Trissa, Hexe von Eichstätt. Lars Gelting

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Trissa, Hexe von Eichstätt - Lars Gelting

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lag sie mit dem schlanken Haupt tief am Boden, während ihre Glieder sie zum Stammgrund hin um einige Fuß vom Boden abstützten und im Takt der Axtschläge leise erzitterten. Unwillkürlich ging sie etwas langsamer, suchte jede Handbreit des neu ins Blickfeld kommenden Stammes ab, während es in ihrer Brust tobte.

      In all den Jahren war dies der Augenblick, der sie vorantrieb. Er war der Zielpunkt, auf den sich nach Magdeburg alles in ihrem Leben ausgerichtet hatte. Wenigsten ‚Er‘ musste ihr bleiben! Als sie dann von der Zerstörung Eichstätts erfuhr, hatte sich auch dieses letzte Lebensziel in Nichts aufgelöst. Es verlosch einfach vor ihr wie ein Feuer im Regen. Nur ein winziger Funken Hoffnung hielt sich auch weiterhin hartnäckig. Darüber hinaus aber beherrschte sie nur noch der Wille nach Rache. Er hatte sie hergeführt, hatte ihre Absichten bis vor wenigen Augenblicken noch bestimmt. Und jetzt?

      Sie war aufgewühlt, suchte erwartungsvoll zwischen dem wippenden und zuckenden Astwerk. Hörte jetzt den Axtschlag dicht vor sich, ohne den Arbeitenden sehen zu können. Ungeduldig suchte sie im dichten Gesträuch nach einem Durchschlupf, mochte keinen Umweg mehr gehen. Musste sich noch einmal tief niederbeugen, unter Zweigen hindurch schlüpfen – und stand direkt hinter ihm. Vier oder fünf Schritte von ihr entfernt trieb er seine Axt kraftvoll ins Fleisch des Untiers, trennte ihm knirschend ein Glied ab und fuhr unvermittelt herum, die Axt abwehrbereit vor der bloßen Brust, das schweißnasse Gesicht gespannt in wütender Entschlossenheit. Einen Moment geschah gar nichts, standen sie sich reglos gegenüber. Sie, mit wie atemlos geöffnetem Mund und großen Augen, unsicher, aber auch erwartungsvoll. Er, schwer atmend, die Abwehrhaltung langsam lösend, verblüfft, verwirrt. Dann, so als wäre ihm die Luft knapp geworden, fiel jäh seine Kinnlade herunter. Ungläubiges Staunen entsperrte sein Gesicht, erreichte seine Augen, lies diese blauen Seen immer größer werden, bis sie endlich ihr Wasser nicht mehr halten konnten und überliefen; die Axt glitt neben ihm auf den Boden.

      Vorsichtig, fast ein wenig schüchtern machte sie die letzten Schritte auf ihn zu. „Franz“

      Sie sagte es nur halblaut, nur dieses eine Wort, welches über den Gehörgang in ihn eindrang und sich dann heiß und machtvoll in ihm ausbreitete. Es war die kurze Formel, die für einen Augenblick Vergangenheit zur Gegenwart werden ließ, die ihn drängte, seine verschwitzten Arme um sie zu legen.

      4. Wie alles begann

      Als sie zum Haus und der kleinen Lichtung zurückkehrten, wurden diese bereits nicht mehr von den Strahlen der Sonne erreicht, lagen sie im Schatten der hohen Bäume. Die große Wiese jedoch, vom Hause aus teilweise zu überblicken, wellte sich im Wind und im warmen Licht der Abendsonne. Therese lehnte an der Hauswand, genoss die Wärme in ihrem Rücken, die immer noch den dicken Balken entströmte, hörte hinter sich Franz im Haus herumlaufen und rumoren. Als dieser wieder aus dem Hause kam, lehnte sie sinnend, den Kopf weit zurückgelegt und die Augen geschlossen an der Wand.

      „Warum wohnst du hier draußen so einsam und allein?“ Sie fragte das, ohne ihre Haltung zu verändern.

      „Weil ich seit zehn Jahren hier wohne!“ Er legte flaches Brot und ein Stück Rauchfleisch auf den Tisch und setzte sich dann schräg neben sie auf die Bank. „Das ist und das war in all den Jahren mein Zuhause! Wo sollte ich sonst hin?“

      „Dein Zuhause war und ist der Köblerhof!“ sagte sie ruhig, aber sehr bestimmt.

