Kurswechsel. Gerd Eickhoelter

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Kurswechsel - Gerd Eickhoelter

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kamen wir auf das Thema.

      Genosse Müller, Kaderleiter und seit Jahresbeginn Parteisekretär, einer Funktion die ihm einmal die Funktionärsrente von 80% des Verdienstes der letzten 10 besten Jahre einbringen sollte, fragte mich was aus meiner Bewerbung zur Seereederei geworden sei.

      Ich sagte, dass ich die endgültige Ablehnung erhalten hätte und dieses wiederholt ausgesprochene Berufsverbot nicht kommentarlos hinnehmen werde. Die Konsequenz sei für mich der Austritt aus der Sozialistischen Einheitspartei Deutschland. Komisch – der Name der Partei beinhaltete die gesamte deutsche Nation, die sie so gerne teilen wollte.

      Genosse Müller wurde nachdenklich und erwiderte mit einem Lächeln auf den Lippen: „Überlege dir die Sache genau, du warst 15 Jahre Mitglied unserer Partei. In deiner Position kann man nicht austreten. Ein solches Anliegen kann nur über ein Parteiausschlussverfahren geregelt werden. Wir haben gewisse Zwänge, an die wir uns halten müssen. An die Position des Haupttechnologen werden gesonderte Anforderungen gestellt, darin ist auch die Parteizugehörigkeit enthalten. Es gibt Gesetze, die wir erfüllen müssen und denen sich ein Parteimitglied unterzuordnen hat“.

      Ich sagte ihm, dass ich gerade deshalb meinen Austritt in Erwägung gezogen hätte, weil ich fachlich und ideologisch eine Sache nur dann mit ganzem Herzen vertrete, wenn die innere Übereinstimmung hierzu vorhanden sei. Zu einem Ja-Sager eigne ich mich nicht.

      „Die Partei ist kein Verein, in den man ein- und wieder austreten kann, wie man will,“ hielt mir der dicke Müller vor, „ die von dir angegriffene Sicherheitspolitik der Kontakteinschränkung bedeutet grundsätzlich eine Absicherung deiner selbst. Du weißt ja gar nicht, was drüben los ist, dort ist es viel schlimmer als bei uns. Du hast Recht, unsere Sicherheitspolitik richtet sich gegen das unberechtigte Verlassen der Republik. Wenn bereits Kapitäne und Leitende Ingenieure abhauen, dann ist das eine ganz andere Qualität, die uns da verlässt. Ich muss mit der Kreisleitung darüber reden, dass du austreten willst, dazu bin ich verpflichtet. Ich weiß nicht, wie wir uns da verhalten müssen. Du musst dir natürlich bei einem solchen Schritt im Klaren sein, dass das Auswirkungen auf deine gesamte Familie hat. In jedem Personalbogen, jeder Bewerbung deiner Frau, der Kinder und dir selbst für eine andere Tätigkeit ist dieser Austritt in der Kaderakte vermerkt. Dieser kleine Vermerk wird immer Voreingenommenheit schaffen und eine negative Beeinflussung bei der Befürwortung einer Studienbewerbung oder der Berufswahl deiner Kinder bedeuten. Du möchtest doch, dass deine Kinder einmal studieren.“

      Ich entgegnete, dass ich zwanzig Jahre meine Loyalität unter Beweis gestellt habe und seine Ansicht in keiner Weise teile, ja – in meiner Auffassung noch bestärkt werde, da seine Worte das wahre Gesicht dieser Macht verdeutlichten.

      Zuhause sprach ich alles noch einmal mit Gabi durch. Wir kamen zu keiner anderen Übereinstimmung. Unsere Schlussfolgerungen aus der Problematik entstammten keiner Spontanreaktion, sie waren wohl durchdacht und mit unserem Gewissen zu vereinbaren.

      Am 04. Mai 1986 gab ich meine Erklärung zum Austritt beim Parteisekretär ab. Diese meine schriftlich begründete Austrittserklärung schaffte allgemeine Verwirrung, galt ich doch dem Staat gegenüber bisher als loyal, aufgrund meiner privilegierten Seefahrtzeit und meines fachlich kompetenten Auftretens. Es war deshalb nicht verwunderlich, dass mich eine Woche später der technische Direktor zu sich bat, um mit mir darüber zu reden.

