Kristallblut. Patricia Strunk

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Kristallblut - Patricia Strunk Inagi

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      „Eine alte Form der inagischen Sprache, Koban?“ setzte einer der Gelehrten, dessen Namen Ishira nicht kannte, das zuvor unterbrochene Gespräch fort. „Auf wann datiert Ihr diese Inschrift?“

      „Schwer zu sagen. Lange, bevor wir einen Fuß auf die Insel gesetzt haben. Fünfhundert Jahre, tausend – alles ist möglich. Bedauerlich, dass wir den Stein selbst nicht mitnehmen konnten, um ihn genauer zu untersuchen.“

      „Könnt Ihr die Inschrift entziffern?“ fragte Rohin.

      „Nun ja, aus dem zu schließen, was ich verstanden habe, scheint es sich weniger um einen Grenzstein zu handeln als um eine Entfernungsangabe, eine Art Wegweiser. Aber es ist alles sehr vage. Einige der Zeichen haben nur entfernt Ähnlichkeit mit den mir bekannten und der größte Teil der Inschrift ist im Laufe der Zeit so verwittert, dass er kaum noch zu lesen ist. Bei dem Wort unter dem Wappen handelt es sich vermutlich um den Ortsnamen: Yokariyara oder so ähnlich. Die Endung weist auf ein Heiligtum hin – wie bei Inuyara, das sich mit ‚Heiligtum am Meer‘ übersetzten lässt. Auf jeden Fall war es ein Ort mit einer gewissen Bedeutung, wenn er über ein eigenes Wappen verfügte und auf diese Weise ausgeschildert war. Es lässt sich allerdings nicht mehr erkennen, ob der Stein ins Landesinnere weist oder in die Richtung, aus der wir kommen.“

      „Gewiss doch wohl Letzteres“, schaltete sich Garulan ein. „Auch wenn die alten Inagiri mit den Drachen auf besserem Fuß standen als wir heute, werden sie kaum in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft gesiedelt haben.“

      „Aber wenn jemand in umgekehrter Richtung auf dieser Straße unterwegs war, bedeutet das ebenfalls, dass es bis weit ins Inselinnere hinein besiedelte Gebiete gegeben haben muss“, hielt Rohin dagegen.

      Die anderen schwiegen, während sie darüber nachdachten. Ishira wusste nicht, worüber sie mehr erstaunt sein sollte: dass die alten Inagiri sich so tief ins Territorium der Amanori hinein gewagt hatten oder dass Koban und andere Telani die inagische Schrift und Sprache erlernt hatten. Es versetzte ihr einen Stich, dass ein Gohari die Schrift ihrer Vorfahren beherrschte, wohingegen die heute lebenden Inagiri nicht einmal ihren eigenen Namen schreiben konnten. Doch ein Teil von ihr war auch froh darüber, dass Inagis Vergangenheit auf diese Weise nicht ganz verloren war. Solange irgendjemand die alte Schrift kannte, konnten die Inagiri sie zurückgewinnen.

      „Habt Ihr schon einmal von diesem Ort gehört?“ fragte Mebilor.

      Koban schüttelte den Kopf. „Die Bibliothek in Inuyara ging während des Kampfes um die Stadt in Flammen auf. Fast alle Schriftstücke wurden vom Feuer vernichtet, so dass wir über die Vergangenheit Inagis nur sehr bruchstückhafte Kenntnisse besitzen.“

      „Möglicherweise haben die Inagiri damals im Innern der Insel einen Schrein errichtet, um den Drachen zu opfern und sie zu besänftigen“, schlug Rohin vor.

      „Das wäre eine Möglichkeit“, stimmte Koban zu. „Wenn wir Glück haben, stoßen wir vielleicht auf Reste dieses Ortes und finden dort eine Erklärung.“

      Am Nachbarfeuer, an dem sich eine Handvoll Kireshi den Abend mit einem Würfelspiel vertrieb, wurden Stimmen laut. Soweit Ishira mitbekommen hatte, musste der Verlierer einer Runde irgendetwas tun, um die Übrigen zu unterhalten. Wahrscheinlich war das die Art von Soldaten, mit der Anspannung, nie zu wissen, ob sie den folgenden Tag überleben würden, umzugehen. Ishira beobachtete, wie einer der Männer aufstand und zu den Raikari hinüber ging. Entweder war das sein Tribut als Verlierer oder er hatte es sich in den Kopf gesetzt, die Söldner dazu zu bringen, sich an dem Spiel zu beteiligen. Diese reagierten auf seine Überredungsversuche, wie sie auf alle Annäherungen reagierten: mit unbeteiligtem Schweigen.

