Kurswechsel. Gerd Eickhoelter

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Kurswechsel - Gerd Eickhoelter

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werden.

      Und so verlief seinerzeit die Aussprache des Parteisekretärs mit mir:

      „Wie geht’s Genosse? Wir haben Planschwierigkeiten. Was hast du für Vorstellungen? Bist du mit der Führung der Parteiversammlungen einverstanden und wie ist deine Meinung über das Parteilehrjahr?“

      Nach meinen kritischen Bemerkungen über die Umfunktionierung der Parteiversammlung in eine Produktionsversammlung mit zweifelhafter Interessenbekundung der Mitglieder kam er zum Kern der Sache: “Bist du damit einverstanden, die Funktion des Parteigruppenorganisators zu übernehmen?“

      Jetzt war ich gefragt:“ Nun lass mich erst mal zum eigentlichen Sinn der Aussprache kommen. Anschließend wird die Frage steh’n, ob ich weiterhin in der Partei bleibe“, unterbrach ich seine Gedanken und ergänzte: „In den Medien wird ständig die bedingungslose Unterstützung der Parteibeschlüsse als Ziel der Aussprachen betont. Diese Anforderung kann ich nicht erfüllen. Ich wehre mich dagegen. Bei den Gruppengesprächen im Mai unter dem Motto: ‘Genosse! Wie sieht deine Tat als Kommunist aus? ‘ erklärte ich, dass ich kein Kommunist sei. Die angegebenen Tugenden, die einen Kommunisten in dieser Gesellschaft und letztens in unserem Betrieb auszeichnen sollten, sind ganz normale Arbeitsgrundsätze. Erst nach meinem Eintritt in die SED wurde zwanglos vom Mitglied der SED zur Bezeichnung Kommunist übergegangen“.

      Ich legte weiterhin meine konträre Meinung zu Fragen der Medienpolitik, der Sicherheitspolitik, der Wehrpolitik, des Umweltschutzes, der Toleranzlosigkeit und der freien Meinungsäußerung dar.

      Der Parteisekretär akzeptierte diesen Standpunkt nicht und widersprach: „ Jeder behält trotzdem seine Meinung. Wir wollen doch dass du sie sagst, sonst können wir uns nicht auf die Masse stützen. Eine gewisse Unterordnung wird natürlich verlangt. Es wird doch keiner bei uns zu etwas gezwungen. Nach einer so langen Mitgliedschaft - du hast jetzt fast 15 Jahre – trennt sich die Partei nicht so schnell von einem Kampfgefährten. Ja, wenn du zwanzig wärst, würden wir uns jetzt nicht mehr unterhalten.“

      Das waren Phrasen. Ein Parteigenosse wurde nicht vor Gericht gestellt. Stand einer unter Anklage wegen irgendeines Vergehens, es konnte ein Autounfall sein, dann distanzierte sich die Partei als Institution. Während dieser Zeit ruhte die Mitgliedschaft. Bei Verurteilung erfolgte der Parteiausschluss.

      Für Montag wurde ich zu einem weiteren Gespräch verdonnert. Ich hatte Zeit, die Sache zu überschlafen und den Austritt meinerseits in Erwägung zu ziehen. Während des gesamten Gesprächs lief ein Recorder. Ich hatte das Gefühl, dass mein Gespräch weiter geleitet wurde, denn eine Kassette war nicht eingelegt, aber die LED- Aussteuerung blinkte im Rhythmus der Sprachfrequenz. Da das Gespräch außerdem protokolliert wurde und ich aus meiner Meinung allgemein keinen Hehl machte, übersah ich die Tatsache. Man war ja an so etwas gewöhnt.

      Zum Wochenende hatte ich mir das Statut der Partei ausgeliehen. Ganz kurz überflog ich es, an meiner differierenden Meinung konnte es nichts ändern.

      Montag früh äußerte sich Genosse Plath und entschied: „ Wenn du nicht selber aus der Partei austrittst, begrüßen wir dich weiter als Mitglied. Die Frage deines Einsatzes als Parteiorganisator müssen wir zurück stellen. Wir kommen deiner Bitte nach, dich fachlich in deinem unterbesetzten Bereich zu festigen“. Das war’s und mehr nicht.

      In meinen vorangegangenen Überlegungen wollte ich den Zeitpunkt meines Parteiaustritts selber bestimmen. Dieser war zum jetzigen Zeitpunkt äußerst ungünstig. Die bereits hohe Belastung würde durch weiteren enormen Stress hochgepuscht werden. Außerdem beschäftigte ich mich gerade sehr stark mit dem Gedanken einer Wiederbewerbung bei der Handelsflotte. Ich wollte mir später nichts vorwerfen, dass ich es nicht versucht hätte.

