Das Paradies ist zu Ende. Louis Lautr

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Das Paradies ist zu Ende - Louis Lautr

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schon älter war, und ein bisschen wie eine Frau aussah und so roch, fand ich es schön, wenn wir zu dritt spielten. Lindtraud fragte: „Louis, gefällt dir Gerda?“ Ich antwortete: „Du gfällsch mir viel besser als dei Schweschter, aber mir müsset d’ Gerda mitschpiele lasse, sonsch verpfeift sie uns. Bei ihr gfällt mir, dass se scho en kleine Buse hat on a weng aussieht wie a Frau.“ Lindtraud sagte: „Du Louis, in zwei oder drei Jahr seh i genauso aus, do han au en Buse on au Hor an meim Kätzle, do musch bloß warte.“ Ich gab ihr einen Kinderkuss und sagte: „Du i mag die au so, wie du jetzt bisch on gfalle hasch du mir scho immer.“ Bei diesen pietistischen Stunden, zu denen Prediger kamen, die als Stundenhälter bezeichnet wurden, umarmten sich Erwachsene beim Begrüßen. Einer der berühmten Stundenhalter hatte die Angewohnheit, junge Mädchen lange im Arm zu halten. Er sagte: „Ich freue mich, dass Du au zu Gott gfunde hasch.“ Bei jungen Mädchen sagte er: „Ich freu mi sehr, dass au du e rechts Gotteskind wurdesch“. Lindtraud fiel auf, dass manche dieser Gotteskinder sich gegen die Umarmung stemmten. Sie sagte: „Schau, sie drückt ihn mit dem Arm und der Hand von sich weg“. Wir Kinder spielten in Pausen, wenn es regnete, in den vielen Räumen der Schwarzwaldhöfe, Verstecken. Manchmal auch in den sogenannten Liebdinghäusern, in denen Eltern des Jungbauern wohnten. Die meisten Bauern waren zu uns Kindern großzügig. Wir rannten oft, durchs Haus, die Mädchen grillten und kreischten laut. Als ich mich unter der Eckbank beim Kachelofen versteckt, hatte ich ein unauffindbares Versteck. Margret, ein Mädchen mit langen braunen Haaren und dunkelbraunen Augen, das schon zur Schule ging und vielleicht acht Jahre alt war, musste uns suchen. Sie war kurz in dem Zimmer, ich sah ihre schwarzen Schuhe und bewegte mich nicht, bis sie wieder rausging. Ein junger Mann und ein junges Mädchen kamen in das vermeintlich leere Zimmer und klappten die Tür leise zu. Franz drückte Lina gegen die geschlossene Türe. Sie konnten nicht ahnen, dass ich im Zimmer war. Franz schob Linas Rock hoch und streifte ihren Schlüpfer runter. Ich staunte, denn Lina hatte nicht nur auf dem Kopf blonde Haare, auch ihr Kätzchen hatte goldene Haare. Franz zog seine Hose aus. Ich sah von der Seite seinen großen Penis, den Lina anfasste und aus dunklen, borstigen Haaren, rauszog. Ich staunte wie der Penis in Linas Kätzchen verschwand. Franz atmete wie ein Pferd, Lina jammerte ein wenig, ich dachte es würde ihr weh tun, bis ich bemerkte, dass sie leise kicherte. Franz stöhnte und Lina stieß spitze Schreie aus. Der Boden knarzte, als sie sich bewegten. Franz hatte seine Hände unter Linas Po, dabei sah ich, dass auch aus Linas Po goldene Haare wuchsen. Lina schlang die Arme fest um den Hals von Franz. Beide zuckten einige Male, dann wurde es ganz still, sie zogen sich wieder an und küssten sich lange. Franz fragte: „Lina, war's denn schö?“ Lina strich ihren Glockenrock glatt, lachte und sagte: „Mir hats gfalle, i glaub dir au? Magsch me bald heirate?