Kristallblut. Patricia Strunk

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Kristallblut - Patricia Strunk Inagi

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in Bewegung. Ishira ritt zwischen Kiresh Yaren und Mebilor. Seit der Begebenheit am Wasserfall hatte sie mit ihrem Begleiter kein Wort mehr gewechselt. Obwohl sich ihr innerer Aufruhr inzwischen etwas gelegt hatte, konnte sie den Kiresh nicht ansehen, ohne dass ihr Herz zu flattern begann, und so heftete sie ihren Blick auf Leshas Mähne und begann damit, Strähnen der borstigen Haare zusammenzudrehen. Eine Gefühlsregung dieser Art war ihr bislang völlig unbekannt gewesen. Nicht einmal zu Kanhiro hatte sie sich jemals auf ähnlich starke Weise hingezogen gefühlt.

      Der Gedanke an ihren Freund rief in Ishiras Magengegend ein unbehagliches Ziehen hervor. Wie konnte ein anderer Mann ein solches Verlangen in ihr wachrufen? Ein Mann, der sich die meiste Zeit über alle erdenkliche Mühe gab, sich im schlechtesten Licht zu präsentieren. Seit ihrer allerersten Begegnung hatte der Kiresh trotz seiner offensichtlichen Gleichgültigkeit beinahe allem und jedem gegenüber eine unerklärliche Faszination auf sie ausgeübt, auch wenn sie ihn lange Zeit nicht hatte ausstehen können. Bis sie seine sanfte Seite entdeckt hatte. Und heute hatte sie eine weitere Seite an ihm kennengelernt. Eine Seite, die ihrem Seelenfrieden weitaus gefährlicher werden konnte.

      „Interessante Beschäftigung“, bemerkte Mebilor. „Du kommst mir schon den ganzen Morgen etwas abwesend vor.“

      Peinlich berührt, weil der Heiler den Nagel auf den Kopf getroffen hatte, sah Ishira auf und stellte fest, dass Leshas Mähne auf bestem Wege war, sich in einen Stachelkamm zu verwandeln. Mit fahrigen Bewegungen strich sie über die verdrehten Strähnen, um sie wieder zu entwirren. „Ich bin ein bisschen nervös“, gab sie zu. Das war nicht gelogen, nur war der Grund ein gänzlich anderer, als Mebilor erwarten würde. Der Heiler musterte sie auf eine Weise, die Ishiras Wangen zum Brennen brachte. Ihre Gedanken standen ihr doch hoffentlich nicht schon wieder ins Gesicht geschrieben? Zum Glück zügelten die Befehlshaber in diesem Moment ihre Pferde, um das Werk der Raikari zu begutachten, und ersparten ihr dadurch weitere Verlegenheit.

      Die Söldner hatten die entasteten Baumstämme zu Rampen von etwas mehr als einer Wagenbreite zusammengebunden. Dabei hatten sie so gewissenhaft gearbeitet, dass zwischen die Stämme kaum eine Klinge gepasst hätte. Die Enden waren abgeschrägt, so dass sich ein beinahe glatter Übergang zum Boden ergab. Der Shohon nickte beifällig und lenkte sein Pferd als erster auf die Stämme. Kiresh Yaren folgte hinter Beruk. Sein Hengst zögerte einen Moment, bevor er seinen Huf auf die abschüssige Rampe setzte. Er klopfte dem Braunen aufmunternd den Hals und trieb ihn sanft vorwärts. Ishiras Stute trottete wie üblich willig hinter Bokan her. Der Kiresh wandte kurz den Kopf, als wollte er sich vergewissern, dass sie zurechtkam, doch er vermied es, sie direkt anzusehen.

      Schritt für Schritt arbeitete Lesha sich voran. Das Wasser gurgelte um ihre Fesseln und spritzte im steinigen Bachbett bis an Ishiras nackte Füße hoch, bevor die Stute die zweite Rampe erreichte. Am jenseitigen Ufer angekommen, lenkte Ishira sie auf Kiresh Yarens Wink hin an seine Seite. Auch Beruk hatte angehalten, während der Shohon die Telani und die übrigen Kireshi weiter in den Wald hinein führte. Ishira erwartete, dass die Koshagi ihnen folgen würden, doch sie verteilten sich entlang des Ufers. Offenbar sollten sie sicherstellen, dass alle Fahrzeuge sicher über den Fluss kamen.

      Als der erste Geschützwagen auf die Rampe fuhr, verfolgte Ishira gespannt, wie das Gespann und sein Lenker die Aufgabe bewältigen würden. Die Räder des fahrbaren Untersatzes waren ringsum mit einander überlappenden, etwa fußgroßen Lederplatten besetzt. Am Anfang hatte Ishira sich gefragt, wozu das gut sein sollte, doch schnell hatte sie festgestellt, dass die Räder sich auf diese Weise nicht so leicht in den Schlamm mahlen und steckenbleiben konnten. Auch jetzt leistete der Lederbesatz gute Dienste, denn er verhinderte, dass die Räder sich zu schnell drehten und das Gefährt zu viel Schwung bekam. Zur Sicherheit gingen zwei Raikari seitlich neben dem Wagen und stemmten sich gegen die Speichen. Vorsichtig setzten die beiden Umasus einen Huf vor den anderen. Sobald der Geschützwagen das Flussbett erreichte, veränderten die Söldner ihre Position und schoben hinten mit an, um das Gespann zu entlasten.