      Würde das Vorhaben durch meine persönlichen verwandtschaftlichen Beziehungen und Kontakte nicht gerade verbessert, so wäre es durch einen Parteiaustritt aussichtslos.

      Ich glaubte immer noch an die international geäußerten Worte zur Öffnung und Liberalisierung. Das waren aber Worthülsen und galten nur für die angekündigten Besuchserleichterungen. Letztere brachten zusätzliche Deviseneinnahmen, denn pro Tag zahlte der Besucher aus dem Westen 25 Deutsche Mark Gebühr für die Grenzpassage. Die DDR war ein Ausstellungsobjekt.

      Neben den Einnahmen brachte auch jeder Besucher Genussmittel und andere Geschenke mit bzw. kaufte für die Verwandtschaft im Intershop für harte Westmark ein.

      Die erste Teilablehnung meiner Bewerbung zur DSR erhielt ich als Neujahrsgeschenk im Jahre 1986, allerdings mit der Mitteilung, dass mein Einsatz möglich sei – Hoffnung - .

      Ich solle die mitgelieferten Anträge zur Erteilung des Sichtvermerkes unverzüglich und vollständig ausfüllen und nochmals einreichen. Eigentlich lag ja alles vor. Ein Wochenende zur polizeigerechten Beschriftung der Formulare folgte. Der Staatssicherheitsdienst musste ja persönliche Angaben des Bewerbers den eigenen geheimdienstlichen Informationen gegenüberstellen.

      Mit dem Ausfüllen der Vordrucke wurde ein großes Maß ganz persönlicher Daten erfasst, wie Angaben aller verwandten im Ausland incl. der Bundesrepublik, deren Adresse, Beruf, Arbeitsstelle und Tätigkeit sowie deren Parteizugehörigkeit und die Art der Kontakte. Bei letzterem war zu unterscheiden zwischen Besuchen, Briefwechsel, gelegentlichem Briefwechsel oder ohne Verbindung. Die persönlichen Angaben mussten eidesstattlich signiert werden.

      Aus meiner früheren Tätigkeit hatte ich Durchschriften solcher Einreichungen zur Bestätigung des Sichtvermerkes. Ich hielt mich bei meinen Angaben an die damaligen Aussagen, die mit den Realitäten annähernd übereinstimmten.

      Nach eintägiger (!) Bearbeitungszeit wurde mir mitgeteilt, dass nach eingehender Prüfung meiner Unterlagen keine weitere Bearbeitung erfolgen könne, da die daraus hervorgehenden Angaben nicht den Einstellungsrichtlinien entsprächen. Wer die Arbeit in den Behörden kennt kann sich vorstellen wie eingehend geprüft wurde. Allein die Auflistung der umfangreichen Verwandtschaftsbeziehungen stand einer Fortführung des Seemannsberufes im Wege. Im Innern hatte ich es ja gewusst, nur wollte ich es schwarz auf weiß sehen. Streng nach dem Motto, alle Möglichkeiten ausnutzen, wandte ich mich mit einer Eingabe an den zuständigen stellvertretenden Minister für Verkehrswesen. Ihm waren die See- und Binnenschifffahrt sowie Hafenwirtschaft unterstellt.

      Einen ganzen Monat musste ich warten, dann traf die Antwort ein. Dr. Distler, Leiter der Hauptverwaltung Seeverkehr, teilte mir im Namen des Ministers mit, dass die vom Betrieb getroffene Entscheidung zu recht bestünde und nicht mehr korrigiert werden könne.

      Meine Schuld, weshalb war ich nicht zum Mitläufer mutiert.

      Ausgetreten

      Lange genug hatte ich ihn erwägt, am 28. April 1986 war es soweit. Für ein Verbleiben in der Partei sprach die Tatsache, dass es Menschen geben musste, die die Veränderung von innen anstrebten. Gegen eine weitere Mitgliedschaft zielte der Gedanke, dass ich ein viel zu kleines Licht sei um hier überhaupt etwas ausrichten zu können. Mit meinem Austritt vergrößerte sich mein Meinungsspielraum, die berufliche Entwicklung aber wurde gestoppt. Ich war auch nicht bereit mit meinem Beitrag eine Politik zu unterstützen, die von mir ein bedingungsloses Vertreten von Beschlüssen verlangte, meine Interessen aber in keiner Weise wahrnahm.

      Damals vor 15 Jahren hatte ich mir alles ganz anders vorgestellt. Geworben wurden wir, mein Studienfreund und ich, seinerzeit von Dr. Jentsch und Dr. Herbronn, beides Dozenten der Ingenieurhochschule für Seefahrt. Unsere kritischen Ansichten zur Politik und Wirtschaft deckten sich. Beide Dozenten meinten, dass sie solche Menschen wie uns in der Partei brauchten um etwas bewegen zu können, eine Umwandlung der starren dogmatischen Vorstellungen

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