“ Ich dachte an mein Erlebnis und den Schlägen im Kindergarten. Ich überlegte, ob das was die Beiden getan hatten, vielleicht unkeusch wäre und etwas mit dem Teufel und der Erbsünde zu tun hatte, von der die Stundenbrüder und Schwestern sprachen. Ich hätte gerne jemanden gefragt, traute mich jedoch nicht, weil ich beide ungewollt belauscht und beobachtet hatte. Lina und Franz sahen sich um, ich war mäuschenstill und atmete kaum, dann verließen sie den Raum. Irgendwann ein Jahr später haben beide geheiratet. Wie ich von Lindtraud erfuhr, waren sie als Ehepaar glücklich und fröhlich. Ihr ältestes Kind war ein Mädchen, das ich Jahre später im Gasthof Auerhahn in Hornfleeg als Bedienung traf. Sie war ein hübsches Mädchen und ähnelte ihrer Mutter, deshalb erkannte ich sie. Ich hätte der jungen Dame erzählen können, dass ich als ungewollter Zeuge möglicherweise ihrer Zeugung gesehen hätte. In den pietistischen Stunden wurden natürlich auch viele Lieder gesungen. Der große pietistische Textdichter hieß Hiller, er hatte sich anscheinend geblendet um seinem Gott näher zu sein. Für diese Hiller-Lieder, die in einem dicken, gedruckten Buch waren, musste oft eine passende Melodie gefunden werden. Da nicht alle das dicke Buch mit den Hiller-Liedern hatten, wurde ein Sprecher bestimmt, der den Text sagte und passende Melodie aussuchte. Es hieß dann folgendermaßen: „Gotthilf sag du den Text und die Melodie.“ Bei Pietisten sprachen sich alle mit Vornamen und Du an. Man sagt zu den Männern beispielsweise, Bruder Gotthilf und zu den Frauen, Schwester Hanna. Der übliche Gruß: „Friede Bruder Gotthilf“ oder „Friede Schwester Hanna“. Ein schöner Gruß nach dem zweiten Weltkrieg und dem jahrelangen „Heil Hitler Gruß“. Als Bruder Gotthilf zum Textsprecher wurde, sagte er: „Liebe Brüder und Schwestern im Herrn“, denn natürlich wurden auch bei Pietisten, wie in allen Religionen die Männer zuerst angesprochen: „Mir singet heut aus am Hiller des Lied, nach der Melodie, es klappert die Mühle am rauschende Bach: „An Jesu zu glaube das ist eine Lust, ja Lust, ja Lust, ja Lust“. Lina und Franz sangen eifrig mit und dachten sicher an eine andere Lust, ja Lust, ja Lust! Ich erzählte Lindtraud von meinem Versteck und dem Erlebnis mit Lina und Franz und meiner Beobachtung. Sie überlegte und sagte: „Ach dann machen die das au so wie ein Bulle mit einer Kuh. Louis, des ka sei, dass die zwei a Kälble gmacht hen.“ Das Bauernmädchen war mir mit ihrem Wissen um Tiere, deren Geschlecht und den entsprechenden Techniken weit voraus. Sexualität von Erwachsenen interessierte mich damals nicht. Es war ein Luxus, wenn in Klos anwendungsgerechte und geschnittene Zeitungsblätter lagen. Da die meisten Wohnungen keine Duschen und keine Bäder hatten wuschen sich viele Menschen wöchentlich nur einmal gründlich. Das Zähne putzen war auch nicht überall verbreitet. In manchen Häusern gab es Waschküchen mit einer Zinkbadewanne. In dieser Badewanne durfte die Familie wöchentlich einmal baden. Da für ein solches Bad, ein Waschkessel geheizt wurde, konnte eine Familie meist nur zweimal das Wasser wechseln. In den 40iger bis zu den 60iger Jahren wurde Kleidung selten gewaschen, denn Waschen war mit großem Aufwand verbunden. Zunächst musste der Waschkessel in der Waschküche, mit einem Holzfeuer beheizt werden. Dann wurde Kernseife in das Wasser gerührt, bis eine Lauge entstand. Mit Hilfe eines Waschbrettes wurde Wäsche gewaschen, danach musste sie von Hand mehrmals gespült werden. Die armen Frauen waren nach so einem Waschtag sehr müde. Es gab keine edlen Handcremen. Um Hände einigermaßen vor dem heißen und dem kalten Wasser zu schützen gab es Melkfett. Viele Frauen litten unter rauen Händen. Nach dem Waschvorgang wurde Wäsche ausgewrungen und zum trocknen auf den sogenannten Bühnen, unter dem Dach aufgehängt. Bei schönem Wetter wurde die Wäsche im Garten, oder dem Wäscheplatz aufgehängt. Die Wäsche wurde danach gebügelt. Bei damaliger Bettwäsche aus Leine, oder Baumwolle ebenfalls eine endlose Plackerei, die Tischwäsche musste ebenfalls gewaschen und gebügelt werden.

