Bodos zornige Seele. Kurt Pachl

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Bodos zornige Seele - Kurt Pachl

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      Vincent gab die Mannschaft als Experten für Bodenschätze aus. Das war in Kanada und Labrador nichts Ungewöhnliches und hätte den Piloten eigentlich beruhigen müssen. Doch warum blickte dieser Bursche auffallend oft in den Rückspiegel? Das war mehr als reine Neugierde.

      Die Männer hinter dem Piloten sprachen kein Wort. Seit über zwölf Jahren waren sie fast täglich zusammen. Ole verstand inzwischen aus der kleinsten Hand-, Mund- oder Augenbewegung Bodos zu lesen. Ole hatte keinen sehr hohen IQ. Dafür war er mit einer raschen Auffas­sungsgabe und einem außergewöhnlichen Instinkt ausgestattet.

      Als der Hüne ganz bewusst einige Sekunden die Lider seiner Augen schloss, war dies für den Norweger ein unmissverständliches Signal: Von diesem Piloten ging eine große Gefahr aus. Deshalb durfte dieser Mann nicht überleben.

      Bodo lehnte sich in den Sitz zurück. Er versuchte, ein wenig zur Ruhe zu kommen, und die letzten Stunden zu verarbeiten.

      In den letzten fünfzehn Jahren hatte er sich, zusammen mit vielen Aktivisten, darauf kon­zentriert zu helfen, zu schützen und zu bewahren. Immer wenn er die Augen schloss, waren sie da … diese Bilder … von den angstverzerrten Augen der Tiere in den Laboratorien … von den traurigen und skandalösen Massen­tierhaltungen … von den Zehntausenden toten oder ölverklebten Vögeln … von den Einsätzen gegen den bestialischen Walfang und gegen Robbenschlächter … von der geschundenen Schöpfung. Er hatte diese Bilder mit seinen eigenen Augen gesehen. Sie waren durch ein Meer des Leidens, der Widerstände, der bodenlosen Arro­ganz, der Dummheit, der Ohnmacht, der Wut und der Tränen gegangen. Sie hatten sich treten, schlagen und einsperren lassen. Allein Little Guantanamo war die Hölle gewesen.

      Nein, es war nicht falsch, Ewalds Tod zu rächen. Diese seelenlosen Schlächter hatten den Tod verdient.

      Wie oft stand er mit hunderten Aktivisten im kalten Ölschlamm. Sie froren, zitterten und weinten, wenn sie in die flehenden Augen der vielen tausend Wasservögel sahen. Und auch später, wenn er mit seinen eigenen Augen die unvorstellbaren Umwelt­zerstörungen miterleben musste - hatte er sich oft gewünscht, eine Pistole in den Händen zu haben … weil ihm in diesen Augenblicken bewusst wurde, dass hier alle Worte endeten. In seinen Träumen hatte er schon oft eine Pistole oder ein Gewehr in den Händen – und aus Wut und Verzweiflung geschossen; mit Tränen in den Augen.

      Doch heute - das war kein Traum. Heute hatte er seine Träume Realität werden lassen. Ewald hätte versucht, diese Aktion zu verhindern. »Gott wird sie eines Tages richten«, wären seine Worte gewesen. Aber in der Zwischenzeit würden diese Wesen weiterhin Unheil anrichten an dieser schönen Natur mit ihren herrlichen Geschöpfen. In Bodos Seele rumorte es seit vielen Jahren. In ihr fanden Kämpfe statt. Sie krümmte sich vor Schmerzen. Sie weinte. Sie schrie. Sie ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Er war die ganzen vielen Jahre ruhelos. Oft hatte er sogar mit dem Gedanken gespielt, diesen entsetzlichen Bildern in seiner Seele zu entrinnen, indem er sich und seine Seele auslöschte - um endlich zur Ruhe zu gelangen; zu einer göttlichen und endgültigen Ruhe. Jetzt fühlte er sich auf eine ihm unerklärliche Weise frei von diesen Ängsten und Schmerzen. Jetzt schämte er sich sogar ob seiner Sehnsüchte, in der Vergangenheit sei­nem Leben ein Ende setzen zu wollen. Das wäre falsch gewesen. Grundfalsch. Vor dem Tod hatte er wahrlich keine Angst. Ein sinnloser Tod wäre jedoch eine Schande gewesen – nein nein, eine Sünde.

      Irgendetwas ließ Bodo leicht zusammenzucken. Er spürte Oles Hand auf seinem Arm.

      »Alles, was du tust, ist richtig«, hörte er Oles leise Stimme.

      »Verdammt! Kann dieser Kerl bereits meine Gedanken lesen«, fluchte Bodo in sich hinein. Er blickte auf seine Uhr. In zwanzig Minuten würde das Flugzeug landen. Er legte seine Hand auf Vincents Schulter.

