Sag mal, Lara. Jasmin Schneider

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Sag mal, Lara - Jasmin Schneider

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war inzwischen im Bad verschwunden. Es dauerte eine Weile, aber als sie wieder heraus kam, waren ihre Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden und anstatt der Lehrerkleider trug sie eine weite Bluse mit Blümchen über einer schwarzen Zelthose. »Wollen wir zu Gelatino gehen?«

      »Eis?«, rief er erfreut und lief schon mal zur Tür hinüber.

      Lara folgte ihm lachend. »Warte noch kurz bitte, ich nehme mein Handy mit, falls die Mama anruft.«

      »Jackie«, korrigierte der Junge.

      »Ja, Jackie.«, nickte sie, nahm ihre Tasche und folgte ihm.

      Das Gelatino war eines dieser schicken kleinen Cafes, die in dieser Gegend wie Pilze aus dem Boden schossen. Neben hausgemachtem Eis gab es Tramezzini, mediterrane Wraps, italienischen Kaffee in all seinen Variationen und jede Menge Tageszeitungen in allen möglichen Sprachen.

      Lara mochte es. Wie die Palmen in ihrem Flur, erinnerte das Gelatino sie an früher. In den Siebzigern hatte sie mit Mutter und Vater fast jeden Sommer bei ihren Großeltern in Süditalien verbracht, im Meer gebadet, unendlich viel Eis gegessen, Museen, Kirchen und Kunsthändler besucht.

      Obwohl schon Anfang September, ließ die Sonne nicht nach. Und so war das Cafe voller schöner Menschen, die entweder in einen ebenso schönen Laptop starrten oder über ihre schönen Kinder sprachen, die ein paar Meter weiter im eigens angelegten Sandkasten umhertollten. Lara und Jonas fanden einen Tisch inmitten einer Gruppe Studenten, die wohl so etwas wie ein Brainstorming imitierten, und nahmen Platz.

      »Eine Kugel Schoko und Zitrone für den jungen Herrn und einen Eiskaffee für mich«, bestellte Lara bei dem offensichtlich homosexuellen Kellner in karierten Freizeithosen und gelbem Muscleshirt. Er passte ganz wunderbar in dieses Ambiente, denn sein Körper glich italienischen Vorbildern der Antike, wenn auch seine Beine ein klein wenig zu kurz geraten waren.

      »Waffel oder Becher«, fragte er gelangweilt und schaute zur anderen Straßenseite hinüber.

      Lara schaute Jonas an. »Na?«

      »Waffel!«

      Der Kellner notierte etwas auf seinem Block und verzog sich ein wenig zu lässig.

      »Wie war heute die Schule?«

      »Och ja«, antwortete Jonas und spielte wieder mit seinem Fingernagelrest.

      »Was heißt das?«. Lara strich ihm sanft die Hand aus dem Mund.

      Jonas druckste.

      »Hast Du eine Arbeit geschrieben?«

      »Hmmmmm«, machte er und schaute Lara nicht an.

      Sie lehnte sich nun weit über den Tisch. »Und?«

      »Ein Diktat.« Er schaute zu den spielenden Kindern hinüber.

      »Jonas, bitte schau mich an!«, forderte Lara.

      Er tat es.

      »Was war mit dem Diktat?«

      »Der Andi«, begann er.

      »Dein Freund, der neben dir sitzt?«

      »Ja«, Jonas nickte, »der Andi hat was falsch geschrieben, ich habs gesehen.«

      »Und weiter?«

      Jonas schaute zu Boden als würde er die Steinchen auf dem Gehweg zu zählen. »Ich hab ihm gesagt, dass er es falsch geschrieben hat.« Sein Gesicht wurde dunkel.

      Als Lara nichts erwiderte, fuhr er fort: »Frau Kuhn hat das gemerkt und hat mir mein Heft weggenommen.«

      Laras Augen verengten sich. »Bitte?«

      Jonas nickte.

