass kein wildes Tier im Unterholz lauerte, drehte er sich zu seiner Schutzbefohlenen um, die geduldig hinter ihm wartete. „Du kannst Baden gehen. Ich werde aufpassen, dass sich dir keiner der Raikari nähert. Aber sei trotzdem vorsichtig. Es könnte hier Schwarzvipern und anderes giftiges Getier geben.“

      „Ich werde achtgeben“, versprach sie.

      Yaren beobachtete, wie sie hinter den Büschen verschwand. Bevor sich eine unsittliche Vorstellung in seinen Geist schleichen konnte, lenkte er Bokan zu Ralan zurück. Der Söldnerführer hatte sich eine Stelle gesucht, von wo aus er seine Männer auf beiden Seiten des Flusses im Blick hatte. Eine Weile sah Yaren den Raikari ebenfalls zu. Die Söldner scheuten sich nicht vor harter Arbeit, so viel stand fest. Und sie verfügten über bemerkenswerte Körperkräfte. Scheinbar mühelos rollten sie die Stämme zu zweit oder dritt ans Ufer, ohne Anzeichen von Erschöpfung zu zeigen. Was Yaren jedoch beinahe noch mehr beeindruckte, war der ungewöhnliche Einklang, mit dem die Männer agierten. Ihre Bewegungen gingen Hand in Hand, wobei ihre Verständigung untereinander keiner Worte bedurfte. Jeder schien auch so zu wissen, was von ihm erwartet wurde. Aber diese stumme Übereinstimmung hatte auch etwas Unheimliches. Das erinnerte Yaren an etwas. „Eure Leute haben gestern Abend für Aufsehen gesorgt“, ergriff er die Initiative.

      Ralan wandte den Kopf. „Da Ihr es ansprecht: Das ist genau der Grund, aus dem ich mit Euch reden wollte. Ich würde gern mehr über das inagische Mädchen erfahren.“

      Das hatte Yaren nicht erwartet. Etwas in ihm ging in Abwehrhaltung. Bislang hatten die Raikari Ishira keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt und er wollte, dass das so blieb. „Weshalb? Weil ein Teil Eurer Leute von ihrer Musik buchstäblich ergriffen war?“

      „Unter anderem. Von wem hat sie gelernt, so zu spielen?“

      Yaren zuckte mit den Schultern. „Das kann ich Euch nicht sagen.“

      „Ihr seid nicht gerade mitteilsam.“

      „Gilt das nicht ebenso für Euch selbst?“

      Es kam ihm so vor, als würde Ralan hinter seiner Maske lächeln. „Was wollt Ihr denn wissen?“

      „Zum Beispiel, wie ein Adliger zum Anführer einer Gruppe von Söldnern wird.“

      Ralan schwieg einen Moment. „Das war ich nicht immer, wie Ihr Euch denken könnt. Als junger Mann diente ich wie Ihr in der goharischen Armee, hier auf Inagi.“

      Ralan stammte von Inagi? Das könnte erklären, weshalb er dessen Familie nicht kannte. Yaren versuchte sich daran zu erinnern, wie alt der Söldnerführer war. Irgendetwas zwischen Vierzig und Fünfzig. „Was ist passiert?“

      Sein Gesprächspartner schwieg erneut, als würde er abwägen, wie viel er preisgeben konnte. „Gewisse Umstände zwangen mich dazu, den Dienst zu quittieren und mich neu zu orientieren.“

      Aus dieser nebulösen Erklärung schloss Yaren, dass Ralan vor Jahren in Ungnade gefallen war und die Insel hatte verlassen müssen. Erstaunlich, dass der Marenash ihn jetzt zurückgeholt hatte. Seine Truppe musste sich wirklich durch außerordentliche Kampffertigkeiten auszeichnen. Was mochte Ashak dem Söldnerführer im Gegenzug geboten haben? Begnadigung? Es war allerdings merkwürdig, dass keiner der Kireshi schon einmal von den Raikari gehört hatte. Gewöhnlich rankten sich um außergewöhnliche Kämpfer schnell Legenden, zumal wenn sie so auffällige Erscheinungen waren wie Ralans Männer.

      „Ich habe Eure Frage beantwortet, soweit es mir möglich war“, sagte dieser einen Augenblick später. „Würdet Ihr jetzt die meine beantworten?“

      „Ich kann Euch nicht viel über das Mädchen sagen, außer dass sie eine Waise ist. Über ihre Eltern ist nichts bekannt. Wie Ihr sehen könnt, fließt in ihren Adern sowohl inagisches als auch goharisches Blut, aber woher ihre besondere Verbindung zur Kristallenergie rührt, weiß niemand.“

      „Eine recht geheimnisvolle Verbündete also.“

      Yaren schnaubte. „Sagt der Richtige.“

      Ralan gab ein dumpfes Lachen von sich, das allerdings nicht besonders heiter klang. „Nun, ich schätze, jeder hat seine Geheimnisse. Ihr habt sicher auch Eure Gründe, weshalb Ihr die Drachen jagt“, meinte er mit einem Nicken in Richtung der Trophäensammlung um Yarens Hals.

      Yaren strich über die langen, gelblichen Zähne, die mit leisem Klacken gegeneinander schlugen. „Was ist mit Euren Männern?“ fragte er anstelle einer Antwort. „Ich schätze, sie kommen alle vom Festland. Wissen sie überhaupt, worauf sie sich eingelassen haben?“

      „Weiß das überhaupt einer von uns?“ gab Ralan zurück. „Aber Ihr zielt vermutlich darauf ab, ob meine Männer schon einmal gegen Drachen gekämpft haben. – Wenn es Euch beruhigt: ja, das haben sie.“

      Jetzt war Yaren wirklich erstaunt. „Also seid Ihr schon länger auf Inagi?“

      „Schon eine geraume Weile. Der Kampf gegen die Drachen lässt sich nur hier trainieren.“

      „Wohl wahr.“ Wie es aussah, hatte der Marenash nichts dem Zufall überlassen wollen. Er musste Ralan sofort, nachdem er den Feldzug beschlossen hatte, kontaktiert haben. Nur wie hatten die Söldner ihre Anwesenheit auf Inagi die ganze Zeit über geheim halten können? Sie mussten bei Nacht und Nebel an einem einsamen Küstenabschnitt angelandet und von dort aus abseits der Hauptstraßen in die Berge aufgebrochen sein. Auf keinen Fall hatten sie in einer der Hafenstädte Anker geworfen. Dort verbreiteten sich Gerüchte schneller als ein Feuersturm. Aber aus welchem Grund hatten die Raikari sich verborgen gehalten? Hatte Ashak Sorge gehabt, der Baishar in Gohar könnte argwöhnen, sein Vasall plane einen Aufstand? Die ganze Angelegenheit wurde immer mysteriöser.

      ***

Скачать книгу