      »Fliegt er heute noch zurück?«

      Vincent unterhielt sich kurz mit dem Piloten und beugte sich anschließend leicht zu Bodo nach hinten.

      »Er hat heute noch einen Flug. Er wird hier am Flugplatz noch einen Kaffee trinken, und muss in spätestens einer halben Stunde wieder starten.«

      Der Pilot blickte leicht fragend in den Spiegel. Bodo klopfte ihm leicht auf die Schulter.

      »Hauptsache das Wetter hält«, sagte er mit einem freundlichen Grinsen.

      Der Pilot deutete mit seiner linken Hand nach draußen.

      »Viel lieber würde ich jetzt auf die Jagd gehen«.

      Vincent lachte. »Oder einen solchen Lachs oder Dorsch fangen«. Mit beiden Händen deutete er das Maß der angestrebten Beute an.

      Der Pilot nickte einige Male zustimmend.

      Ole blickte demonstrativ auf seine Armbanduhr. Seine Augen richteten sich danach fragend an Bodo.

      »Vierzehn Uhr dreißig«, sagte Bodo leise und langte dabei mit der linken Hand leicht unter den Sitz des Piloten. »Bist du ausgestattet?«

      Ole nickte kurz.

      Danach lehnten sich beide Männer zurück, und versuchten, trotz des Dröh­nens in der Maschine etwas zu dösen.

      Bradly berichtete unterdessen Marco weiter hinten von seinen amourösen Abenteuern in Biloxi.

      Kurze Zeit später tauschte sich der Pilot mit dem Tower aus. In wenigen Minuten würden sie zur Landung ansetzen.

      Ole griff nach seinem Rucksack, den er griffbereit zwischen seinen Beinen hatte. Seitdem er mit einem Flugzeug in der Einöde von Norwegen einen Ab­sturz miterleben musste, hatte er sich vorgenommen, diesen mittelgroßen Ruck­sack immer in seiner unmittelbaren Nähe zu haben. Darin waren alle über­lebenswichtigen Utensilien verstaut. Mit einem geübten Griff öffnete er nun den Reißverschluss einer Seitentasche. Das kleine, schwarze Päckchen sah aus wie ein normaler Reisewecker. Der Rucksack war am unteren Ende mit vier Plastik­noppen ausgestattet, um diesen beim Abstellen vor Nässe zu schützen. Ole drehte an einer der beiden hinteren Noppen. Es stellte sich heraus, dass diese die Plastikstangen verschlossen, welche normalerweise die Aufgabe hat­ten, den Rucksack entlang des Rückens zu stabilisieren. In diesen beiden Stan­gen verbargen sich insgesamt zehn kleine Plastikpäckchen mit hochexplosivem Sprengstoff. Unzählige Tests hatten ergeben, dass diese Päckchen bei Routine­röntgenaufnahmen nicht sichtbar waren. Er entnahm nun eines dieser knapp fünf Zentimeter langen Päckchen. Danach klappte er den Deckel des Weckers auf, drückte kurz auf das Ziffernblatt, um es zur Seite zu schieben. Eine kleine längliche Vertiefung war zu sehen. Dort hinein legte der Sprengstoffexperte nun das weiße Päckchen. Erst jetzt war die kleine Steckverbindung zu sehen, die er aktivierte. Jetzt schob er das Ziffernblatt wieder in die Ursprungslage zurück. Aus einer der vorderen Noppen entnahm Ole zwei dünne Plättchen. Diese arretierten sich wie von Geisterhand auf der Rückseite des Weckers. Später erzählte er Bodo, dass es sich um Spezialmagnete gehandelte hatte. Ein Wecker, mit solchen Magneten ausgestattet, hätte bei eventuellen Kontrollen alle Alarmglocken schrillen lassen. Abschließend verglich er seine Armbanduhr mit der Uhr des kleinen Weckers. Es war 13:20 Uhr. Er stellte einen Zeiger auf 14:30 Uhr ein, schob einen winzigen Sicherungshebel zur Seite und klappte schließlich den Deckel zu.

      Bodos Freund aus den Fjorden Norwegens hatte eine gründliche Ausbildung zum Sprengstoffexperten genossen. Später, in Deutschland, als Bodo ihm nicht nur finanziell freie Hand ließ, sondern ihn sensibilisierte, sich weiterzubilden, hatte Ole Kontakte mit vielen Waffen- und Sprengstoff-Experten geknüpft. Da es äußerst gefährlich gewesen wäre, mit einer entsprechenden Ausrüstung nach Kanada zu fliegen, hatte Bradly nach Oles Anweisungen einige wichtige Utensilien überbracht. Beide Aktivisten hätten es sich

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