      Er war in der zweiten Klasse. Sicher hatte doch die Lehrerin Gnade vor Recht walten lassen. »Und dann hat sie es dir aber wieder gegeben?«

      Jonas kaute wieder an seinem Finger. »Ja«, antwortete er, »mit einer sechs drunter.«

      Es verschlug Lara die Sprache. Sie bemerkte den Kellner kaum, der ihr mit einem zickigen »Bitte!«, in seiner unsinnig absichtlichen Art den Eiskaffee auf den Tisch knallte.

      Ohne darüber nachzudenken, sprang sie auf und schrie ihn an. »Sagen Sie mal, haben Sie denn überhaupt keine Manieren?«, was ihr gleich darauf schon wieder leid tat.

      Von den Nachbartischen reckten sich einige Köpfe nach ihnen um, die Studenten nebenan kicherten.

      »Reg Dich ab, Trude Herr«, schnarrte der Schwule zurück und wies auf ihren bebenden Busen, »bei der ganzen Arbeit hier«, er beschrieb lässig einen Kreis um ihre Formen, »macht sonst noch die alte Pumpe schlapp!«

      Gelächter. Nur mit Mühe unterdrückte Lara den Wunsch ihm ins Gesicht zu schlagen. Stattdessen ging sie ruhig um den Tisch zu Jonas, bat ihn aufzustehen und machte Anstalten zu gehen.

      »Macht Sieben Sechzig, Verehrteste!«. Er hielt die Hand auf und sonnte sich in der allgemeinen Aufmerksamkeit.

      Lara nahm ihren Eiskaffee und stellte ihn darauf ab. »Bitte, stimmt so!«, entgegnete sie kalt und ging mit Jonas davon.

      Obwohl Sabine Kaiser wie gewöhnlich auf Knopfdruck lächelte, sprach ihre müde Miene Bände. Die brünetten Locken verlangten nach einer Generalüberholung, der Ansatz war weit raus gewachsen und legte einige wenige graue Haare frei. Vom üblichen Mahagonirot profitierten nur noch die Spitzen. Dazu trug sie einen ihrer vielen bunten Seidenschals, der ganz und gar nicht auf das rot gefleckte Kleid passte. Ebenso wenig die schwarzen Schuhe darunter.

      Sie saß an einem mit Akten übersäten Schreibtisch, der beim Betrachter den Eindruck eines unfruchtbaren Chaos hinterließ. Irgendwo dazwischen stand ein halb voller Kaffeebecher mit dem im Pop-Art-Stil aufbereiteten Bild eines Säuglings und der Aufschrift »I love Mom«. Sabine Kaisers schmale Hände tasteten danach wie die eines Junkies, griffen zu und kippten seinen Inhalt in die dafür vorgesehene Öffnung in ihrem Gesicht. Ein wenig ging daneben, was sie mit einer übertriebenen Reaktion unterstrich. Laut fluchend sprang sie vom Bürostuhl auf und hastete zu dem kleinen Waschbecken in der Ecke des düsteren Büros beim Jugendamt Pankow.

      »Glauben Sie mir, Frau Morgenstern, Kinder zu haben wird häufig überschätzt.« Sie kam mit einem feuchten Schwamm zum Tisch zurück, mit dem sie ungelenk kleine braune Flecke neben den großen roten auf ihrem Kleid betupfte.

      Lara hatte Mühe, ein Grinsen zu verbergen. Sie stand auf, nahm der Kaiser den viel zu nassen Schwamm aus der Hand und tauschte ihn gegen ein Blatt Küchenpapier aus, das sie neben dem Waschbecken entdeckt hatte. Doch gegen die braunen Flecke war auch sie machtlos. »Sie brauchen Schlaf, Frau Kaiser«, stellte Lara fest und setzte sich wieder hin. »Sie sollten einen Tag frei nehmen.«

      Sabine Kaiser war die Situation sichtlich peinlich. Sie seufzte. »Ach, das hat mit der Arbeit wenig zu tun«, dabei tat sie, als suche sie eine bestimmte Akte in den Bergen vor sich. »Es ist der Kleine, er bekommt gerade seine ersten Zähne.«

      »Wegen der Adoption…«, unterbrach Lara. Langsam wurde sie ungeduldig.

      Sabine Kaiser fing sich,

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