Paracelsus. Erwin Guido Kolbenheyer

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Paracelsus - Erwin Guido Kolbenheyer

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      Eis Ochsnerin schien der Mutter nachgeraten, die aus der Art der Schärer schlug und zart und zierlich blieb. Wilhelm von Hohenheim nannte sie Elsula. Er verehrte ihr zu allen heiligen Zeiten irgend ein freundliches Angebinde, das stets kostbarer wurde.

      Die Mutter gönnte es der Tochter, den Fährnissen des Liebeskampfes billig entronnen zu sein. Sie selbst hatte zag und gewandt, verheißend und herb sein müssen und manche Träne verschluckt, ehe sie den Rudi Ochsner an sich band. Herr Wilhelm war ein Mann von schlichter Zärtlichkeit, die weder Stachel noch Zaum brauchte. Und er stand trotz seiner stillen Art bald so weit im Ansehn, daß die Burschen ein Werbespiel um die Eis Ochsnerin auf gaben, zumal sie an dem schüchternen Mädchen nie recht erwärmen konnten. Der Vater überhörte geflissentlich das Gemunkel der beiden Frauen, und Hans vertraute dem Hausgenossen, der ihm einmal eine schwärende Wunde geschickt geheilt hatte.

      Nur Jungrudi war eifersüchtig hinter der Schwester her. Er mochte nicht hören, daß der Schwabe die Eis Ochsnerin ein wenig behäbig Elsula hieß. Die Ochsner, wiewohl Gottshausleute, also dem Kloster hörig, führten ihr Wappen. Die Mutter war freibürtig, sie stammte aus dem Geschlecht der Weßner, das weithin als eines der reichsten galt. Der fremde Arzt sollte nicht meinen, er brauche nur freundlich zuzulangen, da er ein Edelmann war. Sein Schwabenadel galt nicht mehr als das Ochsnerwappen.

      Jungrudi hatte darauf gespannt, etliche kräftig versohlt und blutig behaubet heimzuschicken, die sich an der Eis vergreifen würden. Da kam der Landfahrer, dessen Freundschaft keiner kannte, und warb mit einer Gelassenheit, als wisse er sein Gänslein über dem Feuer gedreht und könne des Schmauses sicher sein. Überdies führte er etliche gelehrte Bücher mit, denen man nur das Bewußtsein eines schwert- und spießgeübten Armes widersetzen konnte. Dazu gesellten sich in Zeiten streitlustigster Bereitschaft einige lateinische Sprüchlein, auf die es keine Antwort gab, weil sie unverstanden blieben, mochten sie sich noch so wohlfeil gehaben. Saß Jungrudi dann zornrot, doch kühl begossen, und zog an seinem Bart, als wollte er eitel Cicero aus ihm melken, lachte der alte Ochsner und schlug dem Arzt vertraulich auf die Schulter, als sei er seinerzeit mit Latein aufgesäugt worden. Das warf den Trotz des Jungen in die gewohnte Richtung, es kam zu Worten, die nicht übersetzt zu werden brauchten; der Alte brannte auf, und Wilhelm von Hohenheim hatte seine Not um den Frieden. Jungrudi erreichte dabei das Gegenteil seiner Absicht, alle traten auf Herrn Wilhelms Seite, nur Eis blieb unentschieden. Das machte den Bruder zäh.

      Und an einem Novemberabend war Bombast müde heimgekommen und hatte sichs, da er niemand vorfand, im Ofenwinkel behaglich gemacht. Draußen hing dicker Reif an den Gräsern. Er wartete auf das Abendbrot und nickte, von der Wärme wohlig umfangen, ein.

      Nicht lange danach trat Eis in den Gadem. Sie erschrak, als sie Bombast merkte. Er hatte die Hände über dem Bäuchlein gefaltet, seine Nase blies inbrünstig tief, wenn auch nicht schön, auf der Stirn und dem schütter bewachsenen Scheitel standen ihm Perlen.

      Eis Ochsnerin sah mit großen, ängstlichen Augen hinüber, sie drückte die Hände an die Brust. Das Herz schlug bang. Ihr war unheimlich zu Mut, sie wäre gern entlaufen, wagte aber keinen Schritt. Fast hätte sie geweint. Da fühlte sie das Kreuzlein unter den Fingern, das ihr Herr Wilhelm unlängst zum Sankt Elisabethentag verehrt und an dem zierlichen Kettlein selber um den Hals gehangen hatte. Eis tastete über das leichte Geschmeide hin, als sei es eng und bedränge sie sehr, sie machte einen halben Versuch, das Kettlein abzustreifen und ließ es doch hängen und schlich gesenkten Kopfes, mit zuckenden Lippen, auf den Fußspitzen hinaus. Sie wollte den Tisch erst rüsten, wenn Bombast ausgeblasen habe.

      Derweil kamen die Ochsner mit dem Marx aus dem Holze zurück und die Mutter von Einsiedeln herüber, wo sie seit Wochen die Klostermägde regierte.