      „Ach komm!“ Er betrachtete sie, wie sie so dasaß, entspannt und genießend, „Ich wollt auch, es wäre noch so, aber es ist vieles geschehen in all den Jahren.“ Sie änderte ihre Haltung kaum, drehte jedoch ihren Kopf so, dass sie ihn ansehen konnte. „Hätten mich vor zehn Jahren nicht die Eltern vom Pater hier aufgenommen und mir ein neues Zuhause gegeben, ich wäre heute vielleicht Söldner, oder so was Ähnliches. Ich bin froh, dass ich hier wohnen und arbeiten kann und mein Auskommen habe.“

      „Was machst du?“

      „Ich bin Schreinermeister! Und nicht der schlechteste!“

      „Und Stefan?“ Sie schob ihr Kinn vor, schaute interessiert zu dem Jungen, der immer noch auf den Knien lag und in der sich entwickelnden Glut herumstocherte.

      „Stefan? Der ist genau solch ein armer Kerl, wie ich es damals war. Und deshalb bekommt er jetzt bei mir eine Ausbildung. Er ist ein fixer Junge. Der Pater hat ihn mitgebracht – wie mich vor zehn Jahren.“ Sie legte den Kopf leicht schräg, sah ihn sinnend an. Ihr Gesicht sagte, mit leicht heruntergezogenen Mundwinkeln: Alle Achtung!

      „Übrigens,“ er legte seine große, sonnengebräunte Hand auf ihre Schulter, „sei nicht traurig! In unserem Haus, im Köblerhof, da kann niemand mehr wohnen. Zuerst hat´s der Wallert verhunzt! Das war der Büttel mit der eingedrückten Gesichtshälfte, du hast ihn ja sicher kennen gelernt. Dann hat der Schwede den Wallert beim großen Brand an unserem Heubalken aufgezogen und den roten Hahn aufs Dach gesetzt. Das Haus ist vollkommen verbrannt.“

      Sie nickte ein wenig nachdenklich vor sich hin. Ruhig dann, „Was ist mit dem Zagelhof?“

      „Der ist einigermaßen davongekommen. Der Bauer soll von den Schweden übel zugerichtet worden sein, lebt aber jetzt wieder auf dem Hof. Aber,“ er suchte ihren Blick, schaute sie bedeutungsvoll an, „der Hof gehört ihm seit damals, als alle diese Schweinereien passierten, auch nicht mehr. Der Josef muss heute auf seinem eigenen Hof fronen.“ Hörbar, mit einer Mischung aus Bedauern und etwas Spott, stieß er die Luft aus.

      Therese lehnte ihren Kopf wieder an die Wand, wandte ihr Gesicht aber sinnend dem knisternden Feuer zu, während Stefan ihr genau gegenüber einen dicken Holzklotz an den Tisch heran rollte.

      Sie sah die Zagelbäuerin, die alte Lisbeth, genau vor sich. Diese riesigen Augen, in denen sich Verzweiflung, Entsetzen, vielleicht auch Irrsinn ausdrückten.

      „Du träumst!“ Franz stieß sie leicht mit dem Ellenbogen an, „Du solltest zugreifen, bevor Stefan loslegt.“ Was dieser mit großäugigem Grinsen und einigen schnellen Kopfnickern bestätigte.

      „Ja.“ sie drehte sich zum Tisch herum, griff nach dem Brot und brach ein Stück ab. „Ich habe gerade an die alte Lisbeth gedacht. Mit der Armen hat alles angefangen.“

      „Wie hat eigentlich alles angefangen?“ Pater Gregor beugte sich vor, um sie, an Franz vorbei, ansehen zu können. „Ich habe Lisbeths Verhörprotokoll lesen können, nur wirres Zeug. – Übrigens habe ich auch das von Lina gelesen, das war eine starke Frau!“

      Therese ließ die Hand mit dem Stück Rauchfleisch auf den Tisch sinken, „Die Lina war auch im Turm und ist verhört worden?“ Fassungslos blickte sie Franz an, der jedoch geradeaus sah und mit zusammen gepressten Lippen nickte. „Mein Gott, die Ärmste. – Warum denn sie? Die Lina hat doch wirklich niemandem etwas getan!“ Sie musste sich etwas vorbeugen, um den Pater ansehen zu können, der sich gerade ein Stück Brot in den Mund schob und dessen Gesicht im zuckenden Widerschein des Feuers leuchtete.

      „Das hatten die wenigsten, die diesen Kerlen in die Hände gefallen sind.“ Er kaute ruhig auf seinem Stück Brot herum, „Sie ist von einer anderen bei der Tortur benannt worden, ebenso wie ihr damals. Das reichte aus. Aber sie hat die Lisbeth mitgenommen, wenn das euren Kummer lindert.“

      „Ach Unsinn!“ Therese lehnte sich an die Wand zurück, schaute über Stefan hinweg hinaus auf die Wiese, „Die Lisbeth wusste gar nicht, was sie da angerichtet hat. Die hat einfach durchgedreht, als ihr in der Nacht die Sache entglitt! Die hat den Verstand verloren! Die Lisbeth trifft die geringste Schuld.“

      „Laut Anklageschrift hat sie immerhin ausgesagt, du sollst die

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