Kornblumenblau. Lyn Baker
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Читать онлайн книгу Kornblumenblau - Lyn Baker страница 4
Sie stützte sich kurz auf den Griff ihrer Schaufel auf und beobachtete Nathan dabei, wie er das verdreckte Stroh in die Schubkarre beförderte.
Ihm schien nicht weniger warm als ihr, denn sein graues T-Shirt hatte deutliche Schweißflecken und sie konnte dabei zusehen, wie kleine Tropfen an seiner Stirn über sein Gesicht liefen und schließlich im Shirt verschwanden.
Fasziniert beobachtete sie das Spiel seiner Muskeln, die von ebenmäßiger, bronzefarbener Haut umspannt waren. Ein leichtes Kribbeln machte sich in ihrer Magengegend breit, als sie seinen fließenden Bewegungen folgte und sie musste schlucken. Sie sollte wirklich aufhören, ihn so anzustarren, ermahnte sie sich und schüttelte den Kopf.
Mit Schwung grub sie ihre Schaufel wieder in das Stroh und schmiss eine Ladung davon in die Schubkarre, als sie sah, dass Nathan sich plötzlich anspannte und angestrengt die Luft anhielt.
»Alles okay?«
Sie ging einige Schritte auf ihn zu und bemerkte, dass er stark zitterte. Besorgt legte sie ihm eine Hand auf die Schulter, aber er reagierte nicht.
»Nathan? Was hast du?«
Aus wässrigen Augen sah er zu ihr hoch und fuhr sich fahrig durch sein Haar. Er sah wirklich furchterregend aus. Kate ließ ihre Schaufel einfach fallen und nahm ihm auch seine aus der Hand.
Mit leichtem Druck auf seine Schulter bugsierte sie ihn aus der Box und drückte ihm eine Flasche Wasser in die Hand.
»Hier trink was.«
Mit leerem Blick starrte er auf die bereits halb leere Flasche, ehe plötzlich Bewegung in ihn kam.
Mit einer ruckartigen Bewegung riss er sich los und rannte aus dem Stall. Völlig verdutzt starrte sie ihm hinterher, ehe sie nach draußen ging, um ihm nachzueilen.
»Nathan, warte doch!«, schrie sie ihm nach und wäre beinah mit Beth zusammengestoßen, die ihm ebenfalls folgte.
»Was ist passiert?« Beth sah abwechselnd von Kate zu der Stelle zwischen den Bäumen, in der Nathan verschwunden war.
»Ich.. ich weiß es nicht. Er hat mir geholfen und auf einmal war er ganz blass und hat stark gezittert. Ich hatte schon Angst, dass er zusammenbricht. Dann wollte ich ihm eine Flasche Wasser in die Hand drücken und dann mit einmal mal, ist er davongerannt.«
Kate kratzte sich verwirrt am Kopf. Sie verstand wirklich nicht, was das sollte.
Beth seufzte stark und stemmte ihre Hände in die Hüften. »Ich sehe nach ihm. Mach dir keine Sorgen.«
Kate nickte stumm und starrte mit zusammengezogenen Brauen Beth hinterher, die in die gleiche Richtung wie Nathan verschwand.
*
Nathan hatte es gerade noch außer Sichtweite von Kate geschafft, ehe er sich in einen Busch erbrach. Völlig erschöpft kniete er im Gras und wischte sich angeekelt über den Mund. Er hasste diese plötzlichen Schmerzattacken in seinem Bein, die ihn so hinterhältig überfielen. Mit seiner ganzen Willenskraft hatte er versucht, die Schmerzen zu ignorieren, aber es breitete sich wie ein Virus aus. Schon bald war seine Brust wie in einem viel zu engen Korsett und er konnte nicht mehr atmen. Die stickige Luft tat sein Übriges. Sein Kopf fühlte sich an, wie in einem Schraubstock und sein Magen begann zu rebellieren. Er wusste, dass er so schnell wie möglich aus dem Stall fliehen musste, damit er Kate nicht vor die Füße kotzte, aber er konnte sich nicht mehr bewegen. Als sie ihn dann auch noch ihre warme Hand auf seine Schulter legte, war es nur noch eine Frage von Sekunden und er war froh, dass er es rechtzeitig geschafft hatte.