      Sie warfen sich über Hirsbrei, Brot und Käse; Eis mußte mit dem Bierkrug flink aus dem Keller sein. Zunächst gabs nur ein Schlürfen, Löffeln, Kauen und Zurufe, wenn einer ohne End am Kruge hing, indes der anderen Zunge noch am Gaumen klebte.

      Die Mutter war rasch gesättigt, sie eilte ins Hauswesen, das tagsüber von der Eis besorgt wurde, solange die Gottshauswochen dauerten. Und Wilhelm Bombast hätte sonst Tiegel, Pulverbüchslein und getrocknete Kräuter geholt, um neben dem Topf, darin die Viehkleie kochte, Heilwesen zu treiben, denn er war sein eigener Apotheker – an diesem Abende blieb er und erzählte von seinen schweren Wanderjahren. Die drei Ochsner saßen satt und müde und ließen ihn reden. Dann reckte der Hans seine langen Glieder, gähnte, zog sich hinüber auf die Ofenbank. Der alte Ochsner lehnte im Winkel, blinzelte halb schlafend, halb verwundert auf das Lippenspiel des Arztes. Nur Jungrudi wurde wacher, denn er hörte eine eigene Weise aus Herrn Wilhelms Worten, und diese Weise gefiel ihm nicht. Eine Zeitlang ließ er das Rößlein des Arztes weiter traben, und als er meinte, der Arzt sei genug erwärmt, sagte er, einem vom Adel stünde es schlecht an, für etlich Haller mit jedes Bauern Wasser zu liebäugeln, als sei’s Pfälzer Wein, und jedes hartleibigen Wanstes Hinterpförtchen lohnselig aufzuschließen.

      Die Ochsner lachten. Bombast fragte betroffen:

      „Ist der Jungruodi nit Selbsten ein Baur?“

      „Baur! Der Eidgnoß ist kein Baur nit nach Ürem Sinn. Die Hand sullen ihm vor Spieß und Schwert nit weich werdin, darumb so pflüeget er und hauet. Und loset, indem er pflüegt, ob nit die Sturmglock sich willt regen, ob nit ein Herr loßt die Trummei rühm unde sin Fähnli wehen. Das ist der Eidgnoß. Schwobisch Bauren sänd anders.“

      Der alte Ochsner und Hans erwachten über Sturmglock, Werbetrommel und Fähnlein, den hellen Worten, die wie junger Wein heizten. Der Alte stand auf, er hatte seine Raufjahre noch immer nicht hinter sich.

      „Stürmen, Trummein, Fähnliwehen, fröidig Ding! Glichwohl – Jungruodi darf nit entreisen. Der Florentiner soll glichwohl trummen. Und der Jungruodi soll siner uf der ITuot sin.“

      Aber der verstummte über seinen Gedanken, ging auf und nieder, als habe er den Arzt vergessen. Und das gefiel dem Alten nicht. So schlug der Wind um, Herr Wilhelm strich die Segel.

      Am andern Tag jedoch, als die Ochsner ins Holz wollten, rief er den Alten beiseite und brachte seine Werbung um die Eis vor.

      Rudi Ochsner tat erstaunt, als wüßte er nicht aus noch ein, und schaute verlegen auf den Arzt nieder, dessen Wangen vor innerer Erregung zitterten, dessen Augen müde und doch unruhevoll über die Talhänge glitten. Bombast hatte diese Nacht nicht geschlafen. Nach einem tauben Schweigen, das Herrn Wilhelm abkühlte, ärgerte, da er den Alten nach einem Umweg tasten sah, wiewohl eine Befriedigung kaum verhehlt werden konnte, meinte Rudi Ochsner, das Anliegen käme gleichermaßen seiner Frau zu, die schon nach Einsiedeln fortgegangen sei. Auch stehe das Verdienst eines Arztes auf schwanken Brettern. Heiraten sei leicht, Haushalten schwer. Und Heiraten wäre ein verdeckt Essen.

      Zum Ungeschick kam Jungrudi aus dem Tor und hörte die Sprüche. Als der Vater ihn fortwies, gab der Jungrudi zornig zurück: um die Eis Ochsnerin werbe man nicht wie um ein fahrend Weib auf der Landstraße. Es sei auch nicht Brauch, daß einer selber käme.

      Der Alte hoffte dabei aus seiner ungelenken Lage zu kommen und murmelte:

      „Suochet ein’ Fürsprech, Herr Wilhelm, der sull mir willkummen sin, der wird Bscheid erlangin.“

      „So bin ich Euch nit gnug?“

      „Ihr seid hie frömbd.“

      „Wohl. Das schmerzet mich zuo der Stund.“

      Er ging ins Haus zurück, und die beiden Ochsner gerieten aneinander. Den Alten wurmte sein schwerfälliges Wesen, der Junge meinte eine gute Gelegenheit vertan zu haben, wo er dem Schwaben hätte gründlich beikommen können. Ihr Unmut entlud sich in erprobten

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