      „ Was haben sie sich dabei gedacht aus der Partei auszutreten“, empfing er mich.“ Sie können sich doch denken, dass der Direktor so etwas nicht einfach hinnimmt. Schon gegenüber seinen Fachdirektoren muss er reagieren und kann diese Handlungsweise nicht auf sich beruhen lassen. Die Stelle des Haupttechnologen ist dem Generaldirektor unterstellt, das bedeutet Geheime Verschlusssache, also GVS-Verpflichtung! Ich schätze sie als exzellenten Fachmann und erstklassigen Mitarbeiter. Selbstverständlich möchte ich sie behalten. Als Fachmann für den Maschinensektor gibt es bei uns keinen gleichwertigen. In ihrem Arbeitsbereich Technologie werde ich ihnen eine Stelle mit HF IV - Gehalt anbieten, wie sie es vor ihrem Einsatz als Haupttechnologe hatten.

      Das offizielle Gespräch hierzu wird nach Pfingsten geführt werden und ich möchte sie bitten, sich Gedanken zu machen und dann Stellung zu beziehen. Der Kollege Kamann ist ganz wild auf sie. Er möchte sie in seiner Werft als Spezialist für Kanalschubschiffe in Genthin gewinnen.

      Zusätzlich sind bei ihm aber noch Planaufgaben zu bewältigen. Gerüchte sind im Umlauf, dass sie zur Yachtwerft wollen“.

      „Davon war bisher keine Rede. Die Sache muss ich mir aber durch den Kopf gehen lassen“, war meine Reaktion.

      „Ich würde mich freuen, wenn sie bei uns bleiben und nicht zur Yachtwerft gehen, aber mit der geforderten GVS-Verpflichtung ist die Frage der Kontakte primär zu betrachten d.h., keinerlei Verbindungen zum Westen sind zulässig und das haben sie ja abgelehnt“, beendete er seine Information.

      Ich konnte darauf nur noch erwidern, dass mit der Geheimhaltungsstufe die Würfel gefallen seien, denn derartige Verpflichtungen werde ich nicht eingehen.

      Bei diesem Gespräch blieb es vorläufig, bis sich die Aktivitäten im Verborgenen verstärkten.

      Der Besuchsantrag

      Seit ich wieder vollständig an Land tätig war, kümmerte ich mich verstärkt um unsere verwandtschaftlichen Bindungen. Einen Besuch hatte ich schon lange ins Auge gefasst. Ich wollte alle gegenüber dem Ausland propagierten Freiheiten, die auf mich zutrafen ausprobieren – provokant, aber berechtigt.

      Verhindert wurde eine Realisierung bisher durch die Absicherungspolitik der DDR-Regierung und die größtmögliche Unterbindung aller Kontakte zu den im Westen wohnenden Angehörigen. Diese offiziell vor dem Ausland nicht vertretbare Unterbindung war durch Konventionen porös geworden, im Besonderen durch die Signierung der KSZE-Schlussakte von Helsinki. Hier wurden Zugeständnisse der östlichen Seite zu den Menschenrechtsproblemen gemacht, wodurch die Ausgebildete Eiszeit zwischen Ost und West in vielen Fragen gedämpft wurde.

      Für einige Berufsgruppen und bestimmte Arbeitsebenen blieb die Kontaktlosigkeit Bedingung, so auch in meiner Leitungsebene. Offiziell wurde dieses nie zugegeben sondern vehement abgestritten.

      Gebunden an die signierten Verträge musste für die Öffentlichkeit eine Umschreibung gefunden werden. Da waren Geheimhaltungsverpflichtungen, die den Betroffenen persönlichen West-Kontakt unter Strafandrohung verbieten, wie auch psychologischer Druck.

      In der Regel wurde ein direktes Vorgehen vermieden, obwohl man dieses behördlicherseits, hinter den Kulissen, anstrebte. Aber da waren wieder die Verträge, die eine Publizität dieser Problematik verbieten.

      So bewegte ich mich während meiner Fahrzeit auf See und auch später ständig in den Grenzen des Machbaren, des Geduldeten, ohne Kenntnis, wann diese überschritten und mit Repressalien beantwortet würden.

      Schutz hiervor waren fachliche Kompetenz, mein allgemeines Wissen und handfeste Argumentation, Das Motto - Wissen ist Macht - traf hier voll zu.

      Natürlich warteten manche Stellen nur darauf den unbequemen Fachmann los zu werden doch sträubten sich diejenigen, die fachliche Qualifikation schätzten. Es fehlte im offenen Gespräch mir gegenüber an greifbaren Argumenten, an Erfahrungen, die mir durch Weltoffenheit und Reisen in meinem Seemannsberuf und meiner Stellung vermittelt wurden, eigenen Erfahrungen aus dem persönlichen Erleben vieler Länder und Strukturen beider Lager.

      Eine „Kennzeichen D“- Sendung des ZDF im März 1986 über neue Besuchsregelungen könnte den Wunsch, einer Wiederholung meines Besuches aus dem Jahre 1957 bei Tante Erna in Westfahlen, in den Bereich des Möglichen

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