      „Ihr haltet euch wohl für etwas Besseres, was?“ fragte der Krieger gereizt, als die Söldner, die er angesprochen hatte, ihm weiterhin stoisch den Rücken zukehrten. Die Worte klangen leicht verwaschen und verrieten, dass der Mann nicht mehr ganz nüchtern war. „Gehört es auch zu euren Regeln, andere zu ignorieren? Aber eines sage ich euch: ich traue euch nicht über den Weg und viele meiner Kameraden auch nicht. Wer sein Gesicht hinter einer Maske verbirgt, hat noch mehr zu verbergen. Gelübde? Dass ich nicht lache!“

      Seine Worte hallten laut durch die plötzliche Stille. Selbst die Diskussion der Telani war abgebrochen. Um Helons Mund zuckte es unwillig. Er schien zu überlegen, ob er einschreiten sollte, doch dann beschloss er offenbar abzuwarten, ob die Raikari die Angelegenheit selbst regeln würden.

      Einer der Söldner stand schließlich auf. Nur anhand der Zierelemente auf seiner Rüstung erkannte Ishira ihn als deren Anführer. Der Kouran trat auf den Kiresh zu, der immer noch mit gespreizten Beinen an Ort und Stelle stand, unschlüssig, was er als nächstes tun sollte. Im Flammenschein hätte man meinen können, Ralans Maske würde sich zornig verziehen, doch seine Stimme klang vollkommen unbewegt. „Ihr solltet Eure Worte umsichtiger wählen. Indem Ihr andere beleidigt, erreicht Ihr eher das Gegenteil dessen, was Ihr beabsichtigt. Seid jedoch versichert, dass unser Ziel dasselbe ist: genau wie Ihr sind wir hier, um gegen die Drachen zu kämpfen. Meine Männer ziehen es allerdings vor, unter sich zu bleiben, und ich erwarte von Euch wie von allen anderen hier, dass Ihr diesen Wunsch respektiert.“

      Der Kiresh machte ein Gesicht, als wollte er seinem Unmut noch weiter Luft machen, doch dann ging ihm auf, wen er vor sich hatte. Er presste den Kiefer zusammen, deutete eine Verbeugung an, die in ihrer Knappheit selbst an eine Beleidigung grenzte, und machte auf dem Absatz kehrt. „Verfluchte Söldner“, murrte er. „Führen sich auf, als wären sie die Palastgarde.“

      Falls Ralan diesen Kommentar ebenfalls gehört hatte, reagierte er nicht darauf. Er sah dem Mann nur noch einen Augenblick nach, bevor er wieder am Feuer Platz nahm.

      „Mit so etwas habe ich schon länger gerechnet“, brummte der Shohon. „Auch wenn es unter den Kireshi immer welche gibt, die Händel suchen, sind die Raikari an der Entwicklung nicht ganz unschuldig. Mögen sie ihren Göttern huldigen, wie sie wollen, aber wenn sie sich weiter so absondern, wird das noch mehr böses Blut geben.“ Er seufzte ungehalten. „Doch da sie nun einmal unsere Verbündeten sind, müssen wir ihre Eigenheiten tolerieren. Ich hoffe nur, dass die Situation nicht noch weiter eskaliert und ich zu Strafmaßnahmen greifen muss, um die Ordnung durchzusetzen.“

      „Ich für meinen Teil denke ja, dass wir ohne diese Söldner genauso gut zurechtkämen“, knurrte Beruk.

      „Was wisst Ihr eigentlich über die Raikari, Shohon?“ erkundigte sich Kiresh Yaren. „Es kommt mir seltsam vor, dass keiner von uns jemals von ihnen gehört hat.“

      Helon rieb sich das Kinn. „Ehrlich gesagt, nicht mehr als Ihr. Der Marenash hat sich in dieser Sache sehr bedeckt gehalten. Man könnte beinahe glauben, dass die Raikari ihre Existenz bis jetzt absichtlich geheim gehalten haben. Aber wenn sie tatsächlich solche überragenden Krieger sind, wie Ashak behauptet hat, müssten sie schon etliche Kämpfe bestritten haben.“ Er machte eine Pause.

      Sein Stellvertreter ließ seine Schale mit gedörrtem Fleisch sinken. „Das würde heißen, dass…“

      „…es nie Überlebende gab, die über die Raikari hätten berichten können“, beendete der Shohon den Satz.

      „Mit anderen Worten: sie sind ebenso tödlich wie die Drachen“, murmelte einer der Telani.

      Am Feuer breitete sich einmal mehr Schweigen aus. Niemand wurde gern daran erinnert, dass vom letzten Feldzug gegen die Echsen kein Soldat zurückgekehrt war. Ishira fragte sich, ob die Söldner wirklich so furchteinflößende Kämpfer waren.

      „Was ist mit Ralan selbst?“ fragte Rohin schließlich leise. „Er ist ein Gohari, oder nicht?“

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