      Die Luft war im Winter besonders schlecht, weil im Schwarzwald mit Holz geheizt wurde, die Ernährung war einseitig, Bäche und Gewässer waren verschmutzt, denn Kläranlagen gab es damals noch nicht. Ich kannte weder Allergiker noch psychosomatische Kranke. Es gab kaum übergewichtige Menschen und die, die es gab fühlten sich wohl mit ihrem Wohlstandbauch. Im Winter quoll aus jedem Schornstein ein fürchterlicher Qualm, weil in allen Haushalten mit Holz, das nicht immer trocken war, geheizt wurde. Hinzu kam, dass fast alle Männer und Frauen rauchten. In vielen Gärten wurde Tabak angebaut und auf Speichern getrocknet, es gab Tabakschneidemaschinen und Maschinen mit denen die selbst hergestellten Zigaretten gerollt und gefertigt wurden. Weggeworfene Zigaretten wurden gesammelt und Tabakreste erneut zu einer Zigarette gedreht und geraucht. Heute undenkbar, es wäre unhygienisch und schädlich. Die Wohnungen und die Menschen vom Kind bis zum alten Menschen rochen nach einem Gemisch aus Essen-, Küchen-, Schweiß und andern Körpergerüchen. Fast alle Menschen rochen zusätzlich nach Zigaretten-, selbstgedrehten Stumpen- oder Pfeifenrauch. Ein Glück, dass Knoblauch erst in den 90er Jahren Eingang in deutsche Küchen fand, ich finde Knoblauchgeruch grauenhaft. Der Straßenverkehr hielt sich in Grenzen, und der Gestank von Diesel- und Benzinautos auch, es gab in unserem Schwarzwalddorf mit viertausend Einwohnern nur fünf Autos. Glücklicherweise waren Züge und Dampfloks weit von unserem Dorf entfernt. Dampfloks zogen mit einer gewaltigen Rauchfahne durch die Landschaft. Dampfloks wurden damals mit Holz und Kohlen befeuert. Wenn man im Nachkriegsdeutschland eine feine Nase hatte, konnte man viele Gerüche unterscheiden und wahrnehmen. Ich konnte fast immer erkennen, was Menschen gegessen hatten und wenn sie hungern mussten, hatten sie Mundgeruch.

      Auch bei frommen Pietisten gab es Neid, Missgunst und Feindschaften, die oft Generationen überdauerten. Ein Soldat der als französischer Gefangener in offenen Lastwagen Richtung Frankreich transportiert wurde, sprang nachts in Nähe seiner Heimat vom Lastwagen und versteckte sich. Als er nach Hause kam, freute sich seine Familie und richtete ein Vesper für ihn. Er wollte unbedingt erst baden. Seine Braut vom Nachbarhof wurde benachrichtigt. Als

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