Nachdem er sicher war, dass er sich nicht mehr übergeben musste, rappelte er sich mit zitternden Knien wieder hoch und taumelte den kleinen Feldweg entlang. Er brauchte seine Ruhe und wusste genau, wo er sie finden konnte.
Er saß auf dem kleinen, schon etwas morschen Steg und genoss den Ausblick auf den weitläufigen See. Kleine Wellen glitzerten in der Nachmittagssonne und das sanfte Rauschen der Blätter hatte eine beruhigende Wirkung auf ihn. Er liebte diesen Ort. Der See, weit außerhalb des Grundstückes, lag so abgeschottet, dass sich so gut wie nie jemand hierher verirrte. Einer der wenigen Orte, an denen er sich vollkommen sicher fühlte.
Keine fünf Minuten saß er dort, als er den vertrauten Stechschritt von Beth hinter sich wahrnahm.
»Nathan? Ist alles okay bei dir?« Sie ließ sich neben ihm auf den Steg nieder.
»Ja, es geht schon. Mach dir keine Sorgen.«
»Kate meinte, du wärst fast zusammengebrochen?« Der besorgte Unterton seiner Tante stimmte ihn traurig. Er wollte nicht, dass sie sich Sorgen um ihn machte. Sie hatte genug eigene Probleme, aber er wusste, dass das unumgänglich war, als er hierher kam. Für einen kurzen Moment bereute er, dass er zugestimmt hatte, hier seine Auszeit zu nehmen, aber dann spürte er Beth warme Hand, die ihn sanft über den Rücken strich und er wusste, dass es die richtige Entscheidung gewesen war.
»Das ... das war nur eine Schmerzattacke in meinem Bein«, gab er schließlich zu und starrte auf seine Hände, die unruhig in seinem Schoß lagen. Im Vorbeigehen hatte er sich eine hübsche Blume gepflückt, dessen Blätter er nun nervös abzupfte und ins Wasser segeln ließ.
»Hast du immer noch Probleme mit der dieser alten Verletzung?«
»Ja, immer mal wieder. In letzter Zeit besonders stark«, murmelte er leise. Seit seinem Oberschenkelbruch vor sechs Jahren, der dank der Pfuscherei eines Arztes lange gebraucht hatte zu verheilen, kamen und gingen die Schmerzen. Er konnte seiner Tante nicht sagen, dass ihn die Ärzte mittlerweile einfach nur für verrückt hielten. Psychosomatisch hieß meist die Diagnose, wenn sie ihm nicht gerade weiszumachen versuchten, er wäre schmerzmittelabhängig. Dabei hatte er schon seit Jahren keine einzige Schmerztablette mehr genommen.
»Aber das wird schon wieder. Ich bin die stickige Luft hier nicht mehr gewöhnt. Gib mir ein paar Tage, dann kann ich voll zupacken.« Er hob entschlossen seinen Blick und sah Beth in ihre grünen Augen.
Skeptisch hob sie eine Braue und musterte ihn eingehend. »Bist du dir sicher? Ist es nicht besser, du lässt das untersuchen?«
Er seufzte schwer und wandte sich wieder ab, zu stechend bohrten sich Beths Augen in seine.
»Das bringt nichts, Beth. Ich lebe seit Jahren damit und werde auch weiterhin damit klarkommen müssen.«
Sie nickte leicht und stand wieder auf. »Na gut. Das musst du wissen, du bist immerhin ein erwachsener Mann.« Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen, bei dem Nathan nicht anders konnte, als es zu erwidern. »Das ist richtig. Lässt du mich noch ein wenig hier allein?«
»Natürlich.« Mit einem Nicken drehte sie sich um und ging zurück auf die Ranch.
Nathan seufzte, er wusste, dass er Kate früher oder später über seine Verletzung und die damit verbundenen Probleme aufklären musste. Zumal es die letzten Monate immer schlimmer wurde. Aber dazu musste er sich überwinden und das fiel ihm alles andere als leicht.
2. Ein Zaun, der für Ärger sorgt
Kate ging mit gemütlichen Schritten auf das Haus zu. Der Wind hatte