      Endlich waren alle Geschütze auf dieser Seite des Flusses angelangt und das Spiel wiederholte sich mit den Munitionswagen. Gleich auf dem ersten Wagen hockte Kenjin. Seine Hände waren wieder gefesselt. Ishira beobachtete, wie der Wagen von der Rampe ins Wasser rollte. Als es wieder nach oben ging, mussten sich selbst die an schwere Lasten gewöhnten Umasus mit aller Kraft ins Zeug legen.

      Auf einmal spürte Ishira das vertraute Kribbeln auf der Kopfhaut. Sie erstarrte. Ihrem Begleiter entging ihre plötzliche Anspannung nicht. „Drachen?“

      Beruk musterte gleichfalls den Himmel. „Ich sehe nichts. Bist du dir sicher, Sklavin?“

      Ishira nickte. Sie musste nicht einmal den Kopf heben um zu wissen, dass die Amanori ganz in der Nähe waren.

      „Bereitmachen!“ brüllte der Bashohon daraufhin, obwohl Ishira die Zweifel auf seinem Gesicht nicht entgingen. Aber als Zweiter Heerführer war er verantwortungsbewusst genug, seine Zweifel nicht zum Risiko für die ihm anvertrauten Männer werden zu lassen. „Die Drachen können jeden Moment angreifen!“

      Nicht nur die Raikari blickten jetzt kollektiv zum Himmel. „Bei Kaddors Blut, wo sind diese verfluchten Bestien?“ rief jemand.

      „Da!“ schrie einer der Schützen und deutete aufgeregt mit der Hand. „Da drüben!“

      Die Silhouette eines einzelnen Amanori löste sich aus den Wolken und glitt aufreizend gemächlich näher, als wüsste er um die Wirkung, die sein Erscheinen zur Folge hatte, und wollte sie bis zum Letzten auskosten. Die Raikari zogen ihre Waffen. Am diesseitigen Ufer bemühten sich die Schützen in aller Eile, die ‚Drachentöter‘ einsatzbereit zu machen.

      Lautstarkes Fluchen lenkte Ishiras Aufmerksamkeit zurück zum Fluss. Der Kutscher des Munitionswagens ließ die Peitsche knallen, um sein Gespann die Rampe hoch zu treiben, doch den Umasus war der plötzliche Tumult um sie herum zu viel. Schnaubend schüttelten sie ihre massigen Schädel, so dass der Wagen gefährlich zu schwanken begann. Die beiden Raikari mühten sich vergeblich ab, das Gefährt ruhigzuhalten.

      Kiresh Yaren packte Ishira an der Schulter. „Geh zwischen den Bäumen in Deckung!“

      Sie schüttelte heftig den Kopf. „Was ist mit meinem Bruder?“

      „Ihm geschieht schon nichts. Geh!“

      Ishira zögerte noch immer – und dann war der Amanori über ihnen. Er flog so tief, dass sie jede einzelne seiner schimmernden sandfarbenen Bauchschuppen und sogar die Adern in der ledrigen Haut seiner Schwingen erkennen konnte. Aber er griff nicht an. Er glitt einfach nur über sie hinweg, als sei er neugierig, was die Menschen unter ihm trieben, und würde sich einen Spaß daraus machen, sie in Schrecken zu versetzen. Als sein Schatten auf das Gespann im Fluss fiel, scheuten die Umasus und brachen zur Seite aus. Eines der Räder rutschte von den Stämmen und versank im Wasser. Dem dort stehenden Raikar gelang es gerade noch auszuweichen, als der Wagen in Schräglage geriet und die Ladung verrutschte. Einige der Steinkugeln durchbrachen die Seitenwand der Ladefläche und klatschten in den Bach. Kenjin klammerte sich verzweifelt an den Kutschsitz, aber mit seinen gefesselten Händen hatte er Mühe, das Gleichgewicht zu wahren. Die Umasus brüllten und stampften mit den Hufen, wodurch der Wagen erst recht Übergewicht bekam. Das rechte Umasu knickte mit den Vorderbeinen ein, als es von der Deichsel niedergedrückt wurde. Ishira schrie auf, als der Wagen kippte und krachend ins Wasser stürzte. Ihr Bruder sprang im letzten Moment ab und verschwand in den Fluten. Einen Moment lang tauchte er wieder auf und versuchte strampelnd, auf die Beine zu kommen, doch die Strömung war zu stark und riss ihn mit sich. Sein Kopf tauchte wieder unter Wasser.

      „Kenjin!“ Ishira presste ihrer Stute die Hacken in die Flanken, um ihrem Bruder zu Hilfe zu eilen, doch Kiresh Yaren versperrte ihr den Weg.

      „Du wartest hier!“ befahl er knapp